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Gefahrenfalle Zebrastreifen vor Tramhaltestelle: Vorsicht!
Basel, 13. Dezember 2011
Meldungen über Unfälle auf Fussgängerstreifen häuften sich in den letzten Tagen und Wochen Über die Gründe wird gerätselt: Dunkle Jahreszeit, Verkehrsdichte, mangelnde Vorsicht, schlecht eingerichtete Fussgängerstreifen? Der TCS publizierte gleichzeitig eine Untersuchung, in der Fussgängerstreifen auf ihre Sicherheit überprüft wurden. Beurteilt wurden die Gestaltung, die Sichtbarkeit bei Tag und Nacht und der Zugang, insbesondere für Behinderte. Besonders schlecht schnitten Fussgängerübergänge in Genf und Fribourg ab. Basel war nicht unter den zehn analysierten Städten.
Eine OnlineReports-Leserin machte uns auf einen Fussgängerstreifen aufmerksam, bei dem ein typisch baslerisches Element erschwerend hinzukommt: das Tram. An der Haltestelle "Im Langen Loh" der Linie "8" an der Neuweilerstrasse hält das Tram unmittelbar vor einem Doppelfussgängerstreifen, der die dortige Strassenkreuzung flankiert (Bild). Es komme nun immer wieder vor, dass das wartende Tram von Autos überholt werde, was die Benützung des Fussgängerstreifens gefährlich mache. Denn der Automobilist sehe wegen des Trams nicht, ob jemand von rechts eben den Zebrastreifen betreten habe.
Das Verhalten der überholenden Automobilisten ist nun allerdings nicht prinzipiell illegal. Ein am rechten Strassenrand haltendes Tram darf gemäss Strassenverkehrsgesetz links überholt werden, allerdings "nur langsam und mit der nötigen Vorsicht", wie Polizeisprecher Klaus Mannhart präzisiert. Empfehlenswert sei es aber nicht, und das trifft insbesondere für die Neuweilerstrasse zu, wo sich Tram und Individualverkehr die Verkehrsfläche teilen müssen. Die Verbindungsstrasse zwischen den Neuweilerplatz und dem Allschwiler Gewerbegebiet, die keinen Mittelstreifen aufweist und in der auf beiden Seiten parkiert werden darf, ist eigentlich zu schmal für das ihr zugemutete Verkehrsvolumen.
Änderungen sind laut Polizei und BVB nicht geplant. Eine Radikalösung wäre die Aufhebung der Haltestelle, die knapp dreihundert Meter von der Endstation der Linie "8" entfernt liegt. Aber das komme nicht in Frage, "weil ohne diese Station viele Anwohner eine viel zu lange Distanz zur nächsten Haltestelle zurücklegen müssten", sagt BVB-Sprecherin Dagmar Jenny. Die Fussgängerinnen und Fussgänger des Quartiers müssen also weiterhin mit der nicht ganz ungefährlichen Situation an ihrem Fussgängerstreifen leben.
"Polizei und BVB machen es sich zu leicht"
Die Polizei und BVB machen es sich mit dieser Antwort zu leicht. Zwar darf im Prinzip die haltende Strassenbahn, wenn auch nur in langsamer Fahrt, gekreuzt und überholt werden (Art. 38 SVG). Zu respektieren sind aber auch die Vorschriften von Art. 35 SVG, nämlich: "Überholen und Vorbeifahren an Hindernissen ist nur gestattet, wenn der nötige Raum übersichtlich und frei ist und der Gegenverkehr nicht behindert wird. Im Kolonnenverkehr darf nur überholen, wer die Gewissheit hat, rechtzeitig und ohne Behinderung anderer Fahrzeuge wieder einbiegen zu können. Wer überholt, muss auf die übrigen Strassenbenützer, namentlich auf jene, die er überholen will, besonders Rücksicht nehmen. In unübersichtlichen Kurven, auf und unmittelbar vor Bahnübergängen ohne Schranken sowie vor Kuppen darf nicht überholt werden, auf Strassenverzweigungen nur, wenn sie übersichtlich sind und das Vortrittsrecht anderer nicht beeinträchtigt wird. Fahrzeuge dürfen nicht überholt werden, wenn der Führer die Absicht anzeigt, nach links abzubiegen, oder wenn er vor einem Fussgängerstreifen anhält, um Fussgängern das Überqueren der Strasse zu ermöglichen."
Der Achter hält nur wenige Sekunden an der gut benutzten Haltestelle Im langen Loh, vor einer Strassenkreuzung mit einem rege frequentierten Doppelfussgängerstreifen. Automobilisten, die das 43 Meter langen Combino-Tram Be 6/8 (301-328) überholen, können unmöglich sehen, ob sie nicht andere Strassenbenützer gefährden oder ihr Vortrittsrecht beeinträchtigen. Der Zeitgewinn von ca. 5 Sekunden ist lächerlich im Verhältnis zum Risiko eines schweren Unfalls. Abhilfe schaffen könnten eine konsequente Anzeige durch die BVB und Strafverfolgung sowie eine Sicherheitslinie an der betroffenen Stelle.
Meines Wissens hat sich am 29.12.2011 um 08.56 ein neuer Vorfall ereignet. Jedenfalls hörte ich das wartende Tram klingeln und sah dann vom langen Loh aus, wie 3 PW stadtwärts die Kreuzung befuhren, also höchstwahrscheinlich das Tram überholt hatten.
Caterina Galli, Basel
"Auf dem Land ganz schlimm"
Ganz schlimm ist – mit oder ohne Fussgängerstreifen – die Situation v.a. auch auf dem Land, wenn ein Bus am Strassenrand anhält und der Verkehr viel flüssiger ist. Aussteigende hungrige Schulkinder fürchte ich am meisten. Vorbildlich ist jedoch z.B. die Bushaltestelle "Obesunne" am Dornachweg in Arlesheim. Da ist an der Haltestelle ein Verkehrsteiler auf einer kleinen Insel. Überholen ist da unmöglich.
Christoph Senn, Arlesheim