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Anonyme Website will im Baselbiet Unruhe auslösen
Eine Website, ausgestattet mit dem offiziellen BL-Wappen und -Logo, versucht im Baselbiet mit Verschwörungstheorien Verunsicherung auszulösen. Die Regierung kündigt Strafanzeige an.
Liestal, 25. Oktober 2022
Wenn politische Websites mit merkwürdigen Inhalten auftauchen, ist es immer sinnvoll, zuerst das Impressum zu konsultieren. Daraus wird ersichtlich, entweder welche Personen für den Auftritt verantwortlich oder für ihn tätig sind, oder ob überhaupt Personen genannt werden.
Auf der Website "basel-land.info" weist das Impressum keine Namen aus, es operiert also anonym aus dem Hinterhalt. Das ist oft schon verdächtig, weil die Akteure im Dunkeln des Webs nicht öffentlich zu den Inhalten stehen, die sie der Leserschaft zumuten. Dies alleine ist schon Grund, solchen Auftritten mit äusserster Skepsis zu begegnen.
Staat als gewinnorientierte Firma
Im vorliegenden Fall heisst es dort, wo in der Regel Namen und eine gültige Adresse stehen sollten, unter anderem lapidar: "Als Baselbieter/innen oder einfach als friedliche freundliche Menschen im schönen Baselbiet wohnend, machen wir uns schon länger Gedanken über die Vorgänge im Kanton, in der Gemeinde, in der Schweiz, gar auf der ganzen Welt." Die "BZ Basel" hat den Fall öffentlich gemacht.
Weitere Links suggerieren, dass Amtsstellen, Gemeinden und der Kanton faktisch gar keine Dienstleister des Volkes mehr seien, sondern ohne Wissen der Bevölkerung zu "gewinnorientierten Kapitalgesellschaften" umgepolt worden seien. Die geschützte Text/Bild-Marke "Basel Landschaft" auf der Frontseite soll der Plattform einen halbwegs offiziellen Anstrich geben.
Zweck der Website soll es offenbar sein, in der Öffentlichkeit Verunsicherung zu stiften und die Bürgerinnen und Bürger zu aktivieren. So stehen zum Herunterladen "anpassungsfähige Briefvorlagen mit Fragen an die verschiedenen Instanzen und seine Angestellten" zur Verfügung". Als Adressaten empfohlen werden beispielsweise Kanton, Regierungsrat, Landrat, Stadtrat, Gemeindepräsident oder Geschäftsprüfungskommission, Polizei oder verschiedene Ämter.
"Weltbild aus den Fugen geraten"
In den Musterbriefen werden sodann Fragen gestellt wie "Stimmt es, dass unsere Gemeinde/ unser Kanton in eine Firma/ Kapitalgesellschaft überführt wurde?" oder "Sind Sie, Name Vorname, als Geschäftsführer mit rechtsgültiger Unterschrift im Handelsregister (SHAB) eingetragen? Wer hat Ihnen die Prokura übertragen?"
In einer Briefvorlage an Gemeinderäte heisst es: "Da möchte ich gerne wissen, ob zum Beispiel alle Geburtsscheine, Eheschliessungen, Scheidungen, Grundbucheinträge, Baubewilligungen, Betreibungen, Pfändungen, Steuereinzüge etc. seit der Umwandlung unseres Staates, der Kantone und Gemeinden (samt Ämtern) in Firmen, wirklich Gültigkeit haben?" Vor dem "Danke, dass Sie mir Licht ins Dunkle bringen", steht im Musterbrief in reiner Verschwörungsmanier: "Mein 'Weltbild' ist aus den Fugen geraten und es besteht Klärungsbedarf."
Briefe sollen unbeantwortet bleiben
Regierungssprecher Nic Kaufmann besätigte gegenüber OnlineReports die BZ-Angaben, wonach der Kanton Strafanzeige wegen Markenrechts-Verletzung einreichen werde. Polizei-Sprecher Adrian Gaugler sagte, die Bewegung der Verschwörungstheoretiker werde "intensiv beobachtet".
Laut der Biel-Benkener Gemeindeverwalterin Caroline Rietschi, Präsidentin des "Gemeindefachverbandes Basel-Landschaft" (ehemals Gemeindeverwalterverband), wollen die Gemeinden nach Rücksprache mit der Polizei "koordiniert" vorgehen und diesbezügliche Anfragen gar nicht beantworten.
Aus Rückmeldungen hat die frühere Untersuchungsrichterin erfahren, dass tatsächlich bereits Briefe an kommunale Behörden geschickt worden seien. Dabei seien missbräuchlich Absender-Adressen verwendet worden von Leuten, die gar keine Briefe verschickt haben. Vereinzelt seien auch Adressen von Verstorbenen verwendet worden.
Durch den Adressen-Missbrauch, so Rietschi weiter, könnten unter Umständen auch weitere Tatbestände als nur markenrechtliche geltend gemacht werden.
Nachtrag vom 26. Oktober 2022. Heute Mittwoch ist die offiziell geschützte Text/Bild-Marke des Kantons Baselland von der Website verschwunden. Statt dessen steht dort nur noch in roter Schrift "Basel-Landschaft"
"Reichsbürger vermtuet"
Wenn ich mich nicht schwer täusche, hat das Regional-Journal BS/BL kürzlich über Briefe berichtet, die an verschiedene Adressen von Einwohnerinnen und Einwohnern im Kanton Basel-Landschaft verschickt worden seien – mit ähnlichen oder gleichen "Fragen". Dahinter werden sogenannte Reichsbürger vermutet. Die Bewegung stammt ursprünglich aus Deutschland und verbreitet dort die analoge Verschwörungstheorie, Deutschland sei privatisiert worden, der Staat existiere nicht mehr.
Gaby Burgermeister, Basel