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2013, ProLitteris, Zürich 2013, Foto: Daniel Spehr


Ein weiteres Mal die Frage: Machen Maschinen Kunst?

Zehn Künstler der Gegenwart auf den Spuren von Jean Tinguelys Zeichenmaschinen "Méta-Matics". Sie gehen in einer Ausstellung im Museum Tinguely in Basel der Frage nach dem Zusammenhang von Kunstmaschinen und maschineller Kunst nach.
Basel, 22. Oktober 2013

Mit seinen Zeichnungsmaschinen von 1955 und den nachfolgenden elaborierteren "Méta-Matics", die zwischen 1959 und 1961 entstanden sind und 1959 in Paris ausgestellt wurden, hat Jean Tinguely verschiedene Fragen aufgeworfen: Was ist Kunst? Das, was der Künstler macht? Das, was die Maschinen (oder Automaten) ausführen? Oder vielleicht das, was der Betrachter/die Betrachterin als ihren eigenen Teil beitragen? Welche Bedeutung kommt dem Moment in der Realisierung zu? Wie autonom ist das Kunstwerk? Und kann eine Maschine überhaupt Kunst machen?

Die Fragen sind immer noch unbeantwortet, alle fünf bis zehn Jahre setzt sich ein neuer Kunstbegriff durch. Die Antworten gehen, die Fragen bleiben. Die Métamatic Research Initiative in Amsterdam hat daher zehn Künstler eingeladen, auf den Maschinen-Kunst-Begriff in der Nachfolge Tinguelys eine aktuelle Antwort zu geben. Die Ergebnisse sind zur Zeit in der Ausstellung "METAMATIC reloaded" im Museum Tinguely zu besichtigen.

Entstanden sind, nach den Worten von Roland Wetzel, dem Direktor des Museums, "zehn eigene Universen": zehn individuelle Antworten auf die alte Kunst-Frage, die aber, keineswegs überraschend, im Geist der Zeit und unter Anwendung der technischen Möglichkeiten der Gegenwart ausgefallen sind.

Maschinen zwischen Künstler und Werk
 
Tinguely konnte noch in aller Unbeschwertheit Automaten in Betrieb setzen mit einem Arm, an dessen Ende ein Filzstift befestigt war, der durch die maschinelle Bewegung des Arms Kritzeleien auf einem Stück Papier anbrachte. Seither ist mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen. Heute führen Computer und Programme die gleiche, alte Aufgabe der Kunsterzeugung aus. Das ist der erste Befund der Ausstellung.
 
Der zweite ergibt, dass die kreativen Maschinen nicht nur Zeichnungen à la Tinguely, sondern ebenso gut auch Sound-Werk produzieren. "Produzieren" ist im Kontext der richtige Ausdruck. Es entsteht ein Produkt, bei dem sich die Frage stellt, ob es sich dabei tatsächlich um Kunst handelt, denn das ist offenbar die bange Frage geblieben, die sich die Menschen immer wieder stellen. Weil der  teuflische Verdacht nach wie vor besteht, dass es sich vielleicht doch nur um eine gerissene Form von Betrug handelt.
 
Darauf eine Antwort zu suchen, ist indessen müssig, weil die Maschinen nicht mehr nur das Vermittlungsstück sind zwischen dem Künstler und dem Werk, sondern weil sie eine selbstständige Position eingenommen haben. Was entsteht, ist nichts fest Umrissenes, nichts Fertiges, sondern ein Prozess, ein Vorgang, ein Ereignis, das im Moment stattfindet. Auch die "écriture automatique" der Surrealisten war ein vergleichbarer kreativer Prozess, eine Entwicklung, bei der das Unbewusste die Kehrseite des bewussten Handelns war.

Das Medium als Beitrag zur Zirkulation

Die zehn Künstler, die an der Ausstellung teilnehmen, sind Marina Abramovic, Ranjit Bhatnagar, John Bock, Olaf Breuning, Thomas Hirschhorn, Aleksandra Hirszfeld, Jon Kessler, Port & Rao, Joao Simoes und Brigitte Zieger.

Der Versuch, das Gemeinsame aller hier versammelten Werke zu beschreiben, führt dahin, dass nicht mehr die Hand und der Pinsel oder wie später bei Tinguely die Maschine für die Realisierung infrage kommen, sondern die Hard- und Software selbst. Das ist ungewöhnlich. Die Maschine als Medium ist nicht nur Botschaft, sondern auch Beitrag zur Zirkulation und Aktualität. Klappernde und ratternde Maschinen, die zeichnen, das war einmal. Heute sind es komplexe und minutiöse  elektronische Maschinen mit digitalen Circuits, die für jenes avancierte Produkt zuständig sind, das wir immer noch mangels eines besseren Begriffs als "Werk" bezeichnen.

Um das zu erklären, soll das Werk "NTSC" (2012) des portugiesischen Künstlers Joao Simoes als Beispiel herausgegriffen werden. Simoes wollte einen im PAL-Format aufgenommen Film in den USA im NTSC-Format abspielen, aber die Datenkonvertierung funktionierte nicht. Zu sehen waren nur Pixel, die in der Vergrösserung meistens die Quadratform annehmen. So führte eine technische Inkompatibilität zu neuen Sehgewohnheiten und einer neuen Ästhetik. In der falschen Progammierung kann das Ergebnis hinfort als neuartiges visuelles Objekt angesehen werden.

Vom Bild im Raum zum Bildraum

In "Shooting Wallpaper" (2012) von Brigitte Zieger wird ein Raum betreten, der aus einer Tapete besteht, die auf einen Screen projiziert ist (Bild oben). Das Rokoko-Muster weist pittoreske Details auf. Frieden scheint zu herrschen, bis unerwartet eine Figur aus der Tapete durch Vergrösserung hervortritt und ein Schuss fällt. Dann verschwindet die Figur wieder und geht im Tapetenmuster auf. Die interaktive Installation reagiert auf die Bewegungen des Betrachters im Raum.

Ranjit Bhatnagar setzt für "Singing Room für a Shy Person" (2012) stimmliche Laute in eine digitale Sprache um und lässt sie auf einer Musikmaschine, bestehend aus elektronischen Geräten, abspielen.

Bei Jon Kessler erscheint eine Porträtaufnahme des Betrachters, die in die digitale Installation eingegeben wird, auf verschiedenen, labyrinthartig  angeordneten Monitoren ("The Web", 2013).

Bei Tinguely wurde das Visuelle auf einfache maschinelle Art erzeugt. Heute produzieren aufwändige Maschinen das Visuelle, das nun aber nicht bei seiner Sichtbarkeit stehen bleibt, sondern durch die installative Form eine räumliche Dimension annimmt. Das Bild als Raum ist zum Bildraum geworden.  Soweit hat es die Technik gebracht, und dass es dabei nicht bleiben wird, davon sind wir alle überzeugt.

Museum Tinguely, Basel: METAMATIC reloaded. Bis 26. Januar 2014. Für das umfangreiche Begleitprogramm (alle zehn Künstler sind mit Vorträgen zu ihrem Werk in Basel) siehe www.tinguely.ch



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vom 26. März 2024
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