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1'700 Forschende in Basel: "Umwelt" macht Gesunde krank
Das ist erstmalig: In Basel startete heute die in Sachen Umweltschutz und Gesundheit vorbildlich organisierte Internationale Konferenz "Environment and Health Basel" – als Wegbereiterin für alle zukünftigen Kongresse.
Basel, 19. August 2013
Ihren Durst werden die gegen 1'700 angemeldeten Wissenschafter und Wissenschafterinnen aus rund 75 Ländern mit einheimischem Wasser löschen dürfen. Kein von weit her gekarrtes San Pellegrino, kein Perrier und kein Valser-Wasser aus dem Hause Coca-Cola. Nein, einzig das gute alte Basler Hahnenwasser wird die Kehlen hinunterlaufen. Und wenn es um das Hungerstillen geht, erhalten die Teilnehmenden nur das Vernünftigste: Saisonale Nahrung aus der Region, biologisch angebaut, Vegetarisches oder wenigstens Esswaren aus dem Fair Trade-Sortiment.
Die "Vision einer grünen Wissenschaftskonferenz" für die globale Nachhaltigkeit beschränkt sich aber keineswegs nur aufs Leibeswohl der Angereisten. Die Konferenztaschen, die sie in Empfang nahmen, sind aus Bio-Baumwolle. Und 64 Prozent aller Konferenzteilnehmenden verzichten auf Papiere, nutzen die elektronischen Dokumente, was den Papierverbrauch erheblich reduziert hat. Auch die ganze Logistik der Konferenz wurde so ausgelegt, dass sie so wenig wie möglich Ressourcen frisst und Umweltschäden anrichtet. Selbst für die besonders Klima zersetzenden Flugreisen haben sich die Organisatoren etwas ausgedacht: Sie werden CO2-kompensiert. Mit rund 50'000 Franken sollen in Uganda effizientere Kochherde und in China Installationen für Energie aus Abfallgasen finanziert werden
Klimawandel, Feinstaub, Pestizide, Weichmacher
Es mag erstaunen, aber dieser Kongress mit ausdrücklichem Nachhaltigkeitsanspruch wurde nicht von Greenpeace oder ähnlichen Institutionen organisiert. Organisiert haben ihn die Mitarbeitenden des Schweizerische Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH), nachdem sich die drei internationalen Fachgesellschaften für die Erforschung von Krankheiten im Zusammenhang mit Umwelteinflüssen (ISEE, ISES, ISIAQ) erstmals zusammengeschlossen haben. Dies nicht zuletzt unter dem Eindruck, dass die "Umwelt" heute massgeblich vom Menschen geprägt wird und die fast überall wachsenden Zivilisationskrankheiten und Umweltprobleme eine Zunahme von teils auch neuen und nicht erforschten Krankheiten zur Folge haben, die bestenfalls nur gemeinsam und interdisziplinär bekämpft werden können.
So erklärte Nino Künzli, Professor für Sozial- und Präventivmedizin an der Universität Basel und Vizedirektor des Swiss TPH, an der heutigen Medienorientierung: "Die Konferenz versammelt viele der weltweit wichtigsten Wissenschaftler an der Schnittstelle Umwelt und Gesundheit." Und so werden sich nun bis Freitag an der Internationalen Konferenz "Umwelt und Gesundheit Basel" Epidemiologen, Mediziner, Biologen, Geographen und Fachleute aus dem Gesundheitswesen beider Geschlechter Gedanken machen zu einigen brennenden Themen. Und die wären, so Martin Röösli, Assistenzprofessor für Umweltepidemiologie in Basel, beispielsweise Umweltbelastungen durch Feinstaub, Pestizide, Plastikweichmacher, langlebige organische Schadstoffe, Klimawandel, Metalle und gesundheitsschädliche Nahrungsmittel.
Elektrosmog, DDT, Fukushima, Nano-Technologie
Harte Auseinandersetzungen werden beim Für und Wider des Einsatzes des in Basel entwickelten DDT erwartet. Besprochen werden sollen aber auch die unerforschten Gefahren durch die breit eingesetzte Nano-Technologie, die überall zunehmenden elektromagnetischen Strahlungen oder Dinge wie die Krebsentstehung bei Jugendlichen in Fukushima.
Das umfangreiche Konferenzprogramm mit seinen gegen 2100 wissenschaftlichen Beiträgen könnte einem allein schon durch seine zahlreichen Problemthemen Angst und Bange machen. Sie zeigen jedenfalls deutlich, wie zwingend wichtig eine intakte Natur für unsere Gesundheit ist. So präsentiert dieser Kongress in seltener Konzentration die bislang erfassten gesundheitlichen Risiken. Wenn auch nicht alle, wie beispielsweise die weit unterschätzten und kaum diskutierten Auswirkungen von aktiven Armeen, Waffentests oder auch Kriegen auf die Umwelt der betroffenen Regionen und ihrer Bevölkerungen.
Jedenfalls wollen Nino Künzli (Bild) und sein Team zu Ergebnissen kommen, von denen die weniger entwickelten Länder profitieren können: "Es ist uns ein zentrales Anliegen, dass das Wissen zu den gesundheitlichen Wirkungen der Umwelt auch dort bekannt und umgesetzt wird, wo die Probleme am dringlichsten sind." Künzli liess keine Zweifel offen, dass auch bei uns noch kräftig an der Umsetzung gearbeitet werden muss, da es auch hier am Umsetzungswillen im täglichen Dasein mangelt. Darum der von Martina Ragettli realisierte Versuch, diese Konferenz nach ökologischen und gesundheitlichen Kriterien abzuhalten. Das sei keineswegs leicht gefallen, berichtete Ragettli, weil immer wieder Schwierigkeiten besonderer Art auftauchten. Da Mineralwasserflaschen nicht in Frage kamen, mussten beispielsweise Wasserkrüge organisiert werden.
Gegenüber OnlineReports liess Künzli durchblicken, dass das spontane Verständnis für die rücksichtsvollen Massnahmen der Organisatoren bei vielen Teilnehmenden zunächst schlichtweg gefehlt habe. Und ob nach der Konferenz andere Organisatoren die Nachhaltigkeitsidee weitertragen werden, könne er leider nicht sagen – aber er hoffe es natürlich.
Weiterführende Links:
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