© Foto by Grosser Rat Basel-Stadt
Biozentrum-Debakel: Die Asche glitt am Haupt der Regierung vorbeiMammut-Debatte über Kostenüberschreitungen im Basler Grossen Rat: Kritik-Gewitter über Regierungs-Elite Von Peter Knechtli In einer mehr als dreistündigen Mammutdebatte über das Kosten-Debakel um den Bau des Biozentrums gab der Basler Grosse Rat heute Mittwoch der Regierung den Tarif durch: Aufsicht und Verantwortung müssen bei Grossprojekten künftig seriös wahrgenommen werden. Noch offen bleibt, wie die Kostenüberschreitung von 100 Millionen Franken bezahlt wird. Es sollte die Aufarbeitung eines der grössten Bauskandale der öffentlichen Hand werden: Der Neubau des Biozentrums der Universität Basel kostet statt der bewilligten 328 Millionen rund 100 Millionen Franken mehr, die Eröffnung erfolgte im Herbst 2021 mit vier Jahre Verspätung.
Auf heute Mittwoch war die Grossrats-Debatte über den 317-seitigen Bericht der Parlamentarischen Untersuchungs-Kommission (PUK) angesetzt, der die Verletzung von Führungs- und Aufsichtspflichten der beiden Kantone Basel-Stadt und Baselland als Bauherrschaft ebenso kritisierte wie das als arrogant empfundene Verhalten insbesondere der Basler Regierung. Das Grossrats-Gremium mochte gar "widerrechtliche Handlungen" nicht ausschliessen.
Mit Spannung wurde deshalb die Parlamentsdebatte erwartet, zumal sich die Regierung geweigert hatte, ihre Position zu den Vorwürfen zu erarbeiten, die in den PUK-Bericht eingeflossen wäre.
Doch es kam so, wie OnlineReports schon vor einem Monat vermutete: Gestern Dienstag, 18 Stunden vor der Debatte, verschickte die Regierung eine nur gerade siebenseitige schroffe Stellungnahme an die Grossräte, die in ihrer Grundaussage den PUK-Bericht zerzauste.
Zwar erwähnte sie darin "Fehler" in der Planungs- und Bauabwicklung und daraus bereits abgeleitete Verbesserungs-Massnahmen, unterliess es aber, die Verantwortung für das Debakel personell oder institutionell klar zu benennen. Vielmehr bestand sie darauf, dass die Führungsverantwortung und die Aufsicht "auf allen Ebenen gewährleistet" gewesen sei. Zahlreiche Feststellungen der PUK wies sie kategorisch zurück – so die Aussage, die Regierung sei an der Wahrheitsfindung gar nicht interessiert gewesen.
In der heutigen Debatte beschränkte sich die Regierung darauf, Finanzdirektorin Tanja Soland (SP), die als seit zweieinhalb Jahren Amtierende nicht in die operative Geschichte des Debakels verwickelt war, die Sieben-Seiten-Stellungnahme auch noch mündlich Wort für Wort vortragen zu lassen. Sie tat dies in einem merkwürdig kühlen Tonfall, als spreche sie ins Diktiergerät.
Freisinnige fordern schnelle "Rückabwicklung"
FDP-Fraktionspräsident Erich Bucher sprach von einem "fiesen und faulen" Verhalten der Regierung. Es sei "eine Zumutung", dass sie vier Monate Zeit für eine Stellungnahme nicht wahrgenommen habe: "So nicht!" Doch das Plenum lehnte eine dringliche Behandlung des Vorstosses und eine schnelle Rückabwicklung schon im November ab.
Keine Mehrheit fand zu Sitzungsbeginn auch der Antrag des Grünen Oliver Thommen, das PUK-Traktandum angesichts des kürzestfristig vorgelegten Regierungs-Kommentars zu verschieben. "Mitte"/EVP-Fraktions-Chefin Andrea Strahm, wie Thommen PUK-Mitglied, nannte das Regierungs-Schreiben einen "Affront sondergleichen". Es sei zu "ignorieren", da "irrelevant".
Zu Debattenbeginn erinnerte PUK-Präsident Christian von Wartburg (SP, Bild) daran, dass der Bericht von der 13-köpfigen Kommission einstimmig gutgeheissen wurde. Die Untersuchung beanspruche nicht Perfektion, aber er sei "sehr irritiert" darüber, dass aus Regierungskreisen "niemand angehört werden wollte". Von Wartburg räumte aber auch ein, dass mit dem Biozentrum "kein Gebäude gebaut wurde, sondern eine Maschine, die an Komplexität kaum zu überbieten war".
Mit ihrer selbstgefälligen Stellungnahme lief die Regierung ins Leere: Kein einziges Votum liess auch nur einen Anschein an Unterstützung erkennen. Vielmehr schrieben ihr mehrere Grossräte den staatspolitischen Grundsatz ins Stammbuch, dass das Parlament die Oberaufsicht über die Regierung wahrnimmt – und nicht umgekehrt.
Die diesbezüglich schärfste Analyse unter den Fraktionssprechern lieferte Lukas Faesch (LDP). "Unverständlich und falsch" sei die Haltung der Regierung, wonach sie nicht der PUK, sondern nur dem Grossen Rat rechenschaftspflichtig sei. Es dürfe deshalb die Frage gestellt werden, ob mit dieser "trotzigen Verweigerungshaltung" der Exekutive dem Grundsatz der Suprematie des Volks Genüge getan worden sei.
Andrea Strahm warf dem Generalplaner vor, er habe "keine Ahnung" gehabt. Es sei mit dem Bau begonnen worden, obschon nicht klar war, wie das Endergebnis auszusehen hatte. Es sei mehr Gewicht auf seine ästhetische Funktion als Leuchtturm des Städtebaus denn auf seine Bestimmung als Forschungsgebäude gelegt worden. Die kurzfristig vor der Debatte veröffentlichte Regierungs-Stellungnahme zeige, dass es ihr offensichtlich an der Kooperationsbereitschaft gefehlt habe.
Bei künftigen Grossprojekten müsse "die Regierung im Lead erkennbar bleiben", forderte SP-Fraktionschef Thomas Gander.
Fielen in der ganzen Debatte keine Namen, nahm sich der freisinnige Erich Bucher vor, die "Hauptverantwortlichen zu benennen", wobei auch er nur deren Funktionen, aber keine Namen nannte: der frühere Erziehungsdirektor Christoph Eymann (LDP) als Präsident des Lenkungsausschusses, der frühere Baudirektor Hans-Peter Wessels ("er hat mit seinem mea culpa wenigstens etwas Verantwortung übernommen"), die ehemalige Finanzdirektorin Eva Herzog und der damalige Unirats-Präsident Ulrich Vischer.
Zum Schluss genehmigte der Rat den PUK-Bericht mit seinen 95 Feststellungen und 56 Empfehlungen mit allen gegen eine Stimme. 19. Oktober 2022
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