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Jürg Meyer: Der Anwalt der Schwächsten ist gestorben
Basel, 28. April 2021
Er war fraglos eine Institution in der Stadt Basel. Zahlreichen armen Menschen in der Stadt und auf der ganzen Welt stand er bedingungslos mit Rat und Tat zur Seite, wenn sie Hilfe brauchten, und das war fast immer. Heute Mittwoch ist der Journalist und Politiker Jürg Meyer im Alter von 82 Jahren im Claraspital friedlich eingeschlafen.
Körperlich schon stark geschwächt, aber im Kopf bis zum Schluss "topfit", wie Freunde schildern, erholte er sich von einer Corona-Erkrankung. Doch wurde bei ihm auch eine Krebserkrankung festgestellt, die er nicht mehr meisterte.
Ein konsequenter Linker
Der promovierte Jurist war bis auf die Knochen ein deutlicher und konsequenter Linker, aber weder ein lauter noch ein verbissener. Von 2007 bis 2020 gehörte er der SP-Fraktion des Grossen Rates an. Wenn sie seine Haltung auch nicht teilten, so zollten ihm auch die bürgerlichen Parlaments-Mitglieder immer Respekt. Traf man ihn auf der Strasse, so wusste er unverzüglich von Ungerechtigkeiten dieser Welt zu erzählen. Dabei liess er immer wieder unverhofft Schalk durchblicken.
Die Vorstösse, die er als Kantonsparlamentarier eingereicht hatten, lesen sich wie ein Vademekum seiner politischen Biografie – die Rechte der Minderheiten: Alle Aspekte der Sozial- und Ausländerpolitik, häusliche Gewalt, Behinderten-Diskriminierung oder Rentenpolitik.
60 Jahre Mietpolitik
Einen besonderen Zugang hatte er zur Wohnungspolitik. Geschlagene 60 Jahre gehörte er dem Vorstand des Basler Mieterinnen- und Mieterverbandes an. An drei Vorstandssitzungen habe er gefehlt – krankheitshalber. Seine juristische Sachkunde brachte er als ordentlicher Mietervertreter in die Hauptkammer der Mieterschlichtungsstelle ein.
Jürg Meyer war während Jahrzehnten Lokalredaktor der "National-Zeitung" und später der "Basler Zeitung". In dieser Funktion berichtete er immer auch aus dem Grossen Rat. Aufs Äussere gab er nichts, der kommunikative Zugang zu ihm war nicht leicht. Sein Antrieb war die karitative Hilfe gegenüber allen, die ganz unten stehen, seien es Werktätige, Arbeitslose, Mieterinnen oder Flüchtlinge. Er war ein Menschenfreund im besten Sinne.
"Freundschaftlich und treu beigestanden"
Ich habe ihn als uneigennützigen Besucher, Begleiter eines schwer psychisch kranken Mannes kennengelernt. Diesem ist er über Jahrzehnte freundschaftlich und treu beigestanden.
Im weiteren habe ich ihn als Berichterstatter an 1. Mai-Kundgebungen erlebt. Dabei ist mir aufgefallen, dass er handschriftlich Sätze schreiben konnte, ohne aufs Blatt zu schauen, währenddem seine visuelle Aufmerksamkeit der weiteren Umgebung galt.
Ich muss gestehen, dass ich ihn über längere Zeit unterschätzt hatte. Danke Jürg.
Willi Senn, Lausen
Grosses Engagement für Chile-Flüchtlinge"
Jürg Meyer bleibt mir in eindrücklicher Erinnerung. Vor 35 Jahren hat er die Freiplatzaktion für Chile-Flüchtlinge aktiv unterstützt und getragen.
Sein Engagement war gross. Danke Jürg.
Andreas Meyer, Wangen bei Dübendorf
"Wahrhaft guten Mensch"
Ein würdiger Nachruf auf einen wahrhaft guten Menschen.
François Fricker, Basel
"Jürg Meyer war ..."
... einzigartig! Danke für Deinen immerwährende Einsatz für die Schwachen.
Steffi Luethi-Brüderlin, langjähriger Banknachbar im Grossen Rat, Basel
"Ein grosses Engagement"
Ein grosses Engagement für die wenig Privilegierten, leistete Jürg Meyer über viele Jahre in der Inspektion der Kleinklassen Basel-Stadt. Seine Schulbesuche waren zurückhaltend und von Freundlichkeit und Wohlwollen geprägt. Sein voluminöses und kurzes "So", wenn er angesprochen wurde, bleibt in Erinnerung. Es mag die Brücke gewesen sein, bis sein Kommentar stockend aus ihm herauspurzelte.
Zum Erstaunen der anfänglich etwas irritierten Schülerinnen und Schüler, schrieb er seine Notizen auf ein Blatt, ohne die Bleistiftspitze mit den Augen verfolgen zu müssen.
Unser Lehrerteam freute sich auf seine Besuche. Er beehrte uns sogar mit einer Visite in die abgelegensten Lagerorte wie S-carl im hintersten Zipfel des Unterengadins, wo er gar eine Nacht mit uns verbrachte. Bei seiner Ankündigung des Besuchs fragte er schüchtern, ob er einen Pullover mitnehmen müsse.
Margrit Schneider und Viktor Krummenacher, Basel und Bottmingen