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Bürgerliche betonen 20 Jahre Regierungs-Erfahrung
In Krisenzeiten könne sich Basel-Stadt erst recht "keine linken und rechten Experimente leisten". Deshalb betonen die vier bürgerlichen Bewerbenden die Wichtigung von "Verlässlichkeit und Führung" in der neuen Amtszeit der Basler Regierung.
Basel, 19. August 2020
Den bürgerlichen Parteien geht es darum, die vor 16 Jahren etablierte rot-grüne Mehrheit in der siebenköpfigen Kantonsregierung zu brechen und Bestimmungshoheit zu erlangen. Vier Kandidierende treten zu diesem Zweck zu den Wahlen vom 25. Oktober an, alle Anfang bis Mitte vierzig: Sicherheitsdirektor Baschi Dürr (FDP), Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger (CVP), Conradin Cramer (LDP) und die neu als Regierungspräsidentin kandidierende Stephanie Eymann (LDP).
Während Rot-Grün mit einer Gesamt-Regierungserfahrung von gerade mal fünf Jahren vor einer starken Erneuerung steht, streichen die drei bürgerlichen Parteien die 20-jährige Erfahrung ihrer Kandidaturen hervor.
"Das braucht es, um Basel weiter zu bringen", betonte Baschi Dürr zum Wahlkampf-Auftakt heute Mittwochmorgen im Hof des "Löwenzorns". Der Kanton brauche gerade in der "grössten Krise seit Jahrzehnten wie der Corona-Pandemie eine Regierung, die "ihren Kurs auch bei Gegenwind beibehält". Das bürgerliche Quartett vertrete eine "gemeinsame Wertebasis" mit einer "offenen Gesellschaftsordnung", die "Vielfalt in der Freiheit" garantiere.
Gerade diese Vielfalt werde aber sowohl von links ("jede Minderheit braucht ein Förderprogramm") wie von rechts ("Angst vor dem Andern") gern problematisiert, so Dürr weiter.
Corona legte Kooperationsschwächen frei
Ihre Präsentation hielten die vier Bewerbenden in einer erfrischend neuen Form ab, indem sie nicht selbst ihre Vorzüge und Leistungsnachweise betonten. Vielmehr überliessen sie diese Aufgabe jeweils ihren Mitbewerbenden.
So hob Dürr an seinem langjährigen Freund Conradin Cramer das neue Tagesbetreuungsgesetz als eines der modernsten und liberalsten der Schweiz hervor. Es schaffe die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, was auch "für uns" ein zentrales Anliegen sei, aber es sei "ganz bewusst nicht für alle gratis". Lukas Engelberger sei ein "verlässlicher, seriöser Schaffer", seiner privaten Nachbarin Stephanie Eymann als Chefin der Baselbieter Verkehrspolizei attestierte der Sicherheitsdirektor Führungserfahrung: "Wenn man Führung lernt, dann mit und in der Polizei."
Laut Conradin Cramer hat die Pandemie gezeigt, wie wichtig die Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg, aber auch die Stärkung des Föderalismus sei. "Man hat in dieser Corona-Zeit gemerkt, dass dies nicht überall so gut funktioniert, wie einige meinten." Zudem müsse in der kommenden Legislatur die Digitalisierung im Kanton vorangetrieben werden: "Wir sind noch nicht dort, wo wir sein sollten. Die Verwaltung hinkt extern, aber auch intern in vielen Bereichen hinterher." Es brauche ein "Digitalisierungs-Departement" in Form des von Stephanie Eymann geführten Präsidialdepartements.
Gegen "linke und rechte Experimente"
Seinem früheren Parteikollegen Dürr attestierte Cramer, "grosse Erfolge" in der Zusammenarbeit mit Nachbarkanton Baselland in Form eines gemeinsamen Polizeivertrags, einer Sanitäts-Notrufzentrale und eines gemeinsamen Feuerwehr-Inspektorats. Ausserdem habe Dürr "mit Hartnäckigkeit und Durchsetzungskraft" die Digitalisierung seines Departements vorangetrieben. Engelberger wiederum sei als Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz "der Gesundheitspolitiker in der Schweiz". Keiner könne in der Schweiz die Stimme Basels besser vertreten als er. An Stephanie Eymann hob Cramer die "analytische Schärfe und Klarheit" ebenso hervor wie ihre Kenntnisse der Abläufe und der Politik im Baselbiet.
Für Lukas Engelberger hat "in der aktuellen Krise "die Schaffung von Arbeitsplätzen die erste Priorität". Dabei denkt er zuerst an die Life Sciences: Dieser "Lead-Branche" müssten "optimale Rahmenbedingungen" angeboten werden. Deshalb "können wir uns keine linken und rechten Experimente leisten".
"Misstrauens"-Signale aus Konzernzentralen
Der Christdemokrat denkt dabei an die SVP-Begrenzungs-Initiative und die Gefährdung der Personenfreizügigkeit, die eine Allianz mit der SVP unmöglich gemacht hätten, aber auch "radikale Positionen" von links wie die Initiativen zu Mindestlohn ("Stellen werden abwandern"), Klimagerechtigkeit ("wird unseren Wohlstand senken") oder Wohnschutz ("es wird künftig weniger Wohnung geben"). Auch könne das Versprechen, "allen alles gratis zu offerieren, nicht aufgehen". Das bürgerliche Vierer-Ticket stehe für eine "verlässliche wirtschaftsfreundliche Politik".
Auf die Nachfrage von OnlineReports zeigte sich Engelberger, früher selbst Jurist bei Hoffmann-La Roche, "im Moment optimistisch" über einen Verbleib der Pharma-Industrie in Basel. Signale aus den Chef-Etagen zeigten aber, dass der zunehmende politische Druck "als Misstrauen empfunden" werde.
Als Baschi Dürrs Verdienst nannte Engelberger die "spürbare Zunahme" der polizeilichen Präsenz. Die Kriminalität sei seit 2013 "um einen Viertel zurückgegangen". An die Adresse Cramers meinte er, es sei "beeindruckend zu sehen, wie im Erziehungsdepartement gearbeitet wird".
Eymanns Präsidial-Konzept
Zeitlich und inhaltlich den grössten Raum nahm Stephanie Eymann ein, die sich in bemerkenswerter Rhetorik als Nachfolgerin der amtierenden grünen Elisabeth Ackermann empfiehlt. Dabei gab sie nicht ein Regierungsprogramm ab, sondern zeigte anhand einiger Beispiele, mit welchem Regierungsstil nach ihrer allfälligen Wahl zu rechnen wäre und welche Kompetenzen das Amt erforderte. Dass Verwaltungsmühlen langsam mahlen, sei eine Tatsache, "aber man darf den Vorwärtsgang nicht herausnehmen".
Als zentrale Kompetenzen im Amt der Basler Regierungspräsidentin seien Führung und Kommunikation erforderlich. Sie sei "keine Schönwetter-Chefin", sondern stehe hin, wenn es windet und hagelt. Ihr Führungsstil aber sei kooperativ, sie wolle "führen und mich ein Stück weit auch führen lassen". Man dürfe auch "kritisch sein dem Chef gegenüber". Bezug nehmend auf die Museums-Wirren meinte Eymann: Die grössten Betriebe des Departements müssten "der Chefin direkt unterstellt" werden.
Im Präsidialdepartement fehle ihr derzeit der rote Faden, kritisierte Eymann. Viel eher erkenne sie dort "ein Puzzle", es sei "unklar, was die Aufgaben sind". Deshalb müssten zu allererst die messbare Schnittstelllen- und Departements-Ziele definiert werden. Auch müsse der Stand der Projekte "aktiv kommuniziert" werden. In der strategischen Planung müsse das Departement "den Lead bringen". Es soll das Gefühl entstehen, aktiv zusammenzuarbeiten statt sich in die Gärtlein zu treten.
Die Büros von Aeberhard und Ott
Das Departement brauche auch eine proaktive, ehrliche Kommunikation mit Einbezug der Bevölkerung in wichtigen Fragen der Stadtentwicklung, beispielsweise in der künftigen Nutzung des Berri-Baus, aus dem das Naturhistorische Museum ausziehen wird, des Hauptpostgebäudes oder der Wohnpolitik, die in zwei Departementen behandelt wird, obwohl die zuständigen Chefs Beat Aeberhard und Lukas Ott "ihre Büros nebeneinander haben müssten".
Das Vierer-Tickets verfügt laut Wahlkampfleiterin Tiziana Conti über eine Budget von 180'000 bis 200'000 Franken, die sich aus Parteibeiträgen und Spenden zusammensetzen.
Bild von links: Lukas Engelberger, Baschi Dürr, Stephanie Eymann, Conradin Cramer
Weiterführende Links:
- Rot-grün: "Wir haben geliefert in diesen 16 Jahren"