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© Foto by Christof Wamister, OnlineReports.ch
"Widerständige Aktionsformen": Freiraum im Basler Hafengelände

Für eine kapitalismusfreie Insel?

Das Hafengelände aus soziologischer Sicht: Zwischen verpasster Chance und kreativem Chaos


Von Christof Wamister


Der Zank um das freigewordene Areal im Basler Rheinhafen ist eine Chance, meint ein Autorenteam um Soziologie-Professor Ueli Mäder. Denn eine Stadt brauche echte Freiräume, welche dem "neoliberalen" Verwertungsdruck entzogen sind.


Es ist wieder etwas ruhiger geworden um das Hafenareal Klybeck – jene Fläche zwischen Hafengeleise und Rhein, die gemäss der "Entwicklungsvision 3Land" zusammen mit dem Westquai des Rheinhafens dereinst für Wohn- und Arbeitszwecke völlig neu gestaltet werden soll. Zurzeit ist noch nichts davon zu sehen. Zwischen dem riesigen Gebäude der Speditionsfirma Gondrand, der Kläranlage und einem "Art"-Festzelt tummeln sich verschiedene Zwischennutzungen: anerkannte und geduldete.  

Was sich da in den letzten Jahren ereignet hat, kann man jetzt in einem 270 Seiten starken Band* nachlesen, die der Basler Soziologieprofessor Ueli Mäder zusammen mit Mitarbeitern und Studierenden des Soziologischen Seminars und des Insituts für Sozialplanung und Stadtentwcklung der Fachhochschule Nordwestschweiz erarbeitet hat.

Die "Provokation"

Die 2009 präsentierte Vision einer Hochhaus-Silhouette auf einer wiederhergestellten Rheininsel, bekannt geworden als "Rheinhattan", war eine gut gemeinte "Provokation", sagen die Verantwortlichen im Baudepartement und der Stadtentwicklung heute. Ob es klug war, bleibt umstritten, denn viele Quartierbewohner fassten es als fertiges Projekt auf und erschraken. Werden wir verdrängt?, fragten sie sich. Die Furcht vor der Gentrifizierung, die Stadtentwickler Thomas Kessler immer bestritt, griff um sich: Die stadtplanerische Aufwertung erhöht die Bodenpreise und Mietzinsen und vertreibt damit die bisherigen Bewohner. Es entstand eine bunte Palette von Oppositionsbewegungen, über die man dank dieser Neuerscheinung erstmals im Detail informiert wird. (zum Beispiel www.klybeckinsel.ch).

Personen aus dem Umkreis der Hafenwirtschaft ärgerten sich anderseits über die lange Phase von Zwischennutzungen auf den freien Flächen. Könnte man hier nicht wieder handfeste Wirtschaftsbetriebe ansiedeln? Um die Zwischennutzungen entwickelte sich ein Hick-hack, und dann geschah das, was bei leerstehenden Flächen zu erwarten war. Es siedelten sich Leute an, welche die Behörden eigentlich nicht hier haben wollten: Wagenleute, die Anarcho- und Alternativszene.

"Städte brauchen Freiräume"

Mäder und seine Autoren setzen genau hier an und werben um Verständnis für die Situation. Dass im Rheinhafen eine Freifläche entstanden ist, sei positiv für die Stadt, denn Städte bräuchten solche Freiräume, die keine rechtsfreien Räume sein müssen. "Sie sollten lediglich die Möglichkeit bieten, organisch gefüllt, belebt, kreiert und insbesondere verhandelt zu werden. Konflikte und Aushandlungs-Prozesse hätten in solchen Freiräumen tatsächlich Platz. Die staatliche Planung könnte in solchen Räumen eine Rolle als begleitende Moderatorin oder Mediatorin einnehmen."         

Unpolitisch ist die Sache natürlich nicht. Ueli Mäder interpretiert "die widerständigen Aktionsformen", die von diesen Freiräumen angezogen werden, "als Teil von sozialen Bewegungen, die vermehrt nicht-kapitalistische Räume in der Stadt einfordern". Denn das Profit-Interesse der neoliberalen Stadt lasse wenig Diversität zu, diagnostiziert Mäder gut neomarxistisch.

Quartierstolz auf Hafen-Heimat

Dem Autorenteam ist zugute zu halten, dass es die Situation rund um den Basler Rheinhafen gründlich aufgearbeitet hat – manchmal geht es fast zu sehr ins Detail. Die Bewohner und Betroffenen, von den Alteingesessenen bis zu alternativen Neuzuzügern, kommen zu Wort: "Das Hafenareal ist für viele eine Heimat, die sie mit Stolz erfüllt. Das äussert sich ebenfalls im Anliegen, sorgsam mit gewachsenen Strukturen umzugehen." Die Klybecker und Kleinhüninger sehen ihr Quartier positiver, als es von aussen wahrgenommen wird.


* "Urbane Widerständigkeit am Beispiel des Basler Rheinhafens". Autoren: Reto Bürgin, Aline Schoch, Peter Sutter, Hector Schmassmann, Ueli Mäder, Petra Huser, Nina Schweizer. Edition gesowip 2015.

26. Juni 2015


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"Eine uralte Erkenntnis"

"Denn das Profit-Interesse der neoliberalen Stadt lasse wenig Diversität zu, diagnostiziert Mäder gut neomarxistisch." Dass Freiräume kreative Kräfte evozieren und bestehende Gesellschafts- und Wirtschaftssysteme in Frage stellen oder gar erschüttern können, ist eine uralte Erkenntnis.
Neomarxistisch? Ich staune.


Franz August Vettiger, Basel



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Veranstaltungs-Hinweis

 

Ein zärtlicher Irrsinn

Nach achtjähriger Abwesenheit kehrt Avery Sutton mit seiner Verlobten Gillian zu seiner Familie zurück. Was von da an passiert, muss man gesehen haben.

Mit "37 Ansichtskarten" von Michael McKeever winkt den Zuschauerinnen und Zuschauern eine zauberhaft schwarze Komödie mit berührenden Momenten und angenehmer Unterhaltung. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Vorverkauf hier:
www.theater-rampenlicht.ch

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"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
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Wer bildet was oder wen?

RückSpiegel


Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

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In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).