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Ein Medien-Buch zu Tamedia, BaZ, Tettamanti und mehr

Basel/Zürich, 27. November 2010

Wer sich heute daran schickt, ein Buch über die Schweizer Medien zu schreiben, muss sich darauf gefasst machen, zumindest teilweise direkt für Altpapierstapel zu schreiben: So schnell ändert sich in der aktuellen Medienlandschaft die Topografie. Richard Aschinger, einer der Doyens des politischen Journalismus in der Schweiz, und der welsche Wirtschaftsjournalist Christian Campiche haben den Versuch gewagt, vor allem anhand der Entwicklungen im Zeitungssektor nachzuweisen, "wie die Meinungsvielfalt in Gefahr gerät, wenn wenige Konzerne die öffentliche Berichterstattung in ihren Medien bündeln und nach Belieben formen" (Klappentext).

Ihre druckfrisch erschienene Analyse "News-Fabrikanten – Schweizer Medien zwischen Tamedia und Tettamanti" befasst sich kritisch mit der Industrialisierung des Zeitungsgewerbes und der zunehmenden Kommerzialisierung der Informationsmedien. So brandaktuell haben die beiden Journalisten gearbeitet, dass die erst vor gut einem Monat geführte Kontroverse zwischen Tamedia-Präsident Pietro Supino ("die Sorge vor dem Untergang des Qualitätsjournalismus ist unbegründet") und dem Soziologen Kurt Imhof ("Pendler- und Onlineplattformen blenden demokatierelevante Themen aus") im Buch noch Platz fand.

Und doch: Das Buch ist, was den für die Titelgebung nicht unwesentlichen Basler Teil betrifft, durch die neusten Änderungen der Besitzverhältnisse bei der "Basler Zeitung" schon überholt. Tito Tettamanti hat, wenn der neue Besitzer Moritz Suter beim Wort genommen werden darf, in der "Basler Zeitung" nichts mehr zu sagen. Die Hektik der Buchproduktion schlägt sich auch in einigen Schreibpatzern nieder. Dass Ex-BaZ-Präsident Martin Wagner im Interview unkorrigiert sagt, die Basler Zeitungsfusion von "National-Zeitung" und "Basler Nachrichten" habe "vor fast 25 Jahren" stattgefunden, ist peinlich: es sind bald 34 Jahre.

Wer über Schnitzer in der Eile hinwegsieht, kann sich mit den "News-Fabrikanten" einen sehr guten Überblick über die jüngere Geschichte der Schweizer Printmedienentwicklung verschaffen, die dem Publikum immer häufiger "Schleckzeug statt Information" bietet. Das in Reportageform geschriebene Buch bietet Orientierungshilfe im Dschungel des Schweizer Mediengeschäfts und seziert detailliert die zahllosen Verflechtungen von Akteuren und Verlagshäusern. Zwangsläufig müssen sich die Autoren häufig auf unbestätigte Fakten und Spekulationen abstützten.

Aus Basler Sicht von besonderem Interesse ist das Kapitel rund um die "Basler Zeitung". Es ist zwar durch die aktuellen Entwicklungen mit dem Rückzug Tettamantis und Wagners bereits überholt, enthält aber zahlreiche Indizien und Informationen darüber, wie es zum Verkauf durch die Familie Hagemann kommen musste. Daneben zeigt das Buch auch die politische Metamorphose von Chefredaktor Markus Somm, der sich nach seinem Master-Studienjahr in Harvard von linksliberalen Zeitgenossen in einen "rechtskonservativen Kämpfer" gewandelt und bei der "Weltwoche" anschliessend "permanent hochtourig" einen "ultra-liberal rechtskonservativen Kampfkurs" gefahren habe. Daran hat sich in seiner Funktion als BaZ-Chef nichts geändert.

 

Richard Aschinger, Christian Campiche: "News-Fabrikanten – Schweizer Medien zwischen Tamedia und Tettamanti", Europa Verlag Zürich, 208 Seiten.


pkn.


Weiterführende Links:
- BaZ: "Moritz Suter gibt das Blatt nicht aus der Hand"
- Flugunternehmer Moritz Suter übernimmt die BaZ
- Die "Basler Zeitung": Was ist und was werden könnte
- Wut und Frust über SVP-isierung der "Basler Zeitung"
- Christoph Blocher soll künftigen BaZ-Kurs bestimmen
- BaZ-Redaktion: "Beratungsmandat beschädigt Ruf"
- BaZ: Tettamanti und Wagner sollen Ausstieg planen
- Tettamanti-Veranstaltung in Universitäts-Aula abgesagt
- BaZ-Verteilung sabotiert: Zeitungsbündel zerstört
- BaZ-Debatte: Neue Basler Wochenzeitung im Gespräch
- Blocher soll schon in BaZ-Verkauf involviert gewesen sein
- "Basler Zeitung": Gefälschte Einträge auf "Rettet-Basel.ch"
- Demo gegen "Blocherisierung" vor BaZ-Redaktion
- BaZ-Wirbel: Jans fordert gesetzliche Medien-Transparenz
- BaZ-Redaktion: Einstimmiges Misstrauen gegen Somm


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