© Foto by Peter Knechtli, OnlineReports.ch
Wieder einmal SBB-Micky Mouse im Bahnhof SBB
Basel, 17. Juli 2020
Der "Interregio" in Richtung Olten-Zofingen hätte heute Freitagnachmittag in Basel um 15.17 Uhr auf Gleis 15 abfahren sollen. Üblicherweise steht die Zugkomposition seit einer knappen halben Stunde bereit. Nicht so heute Nachmittag. Auf dem Perron bereit standen hingegen die Passagiere, die Basel in Richtung Osten verlassen wollten, als um 15.14 Uhr eine Lautsprecherstimme – als nähme alles seinen normalen Gang – verkündete: "Abfahrt 15 Uhr 17". Die Möchtegern-Fahrgäste mit ihren aufgezogenen Schutzmasken schauten sich fragend an, denn wie soll abfahren, was noch gar nicht angekommen ist.
Ein paar Minuten später – die Soll-Abfahrtszeit war schon verstrichen – vermeldete die Digitalstimme, der (nicht vorhandene) Zug sei "noch nicht fahrbereit". Grund seien "Bauarbeiten". Mit dieser absurden Mitteilung wurden die SBB-Kunden stehen gelassen. Kein Hinweis auf den Regionalzug S3 nach Olten, der gleich auf dem Nachbargleis 16 bereitstand. Die Anzeigetafel zeigte nun stumm eine "unbestimmte Verspätung" an.
Informations-Flops seit Jahren
Alle machen Fehler, aber dass die SBB seit vielen Jahren dieselben in Variationen wiederholen, ist und bleibt unverständlich. Wenn sich die Stimm-Automaten schon erwiesenermassen als unfähig erweisen, einfache und klare Information zu liefern: Weshalb sitzt nicht irgendwo in diesem Basler Bahnhof SBB eine Person aus Fleisch und Blut, die hilfreich einspringen könnte? Ein Hohn den Kunden gegenüber.
PS: Es war kurz vor 15.30 Uhr, die Leute waren längst in die S3 gezügelt, fuhr der "Interregio" ein. Als ein Fahrgast dessen Lokomitivführer fragte, wann er in Richtung Olten abfahre, erstaunte dessen Antwort nicht: Er zuckte nur mit den Schultern.
"Nach Mailand statt Gelterkinden"
Es wäre ja eine gute Idee, wenn endlich wieder Menschen aus Fleisch und Blut die Bahnhofs-Durchsagen machten statt undefinierbare Stimmen aus dem Computer. Aber dann müssten diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem neusten Informationsstand sein, um richtig Auskunft zu geben.
Letztes Jahr wollte ich mit der S3 von Basel nach Tecknau fahren, am Bahnsteig konnte ich dann lesen, dass wegen einer grösseren Störung im Bahnhof Muttenz die Züge nicht fahrplanmässig, aber doch wieder unregelmässig verkehren, man solle sich am Informationsschalter Basel SBB erkundigen. Das habe ich dann gemacht, nur wusste dort der diensthabende SBB-Beamte nichts von einer Störung und das trotz Konsultation seines Bildschirms. Es gäbe aber eine Möglichkeit, in fünf Minuten fahre ein ICE ab Gleis 5 ab mit Halt in Gelterkinden.
Ich spurtete aufs Gleis fünf und was sah ich da: der ICE nach Mailand mit nächstem Halt in Olten. Da kam ich mich schon verarscht vor und zweifelte an der Zuständigkeit dieses Mitarbeiters. Zur Sicherheit ging ich nochmals zum Gleis 14 und konnte lesen, dass in 40 Minuten ausserplanmässig die S3 nach Olten abfährt. Es passte zum Ganzen, dass es dann 15 Minuten später so weit war.
Bruno Heuberger, Oberwil
"Planung sieht anders aus"
Wie das von Ueli Pfister von gestern geschilderte Beispiel zeigt, gehts auch umgekehrt. Heute Samstag, 16.22 Interregio von Gelterkinden nach Basel. Korrekte Ansage mit dem Hinweis der Fahrmöglichkeit mit der S3 fünf Minuten später. In Liestal treffen sich eine gut besetzte S3 und die Gestrandeten aus dem Interregio – in einer einzigen Komposition. Planung bei Bauarbeiten (wohl kaum plötzliche) sieht anders aus.
Eneas Domeniconi, Gelterkinden
"Beleidigend-blöde Ausreden"
Peter Knechtli, als Autor dieses Klagelieds, hat zu Recht moniert, dass da keine "Person aus Fleisch und Blut im Bahnhof Basel SBB sei, welche hilfreich einspringen könnte". Nur gibt es im ganzen Bahhofreich von Basel SBB gar niemanden mehr, die oder der sowas tun könnte! Diese Leute vom Fahrdienst wurden vor Jahren brutal wegkatapultiert – sitzen entweder im "Operativen Betriebs Zentrum" (OBZ) in Olten vor ihren x-Hundert Bildschirmen oder in der SBB-Hochburg an der Hilfiker-Strasse in Bern-Wankdorf. Viele haben auch schon lange aus Frust diesen Betrieb verlassen. Andreas Meyers Erbe .
Der Hintergrund dieser Panne könnten vielleicht Bauarbeiten zwischen Olten und Luzern sein. Ich habe genau das letzte Woche selber erlebt auf der Strecke Luzern-Olten, wo für den Fernverkehr zur Zeit einspurig gefahren wird und es wegen Gegenverkehrs zwangsläufig zu Verspätungen kommt. Dies rechtfertigt aber in keiner Weise, dass die SBB einfach das "’Tote Männchen" spielen, wie es vermutlich hier der Fall war.
Kürzlich kritisierte der neue CEO der SBB, Vincent Ducrot, an einem Pressetermin ziemlich genau diese häufigen Pannen in Betrieb und Information, welche das Barometer der Kundenzufriedenheit so deutlich hatte absaufen lassen: Er nahm kein Blatt vor den Mund und versprach, mit den vielen "doppelspurigen, kleinen Königreichen" aufzuräumen, bei der die Linke nicht weiss, was die Rechte tut (oder soeben getan hat)!
Ein kleiner Hoffnungsschimmer auch für Peter Knechtli und viele seiner Leidensgenossinen und Leidensgenossen: In Zukunft soll bei Störungen wieder vermehrt die echte Menschenstimme die verunsicherten und ratlosen Fahrgäste, sowohl auf den Bahnhöfen, wie auch in den Zügen, rechtzeitig und korrekt informieren und über brauchbare Alternativen aufklären. Synthetische Digitalstimmen hingegen, die meist überhaupt keine richtigen Informationen, sondern beleidigend-blöde Ausreden herausposaunen, sind eine denkbar schlechte Visitenkarte für ein so wichtiges Unternehmen im öV!
Die Hoffnung stirbt zuletzt…!
Ueli Pfister, Gelterkinden