© Foto by OnlineReports.ch
Initiative will Staatsangestellten an den "Speck"
Einfachere Entlassungen, kein Lohnerhöhungs-Automatismus für Baselbieter Staatsangestellte: Dies verlangt eine heute Donnerstag lancierte Volksinititative der "Liga der Baselbieter Steuerzahler". Der Finanzdirektor übt daran Kritik.
Liestal, 16. Februar 2012
Wenn nach der Volksabstimmung in rund einem Jahr wahr wird, was die formulierte Gesetzesinitiative der "Liga der Baselbieter Steuerzahler" verlangt, müssen sich die 7'500 Baselbieter Staatsangestellten warm anziehen.
"Liga"-Präsident Gilbert Hammel, hauptberuflich Liestaler Treuhänder und Fachhochschuldozent, und "Liga"-Geschäftsführer und FDP-Landrat Christoph Buser, der designierte Direktor der Wirtschaftskammer Baselland, stellten das Volksbegehren "Für einen effizienten und flexiblen Staatsapparat" (so die offizielle Bezeichnung) an einer Medienkonferenz vor. Es handelt sich übrigens um die erste von der "Liga" je lancierte Initiative.
"Lohn-Automatismus brechen"
Hinter der offiziellen Bezeichnung steht die Forderung nach einer radikalen Abkehr der heutigen Lohn- und Anstellungbedingungen beim Kanton Baselland als Arbeitgeber. Das heute noch geltende staatliche Personalrecht, das bezüglich Lohnentwicklung und Pensionskasse-Regelung als komfortabel gilt, soll den rauheren Sitten der Privatwirtschaft angepasst werden. Hammel sagte es deutlich: "Den Automatismus in der Lohnerhöhung durch Stufenanstieg wollen wir brechen." Die Regierung soll damit "die Möglichkeit haben, zu führen". Heute herrsche eine "kollektive Nicht-Verantwortung".
Die Initianten stören vor allem zwei Fakten: Dass Staatsangestellte auch fünfzehn Jahre nach Abschaffung des Beamten-Status so gut nicht entlassen werden können ("im Kanton Zürich genügt ein sachlicher Grund zur Kündigung"), und der Automatismus bei der Lohnerhöhung, der zu einem ständigen Anstieg des Personalaufwands führe. Buser stört ausserdem, dass die kantonale Verwaltung im Rahmen des 180 Millionen-Entlastungspakets der Regierung "nicht berührt" wurde, wie er ausführte.
Der schärfere Wind, dem die Staatsangestellten ausgesetzt werden sollen, soll durch rund ein halbes Dutzend markante Änderungen des Personalgesetzes entfacht werden.
Fünf Jahre Durststrecke
• Die Lohnentwicklung soll sich "in erster Linie an der finanziellen Situation des Kantons" sowie an einem "marktgerechten und zeitgemässen Lohnniveau" orientieren.
• Entlassungen sollen künftig wie in der Privatwirtschaft möglich sein. Auf ordentliche Kündigungen soll künftig das Obligationenrecht anwendbar sein, wie es in den Kantonen Zürich, Zug, St. Gallen und Luzern schon Praxis ist. In Ausnahmefällen soll das Kantonsgericht Abgangsentschädigungen zusprechen können.
• Bis Ende 2017 dürfen die Gesamtlohnkosten maximal um den Teuerungsausgleich wachsen, was einem Einfrieren der Löhne gleichkommt. Ausserdem darf der Teuerungsausgleich nicht mehr automatisch vorgenommen werden, sondern nur, soweit es die Finanzlage des Kantons zulässt. Während diesen fünf Jahren soll der automatische Stufenanstieg fallen und nur noch bei ausserordentlich guter Leistung gewährt werden.
Effizienz-Wirkung von 75 Millionen Franken
Mit welchen Einsparungseffekten die Initianten rechnen, mochten sie nicht im Detail erklären. Erst auf bohrende Journalisten-Fragen konkretisierte Gilbert Hammel eine ungefähr erwartete Grössenordnung von jährlich 75 Millionen Franken. Dies würde einem Sparpotenzial von zehn Prozent der Stellen entsprechen, wie Hammel anhand eines theoretischen Beispiels erläuterte. Dabei präzisierte er: "Wir möchten nicht auf die Mitarbeiter spielen, sondern auf Flexibilität."
Mit der Initiative soll laut Buser "die Dringlichkeit der Sparmassnahmen unterstrichen" werden: "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand." Das Volksbegehren soll schon in zwei Monaten eingereicht werden. Mit einer Volksabstimmung wird im ersten Halbjahr 2013 gerechnet.
Auf die Frage von OnlineReports, ob die Initiative mit dem freisinnigen Baselbieter Finanzdirektor Adrian Ballmer abgesprochen worden sei und ob er das Begehren als oberster staatlicher Personalchef unterstütze, blieben die Antworten schwammig: "Das müssen Sie am besten ihn selbst fragen." Die Initiative sei ihm letzten Dezember anlässlich einer Landratssitzung vorgelegt worden. Beanstandungen seien keine erfolgt. Das wäre kein Wunder: Ballmer war früher selbst langjähriger Präsident der "Liga der Baselbieter Steuerzahler".
Scharfe Kritik von Adrian Ballmer
Doch gegenüber OnlineReports widersprach der Finanzdirektor heftig dem Eindruck, er stehe der Initiative positiv gegenüber. "Ich habe vor vielen Monaten beiläufig einen vertraulichen Entwurf ausgehändigt bekommen, dann aber nichts mehr davon gehört." Ermuntert habe er "die Initianten bestimmt nicht". Die Regierung hat eine Landrats-Vorlage betreffend "Änderung der personalrechtlichen Bestimmungen über die Probezeit, die Kündigung und die Abgangsentschädigung" beschlossen, die derzeit von der landrätlichen Personalkommission beraten wird.
Ballmer weiter: "Als fairer und sozialer öffentlicher Arbeitgeber basiert unsere Personalpolitik auf den Prinzipen des Verwaltungsrechts – nicht des Privatrechts. Dies bedeute Rechtsgleichheit, Verhältnismässigkeit, Willkürverbot, Handeln nach Treu und Glauben. Die "unausgegorene Gesetzesinitiative" kollidiere mit "unserer ausgewogenen Landratsvorlage".
Laut dem Finanzdirektor beinhalte das Entlastungspaket im übrigen "auch ambitiöse direktionsübergreifende Massnahmen, die auf Effektivität und Effizienz der Kantonsverwaltung zielen".
Weiterführende Links:
- Regierung zur "Abspeck"-Initiative: "Beamten-Bashing"