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Kantonsgericht ohne Kirchen-Kassiererin: "Nicht wohl"

Neue Runde im Justizfall um die frühere Finanzchefin der römisch-katholischen Kirchgemeinde Grellingen heute Montag vor dem Baselbieter Kantonsgericht. Nur: Die Beschuldigte, die Berufung eingelegt hatte, blieb der Verhandlung fern.
Liestal/Grellingen, 16. Januar 2023

Es war eine etwas merkwürdige Stimmung heute Montagmorgen im Liestaler Kantonsgerichtssaal: Akteure waren lauter Juristen. Die zentrale Figur, die damalige Kirchgemeinde-Kassiererin war abwesend, ihr Stuhl an der Anklagebank blieb leer. Grund, so war im Verlauf der Parteienverhandlung zu erfahren: Sie fühle sich "nicht wohl". Sie nahm somit auch die Gelegenheit nicht wahr, die Gründe ihrer Appellation vor den Anwesenden darzulegen.

Immerhin nahm ein Strafverfahren seinen Lauf, das durch mehrmalige Verschiebung seitens der Beschuldigten schon in die Länge gezogen worden war. Heute wurde in zweiter Instanz verhandelt, morgen Dienstag wird das Urteil bekannt.

Ein bisschen "Little Nashville"

Die 50-jährige Grellingerin war im Mai 2021 vom Strafgericht wegen mehrfacher Veruntreuung und Urkundenfälschung zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 20 Monaten mit einer Probezeit von zwei Jahren verurteilt worden. Dagegen erhob sie Berufung, wonach auch der Staatsanwalt Anschlussberufung einlegte.

Der Vorwurf: In den Jahren 2017 und 2018 habe sie in die Kassen sowohl der Kirchgemeinde Grellingen (310'000 Franken) wie auch der damaligen CVP Baselland (90'000 Franken) gegriffen, in der sie auch als Finanzchefin waltete. Die Summe von gesamthaft 400'000 Franken habe sie einer Kollegin als "Darlehen geliehen", um die Renovation des Western-Lokals "Little Nashville" in Liesberg zu finanzieren. Pikant: Die beiden Frauen teilten sich in die Stammanteile der "Nashville GmbH".

Beschuldigung der Präsidentin

Die Veruntreuung kaschierte sie mit gefälschten Protokollen, Kontoauszügen und Aktennotizen. Im Zentrum des Falls steht die Kopie einer "Aktennotiz – stilles Darlehen", in der die damalige Kirchgemeinde-Präsidentin mit ihrer Unterschrift ihr angebliches Einverständnis zur ungewöhnlichen Geldausleihe gegeben habe.

Nur: Diese "Aktennotiz" ist nach Überzeugung der Vorinstanz gefälscht. Der Rechtsvertreter der Kirchgemeinde stellte heute vor Kantonsgericht fest, dass das Kirchgemeinde-Logo auf offiziellen Papieren immer rechts platziert ist. Auf der "Aktennotiz" dagegen war es zentriert. Diese Fälschung sollte belegen, dass die "Darlehen" mit Zustimmung oder gar auf Initiative der Kirchgemeinde-Präsidentin erfolgt seien, was die Staatsanwaltschaft als falsche Anschuldigung qualifizierte.

Das Strafgericht verurteilte die Angeklagte wegen Veruntreuung und Urkundenfälschung zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 20 Monaten. Zum Vorwurf der falschen Anschuldigung erfolgte ein Freispruch.

Grundbuchsperre soll als Sicherheit bleiben

Damit war Staatsanwalt János Fábián nicht einverstanden. Er beantragte dem Dreiergericht der Abteilung Strafrecht unter dem Präsidium von Markus Mattle, den Vorwurf der falschen Anschuldigung gelten zu lassen bei einer Strafe von 30 Monaten, davon sechs Monate unbedingt. Ebenso forderte er ganz gegen den Willen der Kassiererin, die Grundbuchsperre aufrecht zu erhalten. Das Strafgericht hatte diese Sperre aufgehoben.

Die Bedeutung dieser Sperre liegt im Kern darin, dass die betreffende Liegenschaft in Grellingen der Ex-Kassiererin gehört. Zwar hat sie die veruntreuten Gelder vollumfänglich an Kirchgemeinde und die damalige CVP zurückbezahlt. Aber noch warten auf sie aus dem Strafverfahren Forderungen in sechsstelliger Höhe, darunter Parteientschädigungen, die Bezahlung des amtlichen Verteidigers und Verfahrenskosten, die aus einem allfälligen Hausverkauf auf staatliche Veranlassung hin finanziert werden könnten.

Die Schelte des Verteidigers

Pflichtverteidiger Theodor Seitz beantragte, seine Mandantin von Schuld und Strafe freizusprechen. Ihr "Darlehens"-Geschäft sei "nur ein Regelverstoss" gewesen, "sonst nichts". Kritik übte er am Staatsanwalt, der weder nach entlastenden Argumenten gesucht noch das Umfeld näher abgeklärt habe.

Ebenso hob er zu einer Medienschelte – auch gegenüber OnlineReports – an: Durch die "einseitige und voreingenommene Berichterstattung" ohne Hinweis auf die Unschuldsvermutung sei es zu einer "enormen Vorverurteilung" gekommen.

Wesentliche Teile der heutigen Verhandlung beschäftigten sich mit der Höhe der Entschädigung der Anwälte und der betroffenen Personen. Peter Bürkli, der Anwalt der Kirchgemeinde, hatte Berufung eingelegt, weil das Strafgericht die beantragte Aufwandentschädigung von gut 60'000 um die Hälfte zusammenstrich.

Urteilsverkündung per E-Mail

Der Rechtsvertreter hielt auch fest, dass es sich bei der Liegenschaft der Ex-Kassiererin nicht, wie von der Gegenseite behauptet, um eine "Familienwohnung" handle. Dieser geschützte Status gelte nur in Fällen von verheirateten Paaren oder Eingetragenen Partnerschaften, nicht aber im Konkubinat. Die Liegenschaft müsse beschlagnahmt bleiben und verwertet werden, forderte er.

Die Berufungsverhandlung vor Kantonsgericht wird morgen Dienstagnachmittag auf eine etwas merkwürdige Weise enden: Das Urteil wird den Parteien in Abwesenheit per E-Mail übermittelt, die Medienvertreter sollen es telefonisch abrufen. So wird die mündliche Verkündung und Begründung des Urteils, wie sonst üblich und zentraler Bestandteil einer Verhandlung, ausbleiben.

Kommentar vom 26. Mai 2021: "Kassiererin-Prozess: Ein schaler Nachgeschmack"




Weiterführende Links:
- 400'000 Franken: Der christliche Kassen-Griff vor Strafgericht
- Grellinger Kassengriff-Kassiererin meldet Berufung an
- Veruntreuung: 20 Monate für Grellinger Kirchen-Kassiererin
- Auch in der CVP-Kasse fehlt Geld: "Little Nashville"?
- Kirchen-Finanzchefin: "Keiner Verfehlungen bewusst"
- Baselbieter Kantonsgericht: Lea Hungerbühler soll auf Mattle folgen


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"SP setzt Beat Hans und Jon Pult auf das Bundesratsticket."

Schaffhauser Nachrichten
auf der Frontseite
vom 27. November 2023
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Das ist doch Jans was Heiri ...

RückSpiegel


Die bz zieht den OnlineReports-Artikel über die frühere Grellinger Kirchen-Kassiererin nach, die ihre Verurteilung vor Bundesgericht anficht.

Die Basler Zeitung und Happy Radio greifen die OnlineReports-Recherche zur Girema Bau AG auf.  

 

bz und Happy Radio zitieren den OnlineReports-Bericht über den Liestaler Buchladen Rapunzel, der schliesst.

Die bz bezieht sich in einem Artikel über den Asyl-Streit in den beiden Basel auf einen Leserbrief auf OnlineReports.

In einem Artikel über den Richtungsstreit innerhalb der Baselbieter SVP zitiert die Basler Zeitung aus OnlineReports.

Die bz vermeldet mit Verweis auf OnlineReports den Abgang des Gelterkinder Gemeinderats Pascal Catin.  

Die Basler Zeitung nimmt in einem Artikel über die Baselbieter FDP-Landrätin und Nationalratskandidatin Saskia Schenker Bezug auf OnlineReports. 

In einem Artikel über die polarisierende Jungpolitikerin Sarah Regez (SVP BL) bezieht sich die Basler Zeitung auf OnlineReports.

persoenlich.com vermeldet mit Verweis auf OnlineReports den Wechsel der Basler Journalistin Andrea Fopp von Bajour zur NZZ.

Happy Radio greift den Bericht von OnlineReports über die Deponie Höli Liestal AG auf.

Die Volksstimme bezieht sich in einem Porträt über den freiwilligen Verkehrsregler in Rickenbach, Robert Bussinger, auf einen früheren Artikel von OnlineReports.

Die bz greift den Bericht von OnlineReports über den Eklat am Baselbieter Kantonsgericht mit dem sofortigem Rücktritt eines Vizepräsidenten auf.

Die bz zitiert in ihrem Nachruf auf Hans Rudolf Gysin aus dem OnlineReports-Porträt "Die Hans Rudolf Gysin-Story: Auf der Spur eines Phänomens".

Zahlreiche Medien haben die Nachricht über den Tod von Hans Rudolf Gysin aufgenommen: Basler Zeitung, bz und weitere Titel von CH Media, Prime News, Volksstimme, Bajour, Baseljetzt, SRF-Regionaljournal Basel, Happy Radio, nau.ch.

Weitere RückSpiegel

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In einem Satz


Sonja Kuhn, ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.
 

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).

Am 1. Juni 2024 übernimmt Veronika Röthlisberger die Leitung der Gebäudeversicherung Basel-Stadt von Peter Blumer, der danach pensioniert wird.

Hanspeter Wäspi (57, Rheinfelden) ist neuer Geschäftsleiter von Procap Nordwestschweiz.

Die Leitung der Abteilung Finanzen und Controlling im Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt obliegt ab 1. Dezember Thomas Schneider, der die Nachfolge des Bald-Pensionierten Daniel Hardmeier antritt.

Stefan Binkert wird neuer Rektor des Wirtschaftsgymnasiums und der Wirtschaftsmittelschule Basel; er folgt in dieser Funktion auf Patrick Langloh, der ab 1. Januar 2024 die Leitung des Bereichs Mittelschulen und Berufsbildung im Erziehungsdepartement übernimmt.