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BL: Thomas de Courten wird neuer Wirtschaftsförderer
Liestal, 3. Februar 2012
Der Baselbieter SVP-Nationalrat Thomas de Courten wird Staatsangestellter in Kaderfunktion: als neuer Wirtschaftsförderer. Der 45-jährige Betriebsökonom HWV tritt die Stelle als Nachfolger von Simon Schmid bereits am 1. April an. Diese Wahl gab die Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion von Regierungsrat Peter Zwick (CVP) heute Freitagmorgen bekannt.
"Bestandespflege im Fokus"
De Courten zäht zu den derzeit bekanntesten politischen Figuren im Baselbiet. Er sass von 2003 bis 2011 im Landrat, in den letzten Jahren als Präsident der SVP-Fraktion. Letzten Herbst schaffte er den Sprung in den Nationalrat, indem er seinen amtierenden Parteikollegen Christian Miesch verdrängte. De Courten betreibt seit 2005 eine eigene Agentur für politische Kommunikation und Public Affairs. Zuvor war er in der Wirtschaftskammer Baselland tätig, am Schluss in der Funktion als Vizedirektor, bevor er überraschenderweise ausschied und eine selbstständige Tätigkeit gründete.
Als künftiger Leiter der Wirtschaftsförderung Landschaft werde er "die Bestandespflege im Fokus haben" in sehr enger Zusammenarbeit mit dem Kantonalen Amt für Gewerbe-, Industrie- und Arbeit (KIGA), wie es in der Medienmitteilung heisst. Zu seinen "weiteren Schwerpunkten" gehöre die Forschungs- und Innovationsförderung im Kanton.
Gesetzes-Ergänzung in Prüfung
Gleichzeitig wird de Courten auch die Funktion des Geschäftsführers der Wirtschaftsförderungskommission übernehmen. Zu seinen zentralen Aufgaben gehören Massnahmen zur Erhaltung und Verbesserung einer attraktiven Standortqualität als Grundlage für eine günstige und zukunftsbeständige volkswirtschaftliche Entwicklung des Baselbiets. De Courten werde auch mit dem direktionsübergreifenden neuen Kompetenzzentrum für Wirtschaftsentwicklung und Standortmarketing zusammenarbeiten, die als Stabsstelle der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion angegliedert ist.
Als Schritt zur Erhöhung der Standortattraktivität des Kantons Basel-Landschaft prüft die Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion derzeit eine Ergänzung des Wirtschaftsförderungsgesetzes mit dem Ziel, die Handlungsfähigkeit des Kantons im Bereich der Innovationsförderung – die Unterstützung auch von Forschung und Entwicklung – zu erhöhen.
Mehr Schlagkraft erwartet
Während Vorgänger Schmid in der Öffentlichkeit so gut wie nicht präsent war, darf von de Courten in der bisher schläfrig erscheinenden Baselbieter Wirtschaftsförderung ein neuer Wind erwartet werden: Der konservative Rünenberger und Vater von drei Kindern gilt als zielstrebig, kämpferisch und durchsetzungsfähig. Er trat vor fünf Jahren parteiintern als Regierungsratskandidat gegen Jörg Krähenbühl an und unterlag: Krähenbühl wurde in die Exekutive gewählt, doch blieb ihm letzten Frühling die Wiederwahl versagt. Gut möglich, dass de Courten mit seiner Wahl zum Wirtschaftsförderer nun ein Gesellenstück abliefern wird, das ihn zum Regierungsamt befähigen wird.
In den letzten Wochen machte sich die Unzufriedenheit über die Dynamik der Wirtschaftsförderung auch in mehreren politischen Vorstössen von freisinniger und grüner Seite bemerkbar.
Kein Verzicht auf Verwaltungsratsmandate
Derzeit hält de Courten vier Verwaltungsratsmandate: Er ist Präsident der Raiffeisenbank Oberbaselbiet und Verwaltungsrat der Elektra Baselland, der Autobus AG Liestal sowie der Abbundcenter Nordwestschweiz AG. Wie de Courten gegenüber OnlineReports erklärte, habe er mit seinem künftigen Vorgesetzten Peter Zwick "vereinbart, dass ich ein Bein in der Privatwirtschaft lassen kann". Seine Stelle als Abteilungsleiter Wirtschaftsförderung sei "als 70 Prozent-Pensum mit 100 Prozent Einsatz" geplant. Es sei für ihn in dieser Funktion "wichtig, den Boden zu spüren und die Interessen der Wirtschaft wahrzunehmen." De Courten sieht "im Moment keine Interessenskonflikte" und will die Verwaltungsratsmandate weiter wahrnehmen.
"Wir lassen das am Anfang so laufen und reden dann wieder miteinander", sagte Regierungsrat Peter Zwick zu OnlineReports. Seine private Kommunikations-Agentur gebe de Courten hingegen auf. Zwick sagte weiter, er sei beeindruckt gewesen, wie "konsequent" de Courten als Präsident der landrätlichen Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission die Geschäfte vorangetrieben habe. Zwick nahm den bisherigen Wirtschaftsdelegierten Schmid auch in Schutz vor Vorwürfen, zu wenig effizient gewesen zu sein: "Er hatte ein Riesenpflichtenheft und hat grosse Arbeit geleistet."
De Courten-Wahl für Buser "überraschend"
Mit der Wahl eines Leiters der Abteilung Wirtschaftsförderung ist es aber noch nicht getan. Geplant ist ausserdem die Schaffung eines direktionsübergreifenden Kompetenzzentrums für Wirtschaftsentwicklung und Standortmarketing. Die Zwick unterstellte Stabsstelle soll demnächst ausgeschrieben werden. Wahlgremium ist die Gesamtregierung.
Für Christoph Buser, den designierten Direktor der Wirtschaftskammer Baselland, kam die Wahl de Courtens "überraschend". Buser attestierte seinem früheren Wirtschaftskammer-Kollegen, er habe "sicher ein gutes Netzwerk im Kanton" und sei "ein Schaffer". Die Baselbieter Wirtschaftsförderung müsse aber noch "aufmunitioniert" werden "mit jemandem aus der Wirtschaftsförderung, der draussen im Markt, etwa an Standortmarketing-Messen, Firmen akquiriert". De Courten sei sicherlich ein guter Mann, der die auf diese Weise "stimulierte Nachfrage" aufnehme.

"Treibstoffvergünstigung auch für Herrn de Courten?"
Ich bin gespannt, ob Herr de Courten jetzt auch von den Treibstoffvergünstigungen für Kantonsangestellte profitieren wird ...
Marc Baumgartner, Anwil
"Organisation für die ganze Nordwestschweiz wäre nötig"
Der Rücktritt von Simon Schmid hätte die einmalige Chance geboten, die zukünftige Wirtschaftsförderung regional zu organisieren. Wir brauchen keine kantonalen Wirtschaftsförderer "hüben und drüben". Für unseren kleinen, noch von fünf Kantonen zerschnittenen Wirtschaftsraum, ist eine koordinierte, Kantonsgrenzen überschreitende Organisation angezeigt, welche die ganze Nordwestschweiz bearbeitet. Kostengünstig und effizient. Das wäre eine tolle Aufgabe für den jungen Nationalrat der Courten. Ich glaube aber kaum, dass dies seine Partei zulässt und sein neuer Chef, Regierungsrat Zwick, wünscht.
Peter P. Bauer, Basel
"Willkommen im Kreise der Kantonsangestellten!"
Sehr geehrter Herr de Courten, willkommen im Kreise der Kantonsangestellten! Laut geltender Lohntabelle dürften Sie mit ihrem 70 Prozent-Pensum künftig etwa 120‘000 Franken verdienen, was wir Ihnen herzlich gönnen. Was wir von Ihnen dagegen erwarten, ist künftig etwas mehr Anstand gegenüber ihrem Brotgeber, dem Kanton Basel-Llandschaft, sowie natürlich die diesem Lohn entsprechende Leistung. Und falls Sie mit ihrem Vorgesetzten Herr Zwick mal Lämpen haben sollten, stehen Ihnen entweder der Verband des Staats- und Gemeindepersonals oder der VPOD Region Basel als bewährte, kämpferische Personalverbände zur Verfügung – Sie müssten allerdings zuvor Mitglied werden!
Matthias Scheurer, VPOD-Regionalsekretär, Basel
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