© Fotos by Jan Amsler, OnlineReports.ch
Pascal Ryf blickt gerne zurück – aber will nach vorneDer Oberwiler Mitte-Politiker übernimmt als höchster Baselbieter. Und bringt sich damit weiter in Position. Wird er der nächste Toni Lauber? Von Jan Amsler und Alessandra Paone Pascal Ryf steht auf dem Parkplatz des Berghauses Oberbölchen in Eptingen. Er ist mit seinem VW Sharan angereist, einer Familienkutsche mit Schiebetüren. "Ich habe extra meine Turnschuhe angezogen, falls wir noch ein Stück gehen möchten", sagt der Oberwiler Landrat. Dann zeigt er in Richtung Lauchweid. Dort befindet sich ein Beobachtungsposten aus dem Ersten Weltkrieg.
Das zeigt sich auch hier bei der Fortifikation Hauenstein. Ryf kann nicht verstehen, warum sich der Kanton nicht stärker und aus eigenem Antrieb darum bemüht, dass dieses Zeugnis aus dem Ersten Weltkrieg erhalten bleibt. Leidenschaftlich erzählt er davon, wie Soldaten von dieser Verteidigungslinie aus sehen konnten, wie der Krieg wütete. Und sich davor fürchteten, dass sich dieser bald auch hierher verschieben könnte. Schützengräben – sie sind wieder aktuell.
Antworten auf Fragen nach dem Sein und der Herkunft findet Ryf auch im Glauben. Jeden Abend betet er mit seinen beiden kleinen Töchtern und macht mit ihnen das Kreuzzeichen. "Das gibt Halt im Leben", sagt Ryf. Gerade heute, in einer Gesellschaft, in der man sich weitgehend selbstständig definieren wolle und dürfe. "Ich finde es wichtig, dass man einen Rahmen vorgibt." Von 2014 bis 2019 war Ryf Präsident der Synode der römisch-katholischen Landeskirche Baselland.
Eine Bewährungsprobe
Ryf ist an diesem Sommertag aber nicht auf den Belchen gefahren, um in Erinnerungen zu schwelgen, sondern um nach vorne zu blicken, auf das bevorstehende Jahr: Der Mitte-Landrat ist am 1. Juli mit 79 von 88 Stimmen zum Landratspräsidenten gewählt worden.
Doch gibt es im Parlament kaum eine Stimme, die Ryf die Fähigkeit für das Amt absprechen würde. Er wolle diese Position und könne sie auch erfüllen, heisst es. Für Kritik sorgt eher, dass sich Ryf vordergründig stark darum bemüht, nicht anzuecken. Dadurch wirkt er ungreifbar, opportunistisch auch. Vor allem auch, weil im Landrat bekannt ist, wie Ryf über seine Ratskolleginnen und -kollegen denkt und welche Erwartungen er an sie hat.
Politische Wegbegleiter und Beobachterinnen gehen davon aus, dass Ryf zu Höherem strebt. Zusammen mit Fraktionschef Simon Oberbeck und dem früheren Parteipräsidenten Marc Scherrer gilt er als Kandidat für die Nachfolge von Anton Lauber im Regierungsrat.
Am meisten Stimmen stibitzt
Ryf bringt dafür einige Voraussetzungen mit: Er war im Februar – je nach Zählart – der am besten gewählte Landrat und sammelte die meisten Panaschierstimmen, also Stimmen von Wählerinnen und Wählern anderer Parteien. Und das Landratspräsidium mit seinen repräsentativen Aufgaben hilft, bekannter zu werden.
Als Gemeinderat von Oberwil kann er Exekutiv- und Führungserfahrung vorweisen, genauso in seiner Funktion als Unternehmer: Der frühere Lehrer und Schulleiter bietet mit seinem expandierenden Geschäft unter anderem Lerncoachings und Tagesstrukturen an.
Vielsagend zurückhaltend
Dies hat Ryf wegen der bevorstehenden Aufgabe als Landratspräsident zwar abgelehnt. Doch er ist offen für höhere Positionen. Die Exekutive gefalle ihm "extrem gut", aber auch die nationale Politik, die sich mit dem grossen Ganzen beschäftigt, interessiere ihn sehr.
Ryf behauptet, er habe "keine Roadmap" – und sagt damit genau das Gegenteil. Er vermittelt klar, dass seine Ambitionen mit dem Landratspräsidium keinesfalls erreicht sind. Dieser Mann weiss nicht nur, wo er herkommt, sondern auch, wo er hinwill. 1. Juli 2023
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