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© Foto by www.citadellehumanitaire.ch


Zivilcourage für eine Wüstenbastion der Menschlichkeit

André Rochat, dem wegweisenden, gefeierten und schliesslich gefeuerten IKRK-Missionschef im jemenitischen Bürgerkrieg der sechziger Jahre wurde ein bemerkenswerter Dokumentarfilm gewidmet. Dieser zeigt auch die Bürden selbstloser humanitärer Einsätze in einer Welt aus Leid, Machtmissbrauch und Tod.
Basel, 31. Januar 2009

Was Kriegsleiden wirklich bedeuten, wissen in der kriegsverschonten Schweiz nur ganz wenige. Zu ihnen gehören die Frauen und Männer des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). Sie erleben in den Kriegsgebieten oft die fürchterlichsten Dinge. Diese beschränken sich nicht nur auf die toten, verstümmelten, panischen, verzweifelten und entwurzelten Kinder, Frauen und Männer, die IKRK-Mitglieder erfahren auch die Folgen der menschenverachtenden Schachzüge der Stärkeren und Mächtigeren.

Sie wären also die besten Augenzeugen, die glaubhaftesten Berichterstatter, aber sie dürfen kaum je etwas sagen oder berichten: Das IKRK hat sich im Namen aller Kriegsopfer und der strikten Neutralität höchste Diskretion auferlegt. Seinen Schweizerinnen und Schweizern soll nicht der Vorwurf der Parteilichkeit gemacht werden können. Ergo wissen wir auch nur sehr wenig über die oftmals sehr mutige Arbeit der IKRK-Leute, welche die Auswirkungen der Kriege unter Einsatz ihres Fachwissens und Lebens erträglicher zu machen versuchen.

Jetzt aber bringt der Film "Citadelle Humanitaire" vom Schweizer Regisseur Fréderic Gonseth und seiner Lebenspartnerin Catherine Azad Licht in das Wirken des IKRK der sechziger Jahre. Damals tobte im Jemen ein jahrelanger, erbitterter Bürgerkrieg zwischen den von Saudi-Arabien unterstützten Monarchisten und den von Ägypten verstärkten Republikanern. Dazwischen, mitten in der Wüste und muslimischen Stammeskämpfern, denen die humanitären Prinzipien eines Henri Dunant völlig unbekannt waren, installierte sich das IKRK, um der Zivilbevölkerung und den verwundeten Kämpfern beider Parteien erstmals überhaupt in einem islamischen Gebiet medizinische Hilfe zu leisten. Als Missionschef, der auf keinerlei Erfahrungen in diesem Kulturraum bauen konnte, wirkte der Hotelfachmann André Rochat (Bild oben, gestikulierend).

Eigensinnig, effizient und respektiert

Die "Bastion der Menschlichkeit" (deutscher Titel) zeigt auf packende Weise anhand damaliger Filmdokumente, Zeitzeugen und einer Reise in den heutigen Jemen vorab das Wirken dieses ausserordentlich talentierten Organisators und Diplomaten, der den in brütend heissen Zelten (Bild, unten), in Containern oder in Höhlen unter primitiven Bedingungen operierenden Schweizer Ärzten und Krankenschwestern ein nicht immer geliebter, doch jedenfalls respektierter Vorgesetzter war. Als ein zumindest unbequemer und eigensinniger Mitarbeiter wurde André Rochat auch von vielen Vorgesetzten in der IKRK-Zentrale im fernen Genf empfunden.

Der Missionschef musste dauernd improvisieren, zudem zeichnete er sich durch eine ausserordentliche Zivilcourage aus. Sie führte unter anderem dazu, dass er und sein Team den Einsatz von Giftgas (durch Ägypten) bekannt machten. Sie half ihm aber auch, fast sieben Jahre lang die Anerkennung beider Kriegsparteien zu sichern, zusammen mit der Crew zahlreiche Menschen zu retten und der humanitären Hilfe des IKRK ein erkennbares Gesicht zu geben. Verdienstvollerweise zeigt der Film auch, wie sich Rochat nach dem Jemen-Einsatz engagierte. Dabei wird klar, wie humanitäre Hilfe von den Parteien auch abgestraft werden kann. Rochat erreichte den überhaupt ersten Gefangenenaustausch zwischen Israel und den Palästinensern. Die Israeli liessen den gefeierten Vermittler später jählings fallen, als sich dieser zur gütigen Lösung einer Flugzeugentführung von Palästinensern als Geisel nehmen liess.

Fehlinterpretiertes Engagement mit Folgen

Der Druck Israels auf das IKRK führte laut dem Film nach 35 Dienstjahren schliesslich zur Entlassung des engagierten Vermittlers. Damit erlitt Rochat das schmerzhafte Schicksal einiger anderer couragierter IKRK-Mitarbeiter, die nach Auffassung der Genfer Zentrale die strengen Regeln der Diskretion und Neutralität gebrochen haben sollen. Einige betroffene Ärzte, die die von ihnen beobachteten Verletzungen der Genfer Konvention - aktuelle Beispiele sind die verweigerten Hilfeleistungen und der Beschuss der Zivilbevölkerung und Spitaleinrichtungen in Gaza durch Israel - bei Bedarf auch publik machen wollten, gründeten deshalb die bei der Informierung der Weltöffentlichkeit weniger zurückhaltende Organisation "Ärzte ohne Grenzen" (Médecins sans Frontières, MSF).

Einer der Initianten war der langjährige Basler IRKR-Mitarbeiter Rio Spirgi. Der Kriegschirurg mit jüdischen Wurzeln nahm nach seinem IKRK-Einsatz zwischen Israelis und Palästinensern enttäuscht den Hut, um als Arzt dem Palästinensischen Roten Halbmond zu helfen.  Spirgi gehörte aber als Mitarbeiter des Schweizerischen Roten Kreuzes auch zur ersten Ärzte-Equipe, die für André Rochat damals im Jemen im Einsatz stand. Der heute über 80 Jahre alte Rochat, kürzlich von IKRK-Chef Jakob Kellenberger rehabilitiert, hat den Rauswurf aus der Organisation nie ganz verschmerzt. Dies wie auch der hohe Erinnerungswert für die heutigen Menschen im Jemen selbst kommen in diesem vielschichtigen, sorgfältig recherchierten und zusammengestellten Film gut zum Ausdruck.

An der deutschsprachigen Premiere vom Mittwoch im Museum der Kulturen in Anwesenheit von Frédéric Gonseth vorgestellt, wurde der Dokustreifen vom Basler Orthopädieprofessor Werner Müller als überaus wertvoll gelobt: Auch er half damals im Jemen. Dieser Einsatz, versicherte er gegenüber OnlineReports, habe ihn Grundlegendes über andere Kulturen gelehrt. Zum Beispiel, dass es verschiedene Logiken gibt. Etwas, was das IKRK als schweizerische Vorzeige-Institution auch heute noch jeden Tag neu erfahren muss. Indem ihm, nur ein jüngstes Beispiel, die sofortige Hilfeleistung in einem Kriegsgebiet voller ziviler Opfer einfach verboten wird.




Weiterführende Links:
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