© Fotos by Christof Wamister, OnlineReports.ch
"Dichtester Busverkehr der Stadt": Bus-Achse Grenzacherstrasse
Anrainer der Grenzacherstrasse proben den Aufstand
Protestaktion mit Unterschriften gegen BVB-Busverkehr in Basel: Mit Roche-Turm verschärfe sich das Problem
Von Christof Wamister
Der Roche-Turm wirft seinen Schatten voraus: Anwohner der Grenzacherstrasse fürchten sich vor noch mehr mehr Busverkehr, mit welchem der Kanton auf die Zunahme der Arbeitsplätze bei Roche reagieren will. Im Wettsteinquartier werden jetzt Unterschriften gegen die "Bushölle" gesammelt.
In einem Schreiben an die Mit-Anwohner der Grenzacherstrasse nimmt der Arzt Niklaus Trächslin kein Blatt vor den Mund: "Die Lärmemissionen und die Frequenzen der BVB Busse in der Grenzacherstrasse sind mittlerweile enorm." Es sei unterdessen die Strasse mit dem dichtesten Busverkehr der Stadt. "Die Zunahme der Linien, die Zunahme der Taktfrequenz, die Zunahme von Einsatzkursen für Fremdlinien und das Heimholen und Ausschwärmen fast der ganzen Busflotte bis 1 Uhr morgens und ab 5 Uhr morgens über diese Achse machen diese Strasse zur Bushölle." Besonders schlimm sei die Verengung bei der Haltestelle Rosengartenweg. Mit dem Bau des Roche-Hochhauses und "zusätzlichen weiteren 2'000 Pendlern" werde die Situation noch prekärer.
In einer Petition, für die zur Zeit Unterschriften gesammelt werden, fordern Trächslin und seine Mitstreiter eine Abnahme der Busfrequenzen, eine Änderung der Linienführung für die Fahrten zum Depot an der Rankstrasse (eine Abzweigung der Grenzacherstrasse), eine Verlegung der Haltestelle Rosengartenweg um fünzig Meter nach Osten und die Beschaffung von leiseren Bussen. Am Ende des Petitionstextes heisst es etwas ominös: "Werden unsere Forderungen nicht ernst genommen, sind weiterführende Aktionen geplant." Trächslin wollte sich gegenüber OnlineReports im Moment nicht weiter äussern.
Zusätzliche Einsatzlinien geplant
In der Tat: Die Grenzacherstrasse zwischen Wettsteinplatz und der Kreuzung mit der Peter-Rot-Strasse ist relativ eng, hat einen städtischen Charakter und ist beidseitig von Wohnbauten flankiert. Neben dem regen Individualverkehr zirkulieren und halten hier drei Buslinien: 31, 34 und 38. Für die Linie 34 werden in den Morgenstunden zusätzlich Einsatzkurse gefahren. Doch damit nicht genug: Gemäss dem ÖV-Programm 2014/17 sollen der 34 E ab kommendem Jahr und der 30 E, der nicht durch die Grenzacherstrasse fährt, ab 2015 auch zur Feierabendzeit fahren.
Der Kanton will damit das Pharmaunternehmen Roche noch besser an den öffentlichen Verkehr anbinden und auf die absehbare Zunahme der Arbeitsplätze reagieren. Denn in zwei Jahren soll das 175 Meter hohe Hochhaus der Roche, der Roche-Tower oder "Bau 1", als höchstes Gebäude der Schweiz fertig gebaut sein.
Erst "einige hundert" von 2'000 Arbeitsplätzen
Geo Adam, Leiter Standort-Entwicklung bei Roche, macht darauf aufmerksam, dass es nicht auf einen Schlag zweitausend Arbeitsplätze mehr geben wird. Man werde die Gelegenheit nach dem Hochhausbau benutzen, um bestehende Gebäude auf dem Areal zu sanieren. Die dort tätigen Mitarbeiter würden dann auf andere Roche-Gebäude in der Stadt (zum Beispiel an der Hochstrasse) verteilt, bis die Arbeiten abgeschlossen sind. Es sei in den nächsten Jahren somit nur mit einem Zuwachs von einigen hundert Arbeitsplätzen im Roche-Hauptareal zu rechnen. "Wir sind an einer guten Nachbarschaft mit dem Quartier interessiert", betont Adam.
An einem Orientierungsabend des Bau- und Verkehrsdepartements (BVD) erklärte er kürzlich den Quartierbewohnern das neue Parkplatzregime von Roche: Wer weniger als 46 Minuten benötigt, um zu seinem Arbeitsplatz zu gelangen, hat kein Anrecht auf einen firmeneigenen Parkplatz. Dazu sei Roche natürlich an guten Verbindungen zum öffentlichen Verkehr interessiert, ohne deswegen aber Forderungen an den Kanton zu stellen. Für den Personenverkehr innerhalb der Standorte in Basel und für den Arbeitsweg zum Standort Kaiseraugst fahren Roche-Busse. Es gibt aber keinen Roche-eigenen Personentransport zum Beispiel vom Bahnhof SBB zum Werk im Wettsteinquartier.
Roche wünscht S-Bahn-Haltestelle "Solitude"
Was Roche sehr befürworten würde, wäre eine Haltestelle "Solitude" der S-Bahn, die in Fussdistanz vom Werkareal entfernt läge (Bild links, möglicher Standort). Hier könnten noch andere Linien als die jetzt einzig verkehrende S 6 angebunden werden.
Eine solche Haltestelle besteht bis jetzt nur auf dem Papier, im Richtplan, war von Marc Keller, Sprecher des Basler Bau- und Verkehrsdepartements, zu erfahren.
Demnächst sollen in Zusammenarbeit mit SBB und Deutscher Bahn die technische Machbarkeit abgeklärt und eine Kosten-Nutzen-Rechnung erstellt werden. Die Mitwirkung beider Bahnen ist notwendig, weil der mögliche Standort genau im Grenzbereich zwischen den beiden Bahnunternehmen liegt. Wenn sie auf einen Bau der Haltestelle zeitgleich mit der neuen Eisenbahnbrücke gedrängt hätte, wäre der Bau dieser wichtigen Verbindung stark verzögert worden, erklärte die Regierung in der Beantwortung eines parlamentarischen Vorstosses.
Die BVB wollten sich zu den Vorwürfen aus der Grenzacherstrasse nicht äussern und verwiesen statt dessen an das Amt für Mobilität. Roche sei eigentlich nicht so schlecht an den öffentlichen Verkehr angeschlossen, sagt Benno Jurt, Leiter der BVD-Mobilitätsplanung. Vom Bahnhof SBB aus sei das Ziel mit einmal Umsteigen am Wettsteinplatz rasch erreichbar. Die Busverbindung mit der Linie 30 ab Badischem Bahnhof sei ein weiteres Angebot, das bis jetzt aber nicht sehr genutzt werde. Grundsätzlich sei das Ziel, den Roche-Angestellten auf den Buslinien einen noch besseren Takt zu bieten.
"Wir nehmen die Signale ernst"
Dass das aktuelle und künftige Verkehrsregime in der inneren Grenzacherstrasse zu Konflikten führen kann, hat auch das Amt für Mobilität wahrgenommen. Die engen Strassenverhältnisse können dort zu Lärmreflexionen führen. "Wir nehmen die Signale aus der Grenzacherstrasse ernst und werden uns um eine Lösung bemühen", sagte Jurt zu OnlineReports.
Eine Lösung der andern Art ist in der Planung für ein Tramnetz ab 2020 angedacht: eine Tramverbindung durch die Grenzacherstrasse und in einem Bogen zurück zum Verkehrsknotenpunkt Badischer Bahnhof. Ob dies bei den Quartierbewohnern auf Begeisterung stossen wird, dürfte zweifelhaft sein: Die Tramverbindung durch den Claragraben, die bei den ÖV-Planern wegen ihres Entlastungseffektes auf die Grossbasler Innerstadt wieder auf der Wunschliste steht, wurde seinerzeit schon im Grossen Rat gebodigt.
14. März 2013
"Man muss halt innovativ sein"
In einer solchen Situation muss man halt vorausblickend-innovativ sein: Die rot-grüne Regierung wird sicher bald die Anschaffung von leisen, sauberen Trolleybussen vorschlagen, um den AnwohnerInnen und der Roche zu mehr Ruhe zu verhelfen.
Dieter Stumpf, Basel
"Innenstadt so lassen, wie sie ist"
Statt immer weitere Buslinien zu planen und einen konzeptloses Verkehrsplan mit einer S-Bahn mit einem Herzstück Mitte vorzulegen, wäre es gescheiter, die gut erschlossene Innenstadt so zu lassen wie sie ist, keine linksgrünen Verkehrsübungen auf Kosten der Stadtbewohner zu planen und die S-Bahn ringförmig mit den Haltestellen Novartis und Roche anzulegen, mit Einbezug der Bahnhöfe. Damit wäre allen gedient und nicht nur einigen linksgrünen Ideologen und ihren bürgerlichen Profiteuren.
Alexandra Nogawa, Basel