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Sarah Regez: Eine SVP-Rechtsradikale verbreitet ein "AfD-Gschmäckle"Kometenhaft aufgestiegen und abrupt gefallen: Die Baselbieter SVP-Karrieristin kann sich nur noch durch Transparenz, Reue-Bekenntnis und eine klare Distanzierung von braunem Gedankengut vor ihrem politischen Total-Absturz retten. Den Schaden hat ihre Volkspartei schon. Die Analyse. Von Peter Knechtli Bis vor Kurzem war die Sissacherin Sarah Regez politisch eine Nullnummer. Doch im Nationalrats-Wahlkampf im vergangenen Jahr schaffte sie es wie keine zweite Kandidatin, sich auf eine Art zu inszenieren, dass kein Wähler und keine Wählerin um ihren Namen herumkam.
Angeleitet und gefördert von SVP-Fraktionspräsident Peter Riebli besetzte sie thematisch die Migrations-Kriminalität, die "sogenannten Schutzsuchenden" und den Woke- und Genderwahn. Sie lancierte als Komitee-Präsidentin eine "Kinderschutz-Initiative", mit der sie die "Gender-Indoktrination an Kindergärten und Schulen in Baselland stoppen" will: SVP-Kampfansage im Multipack gegen linkes Verhaltens-Diktat.
Für die männerdominierte SVP ungewohnt, platzte eine schamlose junge Frau mit dem Plakat-Slogan "Ich sage, was Sie denken" aus dem Nichts ins betuliche Baselbieter Polit-Biotop. Auf Eigennutz bedacht liess sie dafür werben, die Blankoliste zu benützen und nur ihren Namen doppelt zu notieren. Das Wahlergebnis gab ihr recht: Sie schaffte es auf Anhieb zur ersten Nachrückenden. Wahlwerbung aus Eigennutz: Blankoliste für Regez.
Regez holte sich den dritten Platz, direkt hinter Thomas de Courten und Sandra Sollberger. Die beiden amtierenden Nationalräte werden allerdings nicht vorzeitig demissionieren. Chancen winken dem Shooting-Star hingegen auf kantonaler Ebene: Falls ihr Mentor Peter Riebli (67) vorzeitig aus dem Landrat zurücktritt – was er gegenüber OnlineReports vielsagend offen liess –, rückt Regez auf seinen Sessel nach.
Ihr Aufstieg in der Partei war rasant: Inzwischen firmiert Sarah Regez als "Chef Strategie" (sic!) der Jungen SVP Schweiz (JSVP). Markus Somm: "Solche Leute In jüngster Zeit steht sie im Verdacht, mit braunem Sumpf zu sympathisieren. Der SonntagsBlick berichtete, Regez habe letzten Mai an einem "konspirativen Treffen mit dem österreichischen Identitären-Anführer Martin Sellner" und der extremistischen "Jungen Tat" teilgenommen, von dem "nur der harte Kern der rechten Szene" gewusst habe. Der Bericht nennt weder Quellen noch Belege und Details, er birgt das Risiko von "Rudel-Journalismus" (Kurt Imhof) in sich.
Doch wo Rauch ist, ist auch Feuer. Privat liiert ist Sarah Regez mit JSVP-Präsident Nils Fiechter, der vor zwei Jahren vom Bundesgericht wegen Rassendiskriminierung verurteilt wurde. Parteifreunde wollen sie auch im Kreise demonstrierender Covid-Kritiker gesichtet haben.
Ihr scharfer Rechtskurs ist zwar vielen ein Gräuel, ihr Aufstieg ist durch die demokratische Wahl legitimiert. Der Vorwurf ihrer "Nähe zum braunen Bereich" (so ein Parteikollege) und ihre Verbindung zum nationalistischen Milieu im In- und Ausland hingegen ist brandgefährlich. "Solche Leute haben in der SVP nichts verloren, und wenn sie es nicht lernen, sollen sie gehen", kommentierte Nebelspalter-Chef Markus Somm, der Partei von Christoph Blocher immer zugetan.
Solcher Klartext ist nicht grundlos. Die SVP ist eine zwar patriarchalisch strukturierte, aber demokratische Partei am rechten Pol. Niemand im Baselbiet käme auf die Idee, rechtskonservative Persönlichkeiten wie Peter Riebli, Thomas de Courten, Strippenzieher Hanspeter Weibel oder alt-Nationalrat Caspar Baader mit braunem Gedankengut in Verbindung zu bringen. Ist da etwas, das die SVP Umso gravierender sind Indizien gerade aus dem Kader des SVP-Nachwuchslagers, die über patriotische Gefühle hinausgehen. Sie werfen Fragen auf, ob da nicht doch etwas ist, das die SVP an ihrer verwundbarsten Stelle trifft: am Zweifel, dem freiheitlich-liberalen demokratischen Rechtsstaat ohne Wenn und Aber die Treue zu halten.
Stimmen aus der SVP bis hinauf zu Christoph Blocher reagieren mit Verharmlosung: Von "Jugendsünden" über den "Vergleich mit Klima-Klebern" bis zur Behauptung, es habe "gar kein Treffen" mit Sellner stattgefunden.
Auch Peter Riebli spielt den Fall als "künstlichen Hype" herunter. Regez sei "sicher keine Rechtsradikale", sondern politisiere "sehr bodenständig-freiheitlich innerhalb des rechtlichen Rahmens".
Den Verwedelungs-Versuchen ist entgegenzuhalten, dass Sarah Regez mit 30 Jahren ihre Jugendflausen längst abgelegt haben sollte und sich somit nicht mehr auf den Verständnis-Bonus der "wilden Jugend" berufen kann.
Dem Fraktions-Chef müsste es in hellen Farben aufleuchten, dass die Nähe von Einzelpersonen zum rechtsextremen Milieu mit hoher Haftfähigkeit auf seine Partei abfärbt. Mit Braun ist nicht zu spassen. Zu reflexartig wird die Vermutung rechtsextremer Latenz zur Gewissheit erhoben: Wir habens ja immer gesagt. Sarah Regez reagierte uneinsichtig, Statt zu erkennen, dass sie durch Erklärung so rasch wie möglich Schaden von der Partei abwenden sollte, zeigt sich Regez in einem Tiktok-Video uneinsichtig, um nicht zu sagen störrisch: Es gehe eigentlich nicht um sie als Person, sondern "um die grundsätzliche Frage, ob wir in der Schweiz weiterhin einen demokratischen Diskurs zulassen wollen oder nicht".
Darum geht es eben gerade nicht, das müsste die Studentin der Rechts- und Politikwissenschaften eigentlich wissen. Es geht darum, was noch akzeptabel ist und was nicht. Wer im politischen Diskurs den völkisch aufgeladenen Begriff der "Remigration" als Ausschaffung ganzer Bevölkerungsgruppen verwendet, kann sich nicht mehr auf die Meinungsäusserungs-Freiheit berufen.
Für Sarah Regez führt deshalb kein Weg daran vorbei, dass sie sich medienöffentlich lückenlos erklärt: Sie muss schonungslos Transparenz über die Hintergründe und Details zu ihren Kontakten mit Sellner und anderen rechtsextremen Gruppen herstellen. Sie muss sich in aller Form von rechtsextremem Gedankengut distanzieren. Bisher zeigte sie, inzwischen zu fragwürdiger nationaler Bekanntheit aufgestiegen, keine Spur von Lernfähigkeit oder Bedauern.
Wenn Regez nicht reinen Tisch macht, verpasst sie ihrer SVP ein "AfD-Gschmäckle" totalitärer Liebäugelei – einer Kantonalsektion im Übrigen, die kürzlich schon einen glühenden Putin-Verehrer in ihren Reihen hatte. Der Machtwechsel der Hardliner Einen "Schaden" hat die Rechtsauslegerin bereits angerichtet: Sie erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass ein Putsch der Hardliner – sie lancierten die Kandidatur der rechtsgerichteten Landrätin Caroline Mall – gegen den moderaten Parteipräsidenten Dominik Straumann zu scheitern droht. Nachdem sich Straumann selbst aus dem Rennen genommen hatte, gab der langjährige SVP-Vizepräsident Johannes Sutter (51) seine Kandidatur gegen Mall bekannt.
Der Arboldswiler Gemeindepräsident und erfolgreiche Unternehmer zählt in der Partei zu den Persönlichkeiten mit höchster Reputation: Er ist inhaltlich klar auf Parteilinie, lässt aber an Gradlinigkeit und demokratischen Grundwerten ebenso wenig Zweifel wie an der Bereitschaft, Grenzüberschreitungen zu unterbinden. Er kann zuhören, analysieren – und adäquat handeln.
Sutter erscheint wie der Mann der Stunde. Wenn einer fähig sein sollte, die ideologische Polarisierung zwischen Hardlinern und Gemässigten zu überwinden und die Partei nach ihrem letzten Wahldebakel zu versöhnen, dann er.
Das zeigt sich am Sutter-Unterstützungskomitee. In ihm vereinigen sich moderate Parteigrössen wie Kantonsgerichtspräsident Roland Hofmann, die Landräte Florian Spiegel und Reto Tschudin buntgemischt mit eher markig orientierten Persönlichkeiten wie Nationalrätin Sandra Sollberger oder dem früheren Kantonalpräsidenten Dieter Spiess.
In einer Frage aber ist Sutter kompromisslos: "Rechtsextremes Gedankengut hat in der SVP Baselland nichts verloren", stellte er diese Woche in der bz klar. An der Wahl-Generalversammlung vom 25. April wird vielleicht auch zum Ausdruck kommen, ob die Parteibasis glaubt, was Sarah Regez denkt. 6. April 2024
"Selbst demontiert" Das nun diese Dame behauptet, sie habe nicht gewusst, wer an dieser Veranstaltung spreche respektive wer dieser Martin Sellner sei: Eine dümmere Ausrede ist ihr als "Chef-Strategin" nicht eingefallen. Da hat sich jemand selbst demontiert. Bruno Heuberger, Oberwil "Von Demokratiefeinden distanzieren" Mit dem Plakat-Slogan "Ich sage, was Sie denken" hat Sarah Regez ihren Kern schon offenbart. Sie denkt wie alle Extremen und Schwurbler: Sie wissen, was andere Denken, da sie die Wahrheit haben und alle anderen "schlafen", sich von einer "geheimen Elite leiten lassen" oder einfach nur "dumm" sind. Daniel Kobell-Zürrer, Basel/Stäfa "Passt zu einer alten Welt" Ob sie es nun von Links, aus der Mitte oder von Rechts machen: Parteien, die ein Chaos veranstalten oder Verwirrung stiften, passen zu einer alten Welt, die von Geldgier, Herrsch- und Vergnügungssucht sowie von Zerstörungswut geprägt ist. Ueli Keller, Allschwil "... natürlich nicht offiziell" Ich vermute, dass bei ein paar SVP-Exponentinnen und -Exponenten diese radikale Sicht von Frau Regez entgegenkommt und bewusst unterstützt wird, natürlich nicht offiziell. Erstens müssen sie nicht selber, und gleichzeitig werden Junge abgeholt, die ebenso weit aussen rechts stehen. Taktik ist alles, dem wird alles untergeordnet. Ruedi Basler, Liestal "Blocher verharmlost" Ein nötiger, kluger, sehr guter Kommentar von Peter Knechtli. Er hebt sich wohltuend ab von Christoph Blocher, der im NZZ-Interview verharmlost und den Deutschen sogar rät, die AfD einfach in Regierungen einzubinden, dann sehe man dann schon, ob sie tauge. Ähnliches hat man Ende 1932 auch gedacht. Roger Blum, Köln |
E-Bikes fallen weg |
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Reaktionen |
Der Staat lagert aus –
die Hauseigentümer zahlen
Im Kanton Baselland verdoppeln sich die Preise für die Feuerungskontrolle.
Reaktionen |
Die Basler Zauberformel
ist bestätigt
Ein starkes Mitte-Bündnis würde beiden Zentrums-Parteien nützen. Die Analyse.
Esther Keller fordert
neue Strategie der GLP
Die Baudirektorin bezweifelt, dass ein Alleingang auch künftig funktioniert.
Rheintunnel: Grosse Differenzen
zwischen den Gemeinden
Die Zustimmung im Baselbiet reicht
von 33,73 bis 72,86 Prozent.
Abstimmungsresultate:
Der kommentierte Überblick
Beide Basel sind sich beim Rheintunnel uneins. Was bedeutet das für den Zuba?
Regierungswahl Basel-Stadt:
Esther Keller klar wiedergewählt
Die amtierende GLP-Baudirektorin holt
10'850 Stimmen mehr als Anina Ineichen.
Muss Esther Keller gehen?
Sie wäre nicht die Erste
Seit 1992 haben sieben Mitglieder der Regierung die Wiederwahl verpasst.
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