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© Foto by Ruedi Suter, OnlineReports.ch


Schweizer Angst vor der Apartheidbewältigung

Menschenrechte sind nichts wert, dies im Vergleich zu den wirtschaftlichen Interessen. Ein bestürzendes Beispiel, so zeigte sich an einer Podiumsdiskussion in Basel, ist die verweigerte Aufarbeitung der Apartheid-Zeit durch die Schweiz und die hier angesiedelten Weltkonzerne.
Basel, 18. Mai 2008

Menschenrechte werden tagtäglich verletzt – durch Staaten, durch multinationale Konzerne. Jene aber, welche Menschenrechte verteidigen, hätten kaum wirkungsvolle Instrumente, um Verletzungen zu bestrafen und zu verhindern. Dies zeige mehr und mehr die schier grenzenlose Macht der transnational operierenden Unternehmen, sagte Eva-Maria Belser im Rahmen der Veranstaltung "Afrika Frühling in Basel" am Samstag in der Universität Basel über die Verantwortlichkeit von Konzernen und Regierungen bei schweren Menschenrechtsverletzungen.

Die Professorin an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg erklärte, der Einfluss der multinationalen Firmen sei mit dem Liberalisierungsprozess nach dem Zweiten Weltkrieg unaufhaltsam gewachsen, gefüttert durch Institutionen wie Welthandelsorganisation, Weltbank, Internationaler Währungsfonds, EU oder NAFTA. Und begünstigt durch den technologischen Fortschritt, der Transportkosten senkte und den Informationsaustausch erleichterte.

"Ohnmächtiges Völkerrecht"

"Die multinationalen Unternehmen sind der Kern der Globalisierung", fasste Belser  das Problem zusammen, um dann unverblümt die "Erosion der staatlichen Macht" durch die rechtliche Liberalisierung anzuprangern. Beispiele dafür seien etwa die Freiheit des Kapitalverkehrs oder die Angst der Regierungen vor dem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit.

Komme es zu Menschenrechtsverletzungen durch Firmen, sei das Völkerrecht oft "ohnmächtig", da die Wirtschaft – im Gegensatz zum Staat – weit flexibler sei und durch keine Landesgrenzen eingeschränkt werde. Zudem hätten völkerrechtliche Richtlinien wie etwa jene der UNO, ILO oder OECD für Unternehmen den Makel der Unverbindlichkeit. Sanktionen müssten kaum befürchtet werden. Auf dem Niveau Völkerrecht gebe es – im Gegensatz zur persönlichen Ebene – fast keine Mittel, um die von Konzernen begangenen Menschenrechtsverbrechen zu bestrafen, bedauerte Belser.

Schweizer Apartheid-Profiteure im Visier

Wie sich Staaten und Multis bei Menschenrechtsverletzungen gegenseitig unterstützen und in Schutz nehmen können, wurde am Beispiel des Apartheidregimes in Südafrika aufgezeigt. Schweizer Unternehmen wie die Grossbanken UBS und Credit Suisse, Nestlé, Novartis, Holcim und Ems Chemie seien trotz schwerster Menschenrechtsverletzungen des rassistischen Regimes gegen die Farbigen und trotz der UNO-Sanktionen unbeeindruckt und teils mit Unterstützung des Schweizer Staates ihren lukrativen Geschäften nachgegangen, riefen Eva-Maria Belser und Barbara Müller vom Afrika-Komitee und der Kampagne für Entschuldung und Entschädigung im Südlichen Afrika (KEESA) in Erinnerung.

Bis zum heutigen Tag weigerten sich alle Akteure, die unbequemen Erkenntnisse der später von Desmond Tutu angeregten Wahrheits- und Versöhnungskommission oder die hier folgenden Feststellungen des Nationalfonds-Berichts "Beziehungen Schweiz-Südafrika" unter der Leitung des Basler Historikers Georg Kreis ernst zu nehmen, geschweige denn Verantwortung zu tragen: "Die Verwaltung war über viele illegale und halblegale Geschäfte informiert. Sie duldete sie stillschweigend, unterstützte sie teilweise aktiv oder kritisierte sie halbherzig."

"Demokratisches Prinzip unter den Tisch gewischt"

Das Mauern und Vertuschen wie auch die Verhinderung einer offenen Vergangenheitsbewältigung und Wiedergutmachung habe mit der plötzlichen Schliessung des Bundesarchivs 2003 einen neuen Höhepunkt erreicht – und das für Firmen und Bund offensichtlich brandheisse Forschungsprogramm mit Sperre und Zensur erheblich beeinträchtigt. Barbara Müller: "Damit wurde auch ein grundlegendes demokratisches Prinzip unter den Tisch gewischt: Die Freiheit der Wissenschaft und der Forschung im Interesse der Öffentlichkeit."

Gerade weil die historische Aufarbeitung der Apartheid-Zeit in Helvetien durch Staat und Wirtschaft behindert wird, kann den Schweizer Profiteuren von damals vorgeworfen werden, sie seien zumindest indirekt am Überleben und den Greueln des Apartheid-Regimes mitschuldig. An der vom Basler Anwalt und Afrikaspezialisten Hansueli Stauffer geleiteten Podiumsdiskussion zeichnete der südafrikanische Jurist und Menschenrechtler Tshepo Madlingozi (Bild) als Vertreter der  Organisation Khulumani – sie vertritt 55'000 Apartheid-Opfer – nach, was viele Afrikanerinnen und Afrikaner erleiden mussten: Mord, Folter, Verschwindenlassen, Zwangsarbeit, Vergewaltigungen, Vertreibungen und Zerstörung der Häuser.

Apartheid-Opfer hoffen auf US-Gericht

Tragisch sei, dass noch heute zahlreiche Menschen an den Folgen des Staatsterrors litten. Das Gefühl der Hilflosigkeit sei weit verbreitet, die Chancen für gute Wohnungen, gute Bildung und Arbeitsplätze seien sehr gering. Zudem fehle es an angemessener Unterstützung der Opfer. Tshepo Madlingozi hofft nun auf die Klagen von Khulumani beim Obersten US-Gericht. Diese wurden eben zugelassen – trotz heftiger Gegenwehr der betroffenen Konzerne und Regierungen. Khulumani verlangt für die Apartheidopfer eine Wiedergutmachung von 400 Milliarden US-Dollar.

Nun muss die erste Instanz in den USA die Klagen materiell prüfen. "Wenn wir gewinnen", blickte Madlingozi am Samstag in die Zukunft, "werden die Konzerne zu neuen Umgangsformen gezwungen." Barbara Müller aber will nicht so lange zuwarten müssen: "Wir fordern die Konzerne und den Bundesrat jetzt auf, das Kapitel Apartheid schonungslos aufzuarbeiten und das Recht der Apartheid-Opfer auf Wiedergutmachung anzuerkennen."



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"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
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