© Foto by Monika Jäggi, OnlineReports.ch
Widerstand auch gegen Asylzentrum Mittlere Strasse
Nach der Opposition gegen das Basler Asyl-Schiff regt sich jetzt auch Widerstand gegen das Asyl-Zentrum an der Mittleren Strasse. Doch ein weiterer Ausbau, wie von Anwohnern befürchtet, steht nicht zur Diskussion.
Basel, 30. November 2012
Was bisher bloss Vermutung war und zusätzliche Ängste unter Quartierbewohnern auslöste, hat sich heute Morgen in Luft aufgelöst. Das Hostel an der Mittleren Strasse 39 wird nicht zur erweiterten Asyl-Unterkunft, wie Andreas Kressler, Geschäftsleiter von Immobilien Basel, gegenüber OnlineReports bestätigte: "Es wird ganz sicher nicht für die Unterbringung von Aylbewerbern genutzt werden."
Sicher ist jedoch, dass das Hostel bis Ende dieses Jahres vom bisherigen Mieter, dem Universitätsspital Basel, geräumt wird und an Immobilien Basel zurückgeht. "Wir sind momentan in der Vermietungsphase", erklärte Kressler, "der endgültige Mieter ist noch nicht bestimmt, aber wir stehen kurz vor einem Abschluss". Natürlich sei auch die Situation mit dem Hinterhaus des Hostels (Mittlere Strasse 37) in dem ab Mitte Januar 2013 Asylbewerber einziehen werden, in die neue Vermiet-Situation miteinbezogen worden.
Im Quartier formiert sich Widerstand
Die nicht eben anwohnerfreundliche Informationspolitik der Regierung bezüglich der geplanten Asylunterkunft (Bild, Haus rechts) im Hinterhof des Hostels – die Anwohner haben dies aus einer Medienmitteilung des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt (WSU) am 9. November erfahren – habe dazu beigetragen, Vermutungen und zusätzliche Ängste im Quartier zu schüren, sagte ein sichtlich erschütterter Anrainer Edward Merkelbach.
Zusätzlich entstanden Ängste, dass nicht nur das Hinterhaus, sondern dass auch das benachbarte Hostel zukünftig für die Unterbringung von Asylsuchenden genutzt werden könnte. Diese Befürchtungen haben sich nun zerschlagen, trotzdem formiert sich der Widerstand im Quartier. Denn Merkelbach und seine Familie leben im eigenen Haus direkt neben der geplanten Asylunterkunft.
Der Bewohner und seine Mitstreiter verteilten vor ein paar Tagen ein Informationsblatt im Quartier, wie die "TagesWoche" berichtete, und setzten auch OnlineReports in Kenntnis. Darin wird über die geplante Asylunterkunft informiert, vor allem aber auf die widersprüchliche und fehlende Informationspolitk der Regierung aufmerksam gemacht. "Seither haben wir viel Zuspruch aus dem Quartier erfahren mit Briefen, Anrufen aber auch während Begegnungen auf der Strasse", sagt Merkelbach. Das habe ihm gezeigt, dass auch andere mit der für ihn überstürzten und wenig koordinierten Aktion der Regierung nicht einverstanden seien.
FDP-Grossrat reicht Vorstoss ein
Auch Christian Egeler, FDP-Grossrat für Grossbasel West, ist vom Vorgehen der Regierung befremdet. Er will zwar die geplante Asylunterkunft nicht generell in Frage stellen, denn: "95 Prozent der Asylbewerber machen keine Probleme, und läuft der Betrieb einmal, stellen sich die Ängste meist als unbegründet heraus. Aber die Kommunikationspolitik im Zusammenhang mit dem Projekt Hinterhaus ist in Frage zu stellen." Es gehe nicht an, dass die Anwohner von einer geplanten Asylunterkunft aus den Medien erfahren müssen.
Egeler wird deshalb in Kürze eine Interpellation einreichen, um die Kommunikationspolitik der Regierung zu hinterfragen: Er wird sich dabei auf eine Antwort der Petitionskommisson an den Grossen Rat vom 5. November berufen. Die Petition wurde von der Bevölkerung an der Feldbergstrasse eingereicht. Sie fühlte sich den Plänen der Regierung übergangen, ohne vorgängige Information der Anwohner an der Feldbergstrasse eine Asylunterkunft einzurichten.
Auch Petitionskommission will bessere Informationspolitik
Zwar habe sie dort keine Probleme beim Betrieb feststellen können, schreibt die Petitionskommisison in ihrer Antwort an den Grossen Rat. Trotzdem fordert die Kommission die Regierung auf, die betroffene Bevölkerung jeweils besser zu informieren: "Die Petitionskommission bittet daher die Zuständigen im WSU, bei Planung eines neuen Asylwohnheimstandorts, selbst bei einer Zwischennutzung, das Gespräch mit der Anwohnerschaft schon in der Planungsphase, für einen Standort zu suchen, wie im Fall des Asylwohnheims beim Felix Platter-Spital. Nur so können Ängste und Befürchtungen in der Bevölkerung abgebaut und ihr Vertrauen in die Behörden gestärkt werden."
Egeler zu OnlineReports: "Das heisst im Klartext, dass die betroffene Bevölkerung vorgängig über das geplante Projekt informieren werden sollte, bevor man an die Medien geht." Der Parlamentarier will auch erfahren, weshalb das WSU im Fall der Mittleren Strasse wieder schlecht kommunizierte.
Klare Antworten gefordert
Edward Merkelbach macht klar, dass er nicht gegen die Unterbringung von Asylsuchenden in der Stadt ist, aber: "Die Universität weiss nicht, wo sie ihre Studenten unterbringen soll. Es macht mehr Sinn an dieser Lage hier Studenten einzuquartieren." Da das Asylzentrum bereits beschlossene Sache sei, fordert er an der von der Regierung angesagten Informationssitzung für Anwohner im Januar klarere Antworten als bisher: "Uns wurde zuerst gesagt, es kämen keine Familien, jetzt heisst es es kämen Familien. Es sind kleine 1- und 2-Zimmer Wohnungen mit je einer Gemeinschaftsküche pro Stock. Wo sollen da Familien wohnen?" Weiter fordern sie über die Hausordnung informiert zu werden, über die Sicherheitsvorkehrungen und über das Besuchsrecht von dritten Parteien.
"Es ist doch sonnenklar, das eine solche Änderung Ängste auslöst", sagt Merkelbach. Das Vorgehen entspreche nicht den immer wieder geäusserten Absichten der Regierung von der direkten Bürgerbeteiligung: Die neue Basler Staatsverfassung enthält den Paragraphen 55, der eine Mitwirkung der Quartierbevölkerung festschreibt bei Projekten, die sie besonders betreffen.