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"Es war wie ein Steinschlag": Sanitätsdirektor Erich Straumann

Das "Nesthäkchen" der SVP könnte zum Wahlrenner werden

Über seine Intelligenz wird gewitzelt, doch seine reine Weste sichert dem Baselbieter SVP-Regierungsrat Erich Straumann die Wiederwahl


Von Peter Knechtli


Noch nie seit Menschengedenken wurde ein Regierungsrat der Nordwestschweiz wegen seiner Intelligenz derart in Zweifel gezogen wie der Baselbieter SVP-Sanitätsdirektor Erich Straumann (57). Doch der langjährige Landwirt weiss sich gegen Neider und ehemalige Schulterklopfer durchzusetzen - bei den Erneuerungswahlen Ende März darf er sogar mit einem ehrenvollen Ergebnis rechnen.


Unter überraschenden Umständen kam im Frühjahr 1999 schon die Wahl Straumanns in die Baselbieter Kantonsregierung zustande: Bei seiner Nomination rechnete niemand ernsthaft mit einem Erfolg. Er sei sich damals, so sagt er heute, bewusst gewesen, dass er ein "Kandidat zum Verheizen" sei: Alle fünf amtierenden Regierungsräte schienen zu einer Wiederwahl anzutreten, da erklärte der Sozialdemokrat Edi Belser aus heiterem Himmel den Rücktritt. Plötzlich stand Straumann im Fokus und er schlug den SP-Kandidaten und Biologen Andreas Klein: Die Sensation war perfekt. Straumann rückblickend: "Es wurde halt ein blöder Bauer statt ein Akademiker gewählt."

Auf Fenstern und Simsen seines Regierungsbüros stehen heute Bonsai-Bäumchen, die er liebevoll schneidet, und Fossilien aus seinem Dorfe. Mitten auf dem grossen runden Besprechungstisch prangt ein in Tannenholz gesägter Riesenpilz. "Wunderbar", schwärmt Erich Straumann, habe der am Anfang geduftet.

Gnadenlose Medien-Kommentare

Der Anfang war schwer: Kaum war Straumann gewählt und seit 1. Juli 1999 im Amt, gingen vor allem auch Parteikollegen zu ihm auf Distanz, die ihm zuvor noch auf die Schulter geklopft hatten. Straumann: "Ich habe Neider, die selbst gern Regierungsrat geworden wären." Aber auch verwaltungsintern und in den Medien wurde Straumann schnell ein Thema. Der Tenor: Er sei zwar freundlich und warmherzig, in seinem komplexen Amt aber heillos überfordert. Medienberichte brachten unverhohlen intellektuelle Überforderung zum Ausdruck. Sie machten sich lustig über seine Mühe im Umgang mit Fremdwörtern, seine zu kurz gebundene Krawatte oder seine "unfreiwillig tolpatschige Art" als "Nesthäkchen", das von der Regierung immer wieder heimgeschickt werde.

Wie er solche "Gewitterwolken" (Straumann über die Angriffe) übersteht, ist schwierig einzuschätzen. Zwar nahm er vereinzelt Medien- und Auftrittsschulungen ("Regel Nummer eins: Dem Journalisten in die Augen zu schauen"), aber sicher ist, dass ihm der Wechsel vom Beruf draussen auf den Matten von Wintersingen in der Umgebung seiner 50 Schafe und den Mutterkühen auf den Regierungssessel schwer fiel. "Ich hatte keine Tiere mehr, sass nur nur am Schreibtisch und alle forderten nur noch - es war wie ein Steinschlag."

Von den Mutterkühen auf den Regierungssessel

Die Exekutivarbeit im vollklimatisierten Büro, kühle Luftströme im Hals und tagelang sitzend Akten büffelnd, zwangen ihn bald zu einem Spitalaufenthalt, von dem er sich indes erholte. Die zehn Minuten Mittagsschläfchen, die er sich zu Hause auf der "Chouscht" gönnte, mag er sich in seinem Chef-Büro, das einen Blick auf die Liestaler Altstadt und das Regierungsgebäude freigibt, nicht gönnen („ich bringe es einfach nicht hin“). Dagegen raucht er zwei bis drei Pfeifen im Tag, darunter auch solche der Nobelmarke Dunhill. Um vertieft in seine teils komplexen Dossiers und in jenen anderer Direktionen eindringen zu können, stellte er vergangenes Jahr einen Berater ein, der aber, gleichzeitig als Freisinniger im Landrat, mit der Gewaltentrennung in Konflikt geriet und seinen Posten demnächst räumt. Straumann will die Stabsstelle, die ihm hilfreich scheint, erneut besetzen.

"Ich habe nicht versagt", sagt Straumann ohne Trotz im Gespräch mit unserer Zeitung. Tatsächlich hat der SVP-Regent, der sich eher auf der Berner Parteilinie sieht und mit Christoph Blocher nichts an Hut hat ("ich mache eine BGB-Politik, die für das Baselbiet gut ist"), weder die Linke erzürnt noch die Rechte verraten. Er habe das "Chaos" im Spital Laufen "regeln" und in Pratteln das von der Schliessung bedrohte AdTranz-Werk retten können, nimmt er für sich in Anspruch. Nach dem Sturm "Lothar" habe er "Sofortmassnahmen" ergriffen und die regionale Spitalpolitik mit der Zustimmung zum Universitäts-Kinderspital beider Basel mit Standort Basel-Stadt vorangetrieben. Sowohl bei der Spitalplanung wie bei der geplanten Fusion der Rheinhäfen von Basel-Stadt und Baselland liess sich Staumann - auch unter Druck der eigenen Regierung - auf bikantonale Lösungen ein, was der offiziellen SVP-Linie gar nicht gefällt. "Dahinter steckt nur ein Zweck, und das ist die Preisgabe der Baselbieter Autonomie und die Vorbereitung einer späteren Wiedervereinigung", sagt Parteipräsident Karl Willimann.

Der Mitleid-Effekt wird spielen

Doch als es vergangenes Jahr um die Frage der SVP-Regierungsratskandidatur ging, zeigte Straumann plötzlich ungewohnt Biss und Entschlossenheit. Verschiedene Parteiexponenten, darunter Nationalrat Caspar Baader, begehrten eine Zweierkandidatur - weniger mit der der Absicht, einen zweiten SVP-Sitz in der fünfköpfigen Regierung zu erringen als viel mehr, um eine Alternative zu Straumann zu präsentieren. Doch da roch der gelernte Bauer aus dem Weindorf den Braten und gab sich ungewohnt angriffig: Falls sich die Partei für eine Doppelkandidatur entscheide, werde er als Wilder kandidieren. Straumanns Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht: Als wäre er intern völlig unbestritten, wurde er als einziger Kandidat nominiert. Sein Kommentar: "Ich ging gestärkt aus dieser Auseinandersetzung hervor."

Jetzt strahlt ein lachender Erich Straumann neben den FDP- und CVP-Köpfen von den Plakaten der Bürgerlichen Zusammenarbeit (BüZa): "Das Volk beurteilt meine Leistungen etwas anders als meine Kritiker." Insbesondere aber dürfte er er von einem allgemeinen Mitleid-Effekt profitieren. Seine Wiederwahl scheint denn in der Tat so gut wie gesetzt. Im ersten Wahlgang glaubt Straumann zuversichtlich auf Platz zwei oder drei zu landen. Es ist sogar anzunehmen, dass er aus taktischen Gründen auch linke Stimmen holt, die damit bezwecken, die Wahlchancen der beiden SP-Kandidaturen Susanne Leutenegger-Oberholzer und Urs Wüthrich zu verbessern und die freisinnige Sabine Pegoraro zu isolieren.

Nach Straumanns Prognose indes werden sich die bisherigen Machtverhältnisse - vier Bürgerliche, ein SP-Mandat - in der neuen Regierung nicht ändern: Die vier bürgerlichen Bewerbungen - Elsbeth Schneider (CVP, bisher), Sabine Pegoraro (FDP, neu), Adrian Ballmer (FDP, bisher) und er selbst - würden gewählt, zusammen mit den Sozialdemokraten Urs Wüthrich.

7. Februar 2003


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"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
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Wer bildet was oder wen?

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Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

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