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Wenig Hoffnung für das Stehenlassen der Indianerwälder
Trotz Klimawandel und Klimakonferenzen nimmt der Druck auf die Urwälder weiterhin zu. Was sich derzeit Unkontrolliertes in Südamerika abspielt, zeigten Vorträge vor dem Baselbieter Verein zur Unterstützung indianischer Landforderungen.
Birsfelden, 13. Februar 2011
Keine Verschnaufpause für die Ureinwohner der südamerikanischen Urwälder: Sie sehen sich weiterhin mit dem beinahe ungebremsten Ansturm von Eindringlingen konfrontiert, die ihre Lebensgrundlagen zerstören. Holz- und Energiekonzerne, Regierungsbeauftragte, Plantagenanleger und Siedler beispielsweise.
Dies brachten zwei Referenten am Freitagabend an der Jahresversammlung des Baselbieter Vereins zur Unterstützung indianischer Landforderungen im paraguayischen Grand Chaco zum Ausdruck. Präsident Rolf Scheibler berichtete im Restaurant "Hard" in Birsfelden, nun würde auch in den Reservaten abgeholzt. Überdies versuchten sich Käufer aus Brasilien und Europa, aber auch dort ansässige Mennoniten so viel wie möglich Indianerland anzueignen. Dies wiederum treibe die Preise hoch.
Schweizer Geld für Sicherung von Indianerland
Der Verein versucht selber seit 12 Jahren mit erfreulichem Erfolg so viel wie möglich Land für die Ayoreo-Totobiegosode zu kaufen. Auch für die benachbarten Nivaclé-Manjui wurde vor allem zu Beginn Land erworben. Die gekauften Parzellen gehen jeweils in den Besitz der beiden Indianergruppen über. Damit hilft der Verein, die Indigenen vor dem totalen Ausverkauf ihrer Heimat zu schützen. Derart ermuntert, haben sich 2006 die Totobiegosode entschlossen, den verschiedenartigen Bedrohungen ihrer Identität eine eigene Organisation entgegenzusetzen. Sie heisst Opit und konzentriert sich zurzeit auf die Durchsetzung ihrer Rechte beim Staat, auf das Schulwesen und die medizinische Versorgung.
Vor allem einige der bekannten Totobiegosode-Gruppen lebten noch vor teils nur wenigen Jahren unerkannt im Chaco-Urwald. Für sie (Bild: Familie) sind die eindringenden Grossfarmer, Siedler und Firmen eine lebensbedrohende Gefahr, der sie ohne die Unterstützung des Vereins und seiner ortsansässigen Partnerorganisation Gente, Ambiente y Territorio (GAT) schutzlos ausgeliefert wären. Dies, obwohl Paraguay eine äusserst fortschrittliche Staatsverfassung besitzt. Rolf Scheibler gegenüber OnlineReports: "Seit 1997 haben wir gegen 35'000 Hektar Land sichern können." In diesem Zeitraum sammelten die 220 Mitglieder des Vereins 1'850 Millionen Franken. Davon seien lediglich 26 000 Franken für die Verwaltung verwendet worden.
Amazonas im Visier der Grossinvestoren
Ähnlich wie in Paraguay, in Kanada, im Kongobecken oder in den asiatischen Urwäldern müssen auch die Indigenen Brasiliens um ihr Überleben kämpfen. Wie sich die Bedrohungslage weitgehend gleicht, machte Gastreferent Christoph Wiedmer deutlich. Der Direktor der Gesellschaft für bedrohte Völker Schweiz (GfbV) griff das aktuelle Beispiel am Xingu-Fluss auf, wo nun mit dem umstrittenen Projekt Belo Monte das drittgrösste Stauwerk der Welt rasch und teils widerrechtlich gebaut werden soll – ohne dass die direkt betroffenen Indianer etwas dazu zu sagen hätten. Wiedmer erklärte, der Amazonas sei im Visier fortschrittsgläubiger Politiker und Entwickler, die gar nicht gewillt seien, auf Menschenrechte oder Umweltbewahrung wirklich Rücksicht zu nehmen.
Für die Erschliessung des Amazonas seien 125 Milliarden Dollar bereitgestellt, das Gebiet beherberge riesige Vorkommen an Gold, Silber, Kupfer, Zink und natürlich Holz. Dagegen seien die Waldindianer kaum organisiert, teils auch zerstritten. Um so wichtiger sei es, meinte Wiedmer, dass spezialisierte Menschenrechts- und Umweltorganisationen die Indigenen unterstützten. Dringlich wäre auch eine Studie zur Erschliessung des Amazonas, in der die Bedrohungen wie auch Lösungsansätze für die Indigenen aufgezeigt werden. Christoph Wiedmer: "Leider fehlen hierzu die Mittel, dabei ist der Druck der Regierung und der Konzerne auf den Amazonas enorm."
Im Zentrum das indianische Selbstbestimmungsrecht
Dennoch müsse alles unternommen werden, um den Waldindianern zur Seite zu stehen. Dies nicht einfach blauäugig oder patriarchalisch, sondern nach deren eigenem Willen. Hierzu, präzisierte der GfbV-Leiter, sei die Anwendung des sogenannten Free, Prior and Informed Consent (FPIC) unabdinglich. Mit diesem Instrument wird die Umsetzung des Prinzips der freien, rechtzeitigen und informierten Zustimmung durch die Indigenen garantiert. Sie, die in ihrem Wald leben, sollen das letzte Wort haben über das Schicksal ihres Lebensraums.
Doch davon scheint die brasilianische Regierung weit entfernt zu sein. Sie wolle den Urwald für ihre Zwecke nutzen, unter Wasser setzen oder abholzen. Und dies, wie Wiedmer feststellte, trotz ihrer grossartigen Versprechen, die brasilianischen Wälder zu schonen – des Weltklimas wegen.
Weiterführende Links:
- Und plötzlich standen die Waldindianer da
- Alternativer Nobelpreis für "Indianerbischof" Kräutler
- Riesenstaudamm Belo Monte bedroht 20'000 Indianer
- Ernst Beyeler ruft zum Schutz des bolivianischen Tropenwaldes auf
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