Werbung

© Foto zVg
"Handlungsdefizite nachgewiesen": Rheinkraftwerk Birsfelden

Wasserzins-Raubzug in Millionenhöhe missglückt

Elf Rheinkraftwerke zwischen Basel und dem Bodensee erhalten von den Anlieger-Kantonen 43 Millionen Franken zurück


Von Marc Gusewski


Auf 43 Millionen Franken Einnahmen aus Wasserzinsen der Rheinkraftwerks-Gesellschaften müssen die Hochrhein-Anliegerkantone verzichten, weil die Schweiz im Zeitraum 1997 bis 2010 ein Abkommen mit Baden-Württemberg verletzt hat. Alleine die regionalen Rhein-Kraftwerke Augst und Birsfelden erhielten 2004/2005 rund fünf Millionen Franken zurückerstattet.


Bisher war der Gerichtsstreit, der von deutsch-schweizerischen Kraftwerksgesellschaften mit den Schweizer Behörden von 1997 bis 2004 ausgefochten wurde, nur einem Fachpublikum bekannt. Seither verspürten weder Kantone noch Bund eine übertriebene Neigung, den Fall einer weiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Gesamthaft geht es um einen Einnahmenverlust von rund 43 Millionen Franken aus sicher geglaubten Wasserrechtsgebühren im Zeitraum zwischen 1997 und 2010. Alleine die regionalen Kraftwerke Augst und Birsfelden profitierten letztes Jahr von Rückzahlungen von je rund 2,5 Millionen Franken, wie aus dem eben von der Kraftwerk Augst vorgelegten Geschäftsbericht hervorgeht.

Öffentliche Hand kassiert Waserzinse

Am Hochrhein zwischen Basel und dem Bodensee, der ein deutsch-schweizerisches Grenzgewässer ist, kassieren der deutsche Bundesstaat Baden-Württemberg sowie die Schweizer Anlieger-Kantone gemeinschaftlich Wasserzinsen. Die Aufteilung der Gebühren geschieht nach einer simplen Formel: Die Gebühren bemessen sich je PS bzw. Bruttokilowatt Leistung des jeweiligen Kraftwerks am Rhein, aufgeteilt zwischen den beteiligten Gebietskörperschaften je nach ihrem Gebietsanteil am Rheinstrom, jährlich zahlbar.

Das Kraftwerk Birsfelden zum Beispiel zahlt an Basel-Stadt, Baselland und Baden-Württemberg jährlich rund drei Millionen Franken Wasserzinsen, weil es den Rheinstrom auf einer Strecke nutzt - der so genannten Konzessionsstrecke -, der auf dem Hoheitsgebiet eben dieser Staatswesen verläuft. Von Birsfelden bis zum Bodensee gibt es elf grössere Kraftwerke. Ein Teil davon sind rein schweizerische Gesellschaften (Birsfelden etwa gehört Basel-Stadt und Baselland), ein anderer Teil rein deutsch (etwa Rheinfelden), und ein weiterer Teil sind gemischte deutsch-schweizerische Gesellschaften. Zusammen produzieren sie über 700 Megawatt Leistung, was theoretisch für eine Versorgung der Nordwestschweiz ausreicht und welche also mehr oder weniger hälftig, dem Grenzverlauf des Rheins folgend, in der Schweiz zinspflichtig ist.

Widerstand der deutschen Kraftwerk-Betreiber

Nun, für die Bemessung des schweizerischen Anteils an Wasserzinsen kommen rund 350 Megawatt in Betracht. Wäre alles so gelaufen, wie es die Bundesversammlung Mitte der neuziger Jahre aufgegleist hätte, hätten die Kantone von dieser Kraftwerksleistung zwischen 1997-2010 Wasserzinsen in Höhe von rund 406 Millionen Franken kassiert. Doch daraus wurde nichts: Statt dessen werden es nur 364 Millionen Franken sein, weil vorab die deutschen und die deutsch-schweizerischen Kraftwerksbetreiber Einsprache erhoben haben und sich letztlich damit vor Bundesgericht auch durchsetzten. Von den Rückzahlungen profitieren aber alle Hochrheinkraftwerke, aus Gründen der Gleichbehandlung.

Der Streit geht auf Mitte der neunziger Jahre zurück, als das Bundesparlament die Kantone ermächtigte, die Wasserzinsen von 54 auf 80 Franken pro Bruttokilowatt anzuheben. Während die Schweizer Elektrizitätswerke 1997 die Wasserzinsanhebung stillschweigend schluckten - sie werden mehrheitlich von den Kantonen und Gemeinden beherrscht, die die Wasserzinserhöhung einkassieren -, stiess der Fischzug des Fiskus bei den deutschen und deutsch-schweizerisch kontrollierten Kraftwerksgesellschaften am Rhein auf zähen Widerstand. 1999 hatte vor allem Deutschland das Stromversorgungsmonopol geknackt, anders als in der Schweiz, und die Kraftwerke mussten sich mit ihren Preisen im freien Markt behaupten. Die rechtsrheinischen Kraftwerksbetreiber befürchteten deshalb Wettbewerbsnachteile durch den höheren Zins.

Bundegericht gab deutschen Betreibern Recht

Vor allem die in Badisch Rheinfelden niedergelassene Schwarzwälder Stromversorgerin Energiedienst AG beschwerte sich bereits 1997 namens der Kraftwerke Albbruck-Dogern, Säckingen und Reckingen in Zürich und Aargau. Ihr Hauptbeschwerdepunkt: Die Erhöhung sei unverhältnismässig und verletze vor allem Verträge mit Baden-Württemberg. Zunächst blitzte Energiedienst vor den kantonalen Aargauer und Zürcher Rekurs-Instanzen ab, und dann auch vor den Bundesbehörden.

Doch im Jahr 2002 schützte schliesslich das Bundesgericht in Lausanne die Auffassung des Energiedienst-Teams und wies den beteiligten kantonalen Behörden und dem Bund Handlungsdefizite beim zwischenstaatlichen Vertragsrecht nach. Es erklärte bestehende Abkommen mit Baden-Württemberg für verletzt, annullierte die Zinserhöhung am Rhein und forderte Nachverhandlungen. Diese kamen mit den baden-württembergischen Regierungsbehörden, nach juristischen Geplänkeln, im November 2004 tatsächlich zustande. Für die Schweizer waren die Verhandlungen insofern delikat, als der deutsche Gesetzgeber Strom vor allem an der Steckdose (also beim Kunden) mit Abgaben belastet, und nicht an der Quelle (wie in der Schweiz mit ihrer Wasserkraft). Die Schweizer hatten also von Anfang an fürchten müssen, dass der Wasserzins nach gemeinsamen Verhandlungen tiefer würde ausfallen müssen, als es die allzeit Gebühren suchenden kantonalen Finanzminister forderten.

Zur Senkung von Wasserzinsen verdonnert

Ergebnis der nachträglich zu Verhandlungen verdonnerten Eidgenossen: Statt 80 Franken Wasserzins durften nur 70 Franken bis 2004 erhoben werden (je Kilowatt) für den Zeitraum 1997 bis 2004. Für 2005 bis 2007 wurde eine Erhöhung auf 72.50 Franken zugelssen und für 2008 bis 2010 sind neu 75 Franken Maximalzins erlaubt. Danach muss wieder neu verhandelt werden. Die Aargauer Behörden dazu knapp: "Die minimalen Forderungen des Aargau wurden erreicht." Im Kanton Zürich wurden stornierte Zahlungen und Gegenforderungen miteinander aufgerechnet, heisst es gegenüber OnlineReports. Nachdem die gültige zwischenstaatliche Vereinbarung auf dem Tisch lag, so die Kraftwerksdirektoren Werner Maier (Birsfelden) und Theo Zeier (Augst) übereinstimmend, war die Zinsrückzahlung von Basel-Stadt, Baselland und Aargau "kein Problem". Bundesbehörden, vorab das Bundesamt für Wasserwirtschaft, und Kantone bestätigten das Geschehen und hielten sich ansonsten mit Wertungen zurück.

In Birsfelden und in Augst wird der warme Geldsegen zur Rückzahlung von Schulden benutzt, was den Strom auf der Produktionsseite billiger macht: In Birsfelden unter drei Rappen die Kilowattstunde und in Augst gegenwärtig unter sieben Rappen Erzeugungskosten - freilich nur bis zur nächsten Wasserzinserhöhung.

7. Mai 2006


 Ihre Meinung zu diesem Artikel
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)

Was Sie auch noch interessieren könnte

Kitas in Baselland: Personal und Eltern wandern in die Stadt ab

26. März 2024

Eine Kita-Allianz will verhindern, dass die Situation noch prekärer wird.


Reaktionen

Mustafa Atici und Luca Urgese
im grossen Streitgespräch

24. März 2024

Wie wollen die Regierungskandidaten
die Uni-Finanzierung sicherstellen?


Reaktionen

Regierung kontert den
Herr-im-Haus-Standpunkt

22. März 2024

Peter Knechtli zur Unterschutz-Stellung
der verwüsteten Sissacher Tschudy-Villa.


SP wirft Lauber missbräuchliche Budgetierung vor

20. März 2024

Minus von 94 Millionen: Baselbieter Regierung plant "Entlastungsmassnahmen".


Reaktionen

Was bedeutet der SVP-Streit
für die Büza?

12. März 2024

FDP und Mitte schätzen die Zusammenarbeit mit SVP-Chef Dominik Straumann.
 


Tschudy-Villa steht jetzt
unter Denkmalschutz

12. März 2024

Der Eigentümer muss das teils abgerissene Gebäude in Sissach wieder aufbauen.


Roger Blum wirft bz
Besprechungs-Boykott vor

8. März 2024

Relevante Ereignisse bleiben in Basler
Leitmedien immer häufiger unbeachtet.


Reaktionen

Zerwürfnis in
der Baselbieter SVP

7. März 2024

Präsident Dominik Straumann soll im April abgesetzt werden.


Bruderholz-Quartier blockiert Neubau der Tramstrecke

6. März 2024

Trotz Plangenehmigung kann das Projekt
nicht realisiert werden.


Reaktionen

Gemeindewahlen Baselland:
Niederlagen für den Freisinn

3. März 2024

In Waldenburg verpasst Gemeindepräsidentin Andrea Kaufmann die Wiederwahl. 


www.onlinereports.ch - Das unabhängige News-Portal der Nordwestschweiz

© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigene Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

Auf dieser Website gibt es Links zu Websites Dritter. Sobald Sie diese anklicken, verlassen Sie unseren Einflussbereich. Für fremde Websites, zu welchen von dieser Website aus ein Link besteht, übernimmt OnlineReports keine inhaltliche oder rechtliche Verantwortung. Dasselbe gilt für Websites Dritter, die auf OnlineReports verlinken.

Veranstaltungs-Hinweis

 

Ein zärtlicher Irrsinn

Nach achtjähriger Abwesenheit kehrt Avery Sutton mit seiner Verlobten Gillian zu seiner Familie zurück. Was von da an passiert, muss man gesehen haben.

Mit "37 Ansichtskarten" von Michael McKeever winkt den Zuschauerinnen und Zuschauern eine zauberhaft schwarze Komödie mit berührenden Momenten und angenehmer Unterhaltung. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Vorverkauf hier:
www.theater-rampenlicht.ch

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Wer bildet was oder wen?

RückSpiegel


Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

Werbung






In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).