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© Foto by SP BL / OnlineReports.ch
Im Baselbiet kündigen sich vielfarbige Regierungswahlen anGrüne provozieren SP zum Zweierticket – bürgerliche Parteien planen mindestens vier Kandidaturen Von Peter Knechtli Dem Baselbiet stehen im Frühjahr 2023 spannende Regierungsrats-Wahlen bevor: Vermutlich werden nicht nur alle amtierenden Mitglieder zur Wiederwahl antreten, sondern deutlich mehr Kandidierende als Sitze zu vergeben sind. Der strategische Fokus ist vor allem auf Grün und Rot gerichtet. Seit den Wahlen im Frühling 2019 sind im Baselbiet die grössten Parteien mit je einem Sitz in der fünfköpfigen Exekutive vertreten: Anton Lauber (60, Mitte, Finanz- und Kirchendirektion), Thomas Weber (60, SVP, Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion), Isaac Reber (60, Grüne, Bau- und Umweltschutzdirektion), Monica Gschwind (59, FDP, Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion) und Kathrin Schweizer (53, SP, Sicherheitsdirektion).
Nach den bisherigen Verlautbarungen lässt sich schliessen, dass am 12. Februar 2023 sicher vier derzeit Regierende erneut zu den Wahlen antreten. Einzig Thomas Weber will seinen Entscheid erst nach Ablauf seines Präsidialjahres am 30. Juni öffentlich bekanntgeben. Massgebliche Partei-Exponenten aber äusserten sich gegenüber OnlineReports überzeugt, dass er zehn Jahre nach seiner Wahl in die Regierung im Jahr 2013 nochmals in den Ring steigen wird.
Von Amtsmüdigkeit ist bei ihm in jüngerer Zeit nichts zu spüren, obschon er mit dem Corona-Management, dem Tod seiner Mutter, einem Strafprozess (der mit einem Freispruch endete) und einem unglücklichen Vorgehen im Velohochbahn-Projekt eine überaus belastende Amtsperiode hinter sich hat.
Dick ist die Personaldecke der SVP nicht. Der profilierteste potenziell alternative Sitzverteidiger, der streng linientreue Fraktionspräsident Peter Riebli, mag mit 66 Jahren aus Altersgründen nicht antreten, wie er gegenüber OnlineReports meinte.
Die SP dagegen – durch das Vorpreschen der Grünen in Zugzwang geraten, nun ebenfalls eine zweite Kandidatur zu erwägen – verfolgen eine andere Strategie. "Wir müssten eine bürgerliche Bewerbung angreifen", sagte eine taktisch versierte Quelle zu OnlineReports.
Am 19. März will die SP darüber befinden, ob die Doppelkandidatur gewagt werden soll. Leicht wird ihnen dieser Grundsatz-Entscheid nicht fallen. Thomas Noack – häufig gehörter Name
Noack gilt, wie aus seinem Umfeld zu erfahren ist, als "verlässlicher Schaffer", als Politiker mit Tiefgang. Seine eher trockene Art hat ihm parteiintern schon den Beinamen "Olaf Scholz des Baselbiets" eingetragen.
Ein Gefühl überbordenden Geturtels zwischen SP und Grünen ist ohnehin nicht auszumachen. Obschon die Ökos vor vier Jahren mit über fünf Prozent am stärksten aller Parteien zulegte, gelang es ihnen nicht, ihre Schrittmacher-Funktion erkennbar auszuspielen. Ihr Klima-Volksbegehren, von einem SP-Granden als "Placebo" und "Schaubühnen-Initiative" eingestuft, scheiterte kürzlich kläglich in der Volksabstimmung. Grüne Exponenten waren auch Hauptakteure im Filz-Debakel um die geplante Velohochbahn.
Auch die Grünliberalen diskutieren derzeit, dem grünen Machterweiterungs-Anspruch eine Alternative entgegenzusetzen. Kantonalpräsident Thomas Tribelhorn lässt durchblicken, dass eine Kandidatur seiner Partei durchaus vorstellbar wäre, wobei für ihn die derzeitige Landratspräsidentin Regula Steinemann "auf der Hand liegen würde".
Mit bloss drei Sitzen im 90-köpfigen Landrat und einem Wähleranteil von knapp fünf Prozent verfehlte die GLP vor drei Jahren Fraktionsstärke. Dennoch würde eine Regierungs-Kandidatur den Wahlkampf beleben und der Partei in den Landratswahlen Mobilisierungsflügel verleihen.
So vernebelt sich die Ausgangslage bisher darstellt, so klar lassen die bisherigen Entwicklungen erkennen, dass eine Art "stille Wahl" der fünf Bisherigen ausgeschlossen ist. Denn die traditionelle "Bürgerliche Zusammenarbeit" (Büza) von SVP, FDP und "Mitte" wird sich – wie Recherchen ergeben – auch bei den Regierungsratswahlen entfalten wollen: Die Freisinnigen werden sicher eine zweite Kandidatur lancieren, wodurch das bürgerliche Angebot schon auf ein Vierer-Ticket hinausläuft. Hinter Dürrs Auswahl-Strategie steht ein bekanntes Kalkül: Bürgerliche Wähler neigen ungern dazu, Linien auf dem Wahlzettel leer zu lassen, so dass auch ein linker oder grüner Name darauf Platz findet.
Demgegenüber bleiben rot-grüne Wählende linientreuer und notieren nur ihre Kandidierenden, aber kaum bürgerliche. Die restlichen Linien lassen sie frei. Dieses Wahlverhalten könnte dazu führen, dass es für das bürgerliche Parteien-Trio "plötzlich schief herauskommt" (Dürr). Deshalb will er nicht völlig ausschliessen, dass es sogar ein Fünfer-Ticket aus dem Hut zaubert.
Da somit – Webers Wiederkandidatur vorausgesetzt – mindestens schon von sechs Kandidierenden auszugehen ist, wird Schoch Wort halten ("eine andere Ambition als meine wäre mir nicht bekannt") und tatsächlich antraben müssen. Dies wiederum hat zur Folge, dass die SP nicht klein beigeben und ebenfalls eine Doppelbewerbung ins Rennen schicken dürfte.
Der freisinnige Ferdinand Pulver mag sich zu den Plänen der "Bürgerlichen Zusammenarbeit" noch nicht äussern: "So weit sind wir noch nicht."
27. Februar 2022
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