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Indianer Leonard Peltier: Kein Pardon durch Obama
Leonard Peltier (72), der zu einer lebenslangen Haft verurteilte indianische Bürgerrechtler, muss trotz weltweiter Unterstützung und 41 Jahren Haft im Gefängnis bleiben – sofern nicht noch ein Wunder geschieht.
Basel, 19. Januar 2017
Auch der morgen Freitag aus dem Amt scheidende 44. US-Präsident Barack Obama scheint den zweimal zu lebenslänglicher Haft verurteilten Anishinabe Lakota-Indianer Leonard Peltier nicht begnadigen zu wollen.
Dies zeigt eine E-mail (Bild) des Justizdepartements an Peltiers New Yorker Rechtsanwalt Martin Garbus. Im Schreiben steht, man habe das Begnadigungsgesuch "No. C179410" im Weissen Haus und im Departement selbst "sorgfältig" geprüft. Dabei sei man zum Schluss gekommen, dass "günstige Massnahmen nicht gerechtfertigt" seien. Darum habe der Präsident am 18. Januar 2017 das Gesuch abgelehnt. "Bitte teilen Sie dies dem Klienten mit."
Dem indianischen Bürgerrechtler Peltier wurde in einem auch von bedeutenden Juristen wegen gravierender Verfahrensfehler kritisierten Rechtsverfahrens die Erschiessung zweier FBI-Agenten angelastet, welche bei einer Schiesserei am 26. Juni 1975 in Oglala im Pine Ridge Reservat der Lakota in Süd Dakota ums Leben kamen.
Breite Bitte um Freilassung
Seit 41 Jahren lebt nun der heute schwer kranke und 72 Jahre alte Peltier weggesperrt in Hochsicherheitsgefängnissen. Sein Schicksal hat unterdessen Millionen von Menschen bewegt und verschiedene US-Präsidenten mit der Bitte konfrontiert, den offensichtlich zu Unrecht verurteilten Indianer freizulassen.
Dafür eingesetzt haben sich auch zahlreiche Persönlichkeiten wie beispielsweise Nelson Mandela, Desmond Tutu, Mutter Theresa, Michael Gorbatschow, König Albert von Belgien, Jesse Jackson, Harry Belafonte, Jane Fonda, Rigoberta Menchu, Simon Wiesenthal, Kris Kristofferson, Richard von Weizäcker und Oliver Stone. Robert Redford, der einen Dokumentarfilm über den "Zwischenfall von Oglala" drehte, und sein Kollege Roberto de Niro versuchten jüngst Barack Obama von der Notwendigkeit eines Gnadenaktes zu überzeugen.
"Indianerführer" versus "kaltblütiger Mörder"
Am Mittwochabend forderte die Indianerunterstützungs-Organisation Icomindios Schweiz in Bern vor der US-Botschaft die Freilassung des Indigenen. Und heute bat die Chefredaktion der "New York Times" Obama, dem inhaftierten Führer des American Indian Movement die Freiheit zu schenken. Dies im Gegensatz etwa zur "Chicago Tribune", die sich gegen eine Begnadigung des "kaltblütigen Mörders" aussprach: "Never!".
Für Peltiers Entlassung setzten sich in den letzten Dekaden allerdings auch Amnesty International, zahlreiche Mitglieder des Europa-Parlaments, des US-Kongresses, des kanadischen Parlaments und des deutschen Bundestages ein. Doch nützte bisher alles nichts.
Fünf Präsidenten gegen die Freilassung
Vor vier Jahren hatte US-Präsident Barack Obama bereits einmal davon abgesehen, den "Nelson Mandela Amerikas" in die Freiheit zu entlassen. Dagegen soll sich mit aller Macht immer wieder die FBI-Behörde stemmen.
Dass der abtretende Friedensnobelpreisträger und Jurist auch diesmal keine Gnade lassen will, wollen viele seiner Unterstützer und Unterstützerinnen nicht glauben: Sie zählen die ablaufenden Stunden bis zur Ende seiner Amtszeit morgen Freitag. Und sie hoffen auf ein Wunder. Trifft dieses nicht ein, werden sie nicht nur vom ersten "schwarzen" Präsidenten der USA schwer enttäuscht sein.
Sie werden auch noch stärker mit einer alten, beissenden Frage konfrontiert: Warum hatte bislang keiner der Präsidenten – Ronald Reagan, George Bush, Bill Clinton, George W. Bush und nun Barack Obama – den Mut, dem heute bekanntesten Indianer und "politischen Gefangenen" des Landes die Freiheit zu schenken? Keine der Regierungen hatte dafür je die wahren Gründe offengelegt.
Nachtrag vom 21. Januar 2017: Präsident Barack Obama hat gestern Freitag sein Amt an den Republikaner Donald. J. Trump übergeben, ohne Leonard Peltier zu begnadigen. Damit schwindet die Chance des kranken Anishinabe Lakota-Indianers, in seinem Leben jemals wieder ein freier Mann zu sein. Gemäss dem Nachrichtenportal "Indian Country Media Network" sollen sich zuletzt auch Papst Franziskus und der damals gegen Peltier ermittelnde Staatsanwalt James Reynolds per Schreiben für eine Begnadigung eingesetzt haben.
Gegenüber dem Journalisten Kevin McKiernan, der vor wenigen Tagen mit dem Gefangenen auf der Website "Indian Country Media Network" noch ein langes Audio-Interview führte, versicherte Peltier: "Sollte ich freigelassen werden, würde ich wieder für mein Volk da sein."
Daraus wird nun nichts in Freiheit. Seiner Familie wie auch seinen Unterstützerinnen und Unterstützern gegenüber gab sich Leonard Peltier standhaft: "Ich werde fest weinen ("I will have a good cry"), mich dann wieder fassen und auf die nächsten Kämpfe vorbereiten – bis ich keine Kraft mehr habe. So macht euch keine Sorgen: Nach über 40 Jahren (Haft) kann ich mit allem umgehen."
Weiterführende Links:
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- Leonard Peltier: Dem "Mandela der USA" droht Tod im Gefängnis
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