Werbung

© Foto by Peter Knechtli, OnlineReports.ch
"Ich habe die Feder gespannt": Jedermann-Interviewer Wittlin

"Ich bin Euer Däni und bin unterwegs für's Volk, fertig"

Fernsehmacher Daniel Wittlin, das Aushängeschild von "Regio-TV plus", foutiert sich um alle journalistische Regeln


Von Peter Knechtli


Am Konservatorium ausgebildet sitzt er als solider Begleitmusiker am Klavier oder Keyboard, er kennt die Tonarten und Tricks, die Riffs und Licks aus dem Effeff. Doch damit verdient Daniel Wittlin (56) sein Brot nicht: Er ist seit 2009 das Gesicht des in seiner Wohngemeinde Binningen domizilierten Fernsehsenders "Regio-TV plus".

In der Nachrichtenmedien-Szene ist er bedeutungslos, doch in bestimmten Volksschichten der Region – Gewerbe, Vereine, Fasnacht, Veranstalter und Institutionen – hat er Kultstatus. Und Exklusivstatus dazu: So wie er ist im Mediengeschäft keiner weit und breit.

"Däni", der überall erkannt wird, wo er auftaucht, ist seine eigene Marke. "Sag's em Däni" – erfunden noch zu seiner Zeit bei "Nordwest 5" – ist denn auch ein eigenes Format innerhalb des Senders, auch wenn es sich formal von den andern kaum unterscheidet. 

Als er sich für den Fototermin für OnlineReports in der Freien Strasse in Positur wirft, hätte er rein optisch von ABS oder NBC abdetachiert worden sein können, so sehr saugt ihn die Kameralinse auf.

Nur hat er mit amerikanischen TV-Stationen ebenso wenig am Hut wie mit schweizerischen: Die Art, wie er mit der neunköpfigen Belegschaft – zwei Werbeverkäufer inbegriffen – "spannendes, aktuelles und unterhaltendes Fernsehen" (Selbstdeklaration) macht, verstösst so gut wie gegen alle gängigen journalistischen Grundregeln.

"Was ich mache, ist kein Journalismus,
es ist den Menschen begegnen."

Diese Feststellung stösst bei Daniel Wittlin keineswegs auf Empörung – im Gegenteil: Er bestätigt sie. "Was ich mache, ist kein Journalismus, es ist den Menschen begegnen." Die OnlineReports-Frage nach seiner Berufsbezeichnung bringt ihn etwas in Verlegenheit. Er überlegt und sagt: "He! (denkt nach) Moderator!" In dieser Rolle spielt Wittlin den Seelentröster des medial unbeachteten gemeinen Volkes: "Alle sind am Motzen, dabei haben wir in allen Domänen Menschen, die die Region aufrechterhalten." Ihnen will er ein Forum bieten.

Ob ein Gesprächspartner nun gesellschaftlichen A-, B- oder C-Status hat, wie er sagt, interessiert ihn nicht. "Jeder Mensch ist gleich. Ich hole auch die Unbeachteten hervor." Als ihn DJ Antoine einmal warten liess, sagte er "Tschau miteinander" und ging mit der Kamera "zu einer Bäuerin, die Honig verkauft und etwas macht, weil sie hier arbeitet und für das Land einsteht".

Dann greift er zum Mikrofon, leistet sich ein auch mal ein auflockerndes Intro, wirft sich in eine nach vorn geneigte Pose ("Achtung, ich passe auf!"), fixiert das Gegenüber und holt bei ihm, aufgeräumt gestimmt und immer bestätigend nickend, genau das ab, was dieses Gegenüber dem "Regio-TV"-Publikum an Promotionsbotschaften mitteilen möchte. Etwa so wie "Regio aktuell" im Bewegtbild.

"Ich spiele am Fernsehen die Körperhaltungen meines Vaters aus", vertraut uns der Moderator an. Sein Vater Georges Wittlin, ein freisinniger Architekt und Friedensrichter, gehörte dem Baselbieter Verfassungsrat an. Aber bloss den Stichwort-Lieferanten will "Dr Däni" (wie er sich in Beiträgen selbst nennt) nicht spielen: "Ich habe die Feder gespannt. Wenn es mir zu bunt wird, greife ich blitzartig ein."

Ob nun der FC Allschwil ein Fussball-Turnier oder Barbara Koellreuter vom "Klushof" in Aesch zur Frühlings-Weindegustation einlädt – Wittlin ist dabei und bringt Menschen in die Stube, die mit ihren Aktivitäten in New-Sendern kaum eine Auftritts-Chance hätten.

Die Themen-Palette ist beliebig. Da kommt auch mal "Penthouse"-Covergirl Desireée Schermesser (wie sie damals hiess), Peter von Sury, der Abt des Klosters Mariastein oder regionale Bierbrauer, vor die Kamera. Selbst der querulatorische Basler VA-Grossrat E. W. erhält in der Wasserfallen-Gondelbahn eine Acht Minuten-Plattform.

"Er duzt hemmungslos ohne Rücksicht
auf Amt und Würden."

So sehr er im Studio oder auch im Gespräch mit OnlineReports einen Vulkan von Temperament spürbar werden lässt, so affirmativ und zuweilen ein wenig servil geht er mit jenen um, die er prominent ins Bild setzt. Kritische Fragen oder Widerspruch zählen nicht zu seinem handwerklichen Repertoire.

Ganz nach seinem Motto der Gleichheit aller Menschen startete er sein Interview mit Abt von Sury mit den Worten: "Lieber Peter, wie bist du heute in diesen Tag gestartet?" Als er später die Frage stellte, weshalb er, Wittlin, als "Kind Gottes" eine "Ehrfurcht" vor dem Herrn haben sollte, antwortete der Kirchenmann, als sei eine völlig andere Frage gestellt worden. Eine entschlossene Nachfrage, die aus journalistischer Optik zwingend gewesen wäre, blieb aus.

Den aus journalistischer Perspektive gröbsten Regelverstoss leistet sich Daniel Wittlin, indem er seine Interviewten ohne Rücksicht auf Amt und Würden hemmungslos duzt. Selbst vor Finanzminister Ueli Maurer macht er nicht halt. Als der deutsche Spitzenpolitiker Gregor Gysi Läufelfingen besuchte, sprach ihn Wittlin mit "Gregor" und in Mundart an. Dasselbe mit "Kathrin" (der Sicherheitsdirektorin), der Monica (Bildung) oder dem "Peter" (SVP-Fraktionschef).

Es gibt aber Ausnahmen. Um im Gespräch mit Verteidigungsministerin Viola Amherd das Du zu umgehen, wählte er die Formulierung "Was sagt die Frau Bundesrätin dazu?". Auch der Tecknauer Populärhistoriker Hans A. Jenny hat, obwohl Wiederholungs-Gast am Sender, gebeten, beim "Sie" zu bleiben.

Nein, sagt der gebürtige Binninger und mit Geschäftsführer Max Schwank Gesellschafter der "Regio-TV"-GmbH, sein Du-Fimmel sei keine Attitüde, um dem Publikum seine Popularität immer von Neuem zu beweisen. "Es ist für mich ein rein menschlicher Affekt. Wenn sie auf dem Sie bestünden und es der Volkswille wäre, wäre ich etwas traurig und beleidigt. Aber ich könnte mich dem fügen. Ich bin Euer Däni und unterwegs fürs Volk, fertig", legt er sich seine Nähe-Legitimation zurecht.

Der grosszügige Programm-Charakter im Jekami-Stil kommt auch dann zum Ausdruck, wenn Mitmoderatorin Ronja Borer als Sängerin mit ihrem Vater Bo Katzman aufritt oder sich Daniel Wittlin vor dem Weihnachtsbaum ans Klavier setzt und Sänger Florian Schneider zu einem seidenen Lied begleitet. "Es ist für mich der einzige Moment, an dem ich mich als Musiker selbst darstellen kann, wenn man mich schon in sämtlichen Medien und überall negiert."

Man spürt: Es tut ihm weh, dass die professionellen Nachrichten-Medien das genre-fremde "Regio-TV plus" so gut wie nie zur Kenntnis nehmen.

"Die Themenauswahl hängt immer davon ab,
wie viel Platz ich noch habe."

Zwangsläufig drängt sich die Frage auf, nach welchen Kriterien "Regio-TV" Beiträge und Themen auswählt. Wittlin, der wöchentlich zehn Personen befragt: "Das hängt immer davon ab, wie viel Platz ich noch habe."

Auf die Frage, ob er Themen auch nach dem Werbe-Potenzial aussuche, winkt er ab: "Nein, Nein." Aber gut, heute Morgen hatte er gerade einen Erstkontakt, bei dem es auch darum ging, "ob wir in einem, zwei Monaten zusammensitzen können". Gern lässt er sich auch, ohne eine offizielle Kooperation zu pflegen, über kommunale Berichte der Sissacher "Volksstimme" inspirieren.

Die Auswahl der Protagonisten erfolgt pluralistisch, aber mit gewerblichem und bürgerlich-konservativem Akzent, wie mir scheint. "Eher konservativ und ein bisschen rechts" positioniert sich auch Daniel Wittlin, wobei ihm die SVP-Wortwahl "manchmal auf den Sack geht", wie er im Gespräch präzisiert.

41'000 Zuschauende weist "Regio-TV" wöchentlich aus in einem Programm, das aus zahlreichen Gefässen wie "Birsstadt-TV", "Gemeinde-TV", "Blaulicht-TV" oder "Neus usem Gwärb" besteht und durch die Übertragung der Heimspiele des RTV Basel und der "Starwings" ergänzt wird.

Da kriegen auch Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten einmal das Wort zur freien Publicity vor der magischen Fernsehkamera. "Regio-TV" bietet keine Tagesaktualitäten, aber nette Bilder, die ihr Publikum finden und Interviewpartner, die sich immer wieder auch für ihren Auftritt nett bedanken.

Mehr über den Autor erfahren

Artikel gefallen? Twint-Spende an Recherchierfonds:

5. Januar 2022


 Ihre Meinung zu diesem Artikel
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)

Weitere aktuelle News

www.onlinereports.ch - Das unabhängige News-Portal der Nordwestschweiz

© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigene Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

Auf dieser Website gibt es Links zu Websites Dritter. Sobald Sie diese anklicken, verlassen Sie unseren Einflussbereich. Für fremde Websites, zu welchen von dieser Website aus ein Link besteht, übernimmt OnlineReports keine inhaltliche oder rechtliche Verantwortung. Dasselbe gilt für Websites Dritter, die auf OnlineReports verlinken.

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Wer bildet was oder wen?

RückSpiegel


Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

Werbung






In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).