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Grosser Rat lehnt fünf statt sieben Regierungsräte ab
Die Volksinitiative für eine Reduktion von sieben auf fünf Regierungsräte unter Abschaffung des Präsidialdepartements fand im Basler Grossen Rat keine Gnade: Er empfiehlt dem Volk das Begehren mit grossem Mehr zur Ablehnung – unter Verzicht auf einen Gegenvorschlag.
Basel, 27. April 2022
Die zweistündige Debatte heute Mittwochmorgen war teilweise emotional, aber klar in ihrer Tendenz: Mit 74 Nein und 11 Ja bei sieben Enthaltungen lehnte das Kantonsparlament die unformulierte Verfassungs-Initiative ab. Alle Fraktionen ausser jene der SVP sprachen sich damit für die Beibehaltung von sieben Departementen und des im Rahmen der Verwaltungsreform 2009 geschaffenen Präsidialdepartements aus. Initiativkomitee nicht eingeladen Das private Initiativkomitee hatte im Vorfeld der Grossrats-Debatte seinen "Unmut" über das "Verhalten des Regierungsrats" geäussert. Er habe sich die Initiative vom Grossen Rat zur Berichterstattung überweisen lassen "und ein halbes Jahr bei sich schubladisiert, obwohl von Anfang an klar war, dass er die Initiative ablehnt und nicht bereit ist, sich mit ihr inhaltlich auseinanderzusetzen". Als "problematisch" bezeichneten die Initianten, dass sie von der vorberatenden Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission "entgegen den üblichen Gepflogenheiten nicht angehört" worden seien. Gleichzeitig habe aber Regierungspräsident Beat Jans (SP) an der ersten Sitzung teilnehmen dürfen. Kommissionspräsidentin Danielle Kaufmann (SP) räumte auf teilweise heftige Kritik nicht nur von SVP-Seite hin ein, dass eine Anhörung der Initanten wohl hätte stattfinden sollen. Jans verteidigt sich als "Grüss-August" Inhaltlich aber blieb Kaufmann auf der Ablehnungs-Linie: Die Reduktion der Zahl der Regierungsräte führe nicht auch zu einer Verringerung der Aufgaben. Vielmehr verlöre die Exekutive wegen geringerer Ressourcen an "Repräsentanz". Ausserdem müsste die Kantonsverwaltung "völlig umstrukturiert" werden. "Das macht man nicht nebenbei und nicht ohne Not." Die Zuordnung einzelner Abteilungen in den Departemente sei jedoch diskutabel. Dass die Initianten den Regierungspräsidenten als "Grüss-August" bezeichneten, wies Kaufmann als "absolut respektlos" zurück – eine Bewertung, die Amtsträger Jans überraschend konterte: "Ich fühle mich nicht beleidigt." Grüssen und regierungsrätliche Grussbotschaften seien "eine wichtige Aufgabe", die Volksnähe und das "Einander ernst nehmen" ausdrücke. Respekt-Bezeichnung "Regierungs-Präsident" Hingegen verteidigte Jans sozusagen pro domo die jetzige Regierungsstruktur: "Wir möchten arbeiten und keine neuen Baustellen eröffnen." Eine Verkleinerung der Exekutive würde zwar "Kosten senken, aber auch Kosten verursachen". Ausserdem würde die Repräsentation des Stadtkantons regional, national und international geschwächt. "Keine Gründe" sieht er auch für die Aufhebung seines Präsidialdepartements: Ausgestattet mit der Funktion des "Regierungs-Präsidenten" werde man einfach "anders empfangen". FDP-Sprecher David Jenny lehnte die Initiative ab, gab aber "gewisse Sympathien" für die Abschaffung des Präsidialdepartements zu erkennen, auch wenn er mit Jans Fortschritte erkenne: Wenn aber, wie unter den ersten beiden Amtsinhabenden, der Erfolg ausbleibe, könne dazu immer noch eine Initiative lanciert werden. Die jetzt vorliegende Initiative, so Jurist Jenny weiter, sei "schludrig formuliert". Ausserdem verletze sie mit ihren zwei Hauptforderungen die Einheit der Materie. Harte Kritik an Kommission Gerade dies bestritt Auch-Jurist Pascal Messerli (SVP) und betonte die Gerichtspraxis: "In dubio pro Volksinitiative." Dass das Initiativkomitee von der Kommission nicht angehört wurde, bezeichnete er als einen "absoluten Skandal". Ausserdem sei der Kommissionsbericht so "katastrophal", dass er zurückgewiesen werden müsse, wie Messerli allerdings erfolglos forderte. Mahir Kabakci (SP) wiederum warf der unterlegenen SVP "billigsten Populismus" vor. Weitere Votanten kritisierten an der Kommission, sie habe darauf verzichtet, den "Effizienzgewinn" zu beziffern, oder sie habe gegen die Initiative bloss "Scheinargumente vorgebracht, um den Besitzstand zu wahren".
"Wachstum nicht aus purer Lust"
Bravo, Frau Isler, Sie treffen mit Ihrem Kommentar den Nagel auf den Kopf! Mag es auch gewisse Auswüchse geben, aber die Verwaltung wächst nicht einfach aus purer Lust am Wachsen.
Gilbert Thiriet, Basel
"Immer mehr Ansprüche an Verwaltung"
Herr Waldner schreibt in seinem Kommentar: "Weil – man kann Management und Personal durchaus reduzieren, wenn man Aufgaben und Arbeiten auch reduziert; nicht nur alleine durch Reorganisation. Nur müsste dann insbesondere die Legislative sich beschränken auf das, was nötig ist, und nicht – wie sie es doch so liebt – auf das, was möglich ist." Ja, da gebe ich ihm recht. Aber oft habe ich das Gefühl, wir haben Wunschkonzert. Die Ansprüche der Bevölkerung an die Verwaltung nehmen immer mehr zu. Soll ich einige kleine Beispiele bringen? - Fachstellen für dies und jenes werden eingeführt, teilweise obwohl bereits Fachstellen ganz nahe der Basis bestehen, ausgewiesene Fachstellen in den Quartieren. Nein, das reicht nicht, es muss noch eine Fachstelle für die längst vernetzten Quartierfachstellen beim Kanton eingeführt werden.
- Wir erlauben mit dem neuen Gesetz für öffentlichen Raum Musikböxlein. Jetzt werden Ruhezonen gefordert in den Parks. Wer setzt dies durch? Dazu braucht es Personal.
- Den Lehrpersonen wird immer mehr aufgebürdet: Ausbildung für dies und jenes: aber es sind aus meiner Sicht Themen dabei, die wäre eigentlich Sache der Eltern, oder?
- Wir wollen mehr WC's im öffentlichen Raum - wer putzt diese?
- Wir wollen Kinderplanschbecken auf Spielplätzen und in den Parks - wer betreibt die?
Wir leben in einer Wohlstandsgesellschaft und bekommen einfach nicht genug. Immer neue Wünsche und nochmals neue Wünsche. Natürlich bin ich unter dem Strich eine Verfechterin der schlanken Verwaltung und denke, es gibt durchaus Abteilungen, die nicht unbedingt nochmals und nochmals ausgebaut werden müssten. Aber reklamieren ist immer einfach. Trotzdem und erst recht bin ich gegen die Abschaffung des Präsidialdepartementes oder die Verkleinerung des Regierungsrats. Zuerst sollten wir uns alle selber mal an der Nase nehmen und das unendliche Wunschkonzert mal beenden.
Beatrice Isler, Basel
"Ein Wasserkopf krönt den Staatsapparat"
Der Entscheid wundert mich nicht, müssten doch Regierung und Parlament sich bei einem positiven Entscheid den Kopf zerbrechen, wie man den Wasserkopf reduziert, der inzwischen den Staatsapparat krönt.
Weil – man kann Management und Personal durchaus reduzieren, wenn man Aufgaben und Arbeiten auch reduziert; nicht nur alleine durch Reorganisation. Nur müsste dann insbesondere die Legislative sich beschränken auf das, was nötig ist, und nicht – wie sie es doch so liebt – auf das, was möglich ist.
Peter Waldner, Basel
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