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"Es braucht klare Kante": Anti-Chaos-Initiaten Messerli, Hablützel, Thüring
SVP will Basler Demo-Randalierern das Handwerk legen
Zwei Initiativen sollen das Demonstrationsrecht teilweise einschränken und das Gewerbe schützen
Von Peter Knechtli
Mit zwei Volksinitiativen will die Basler SVP das "Chaotentum" und die "Demoflut" in der Stadt bekämpfen. Das Demonstrationsrecht soll situativ eingeschränkt werden, Sachbeschädiger sollen für die Behebung ihrer Schäden aufkommen und das Gewerbe soll gegen Umsatzeinbussen als Folge von Manifestationen besser geschützt werden.
"So kann es nicht weitergehen. Die Regierung schaut zu und hat immer Ausreden", machte SVP-Kantonalpräsident Pascal Messerli heute Dienstagmorgen an einer Medienkonferenz seinen Standpunkt klar. In Basel hätten Chaoten einen "Freipass für Randale" ohne Folgen. Als Beispiel nannte er eine unbewilligte, überaus aggressive Demonstration vor gut drei Wochen, bei der drei Polizeikräfte verletzt, aber kein Demonstrant verhaftet und zur Rechenschaft gezogen wurde.
Laut Messerli legen die Chaoten und ihre Mitläufer "regelmässig den öffentlichen Verkehr lahm, begehen Sachbeschädigungen und blockieren die ganze Stadt". Darunter leide die Bevölkerung, aber insbesondere auch das Gewerbe, das Umsatzeinbussen in Kauf nehmen müsse: "Die Bevölkerung hat das Chaotentum satt." Dagegen brauche es "endlich klare Kante".
In sechs Jahren verdreifacht
Die SVP legte an der Medienorientierung eine undifferenzierte Grafik vor, laut der sich die Zahl der Demonstrationen in Basel zwischen 2016 (90) bis 2022 (287) verdreifacht hat. Ein Drittel davon sei unbewilligt gewesen. Bei Lichte betrachtet befinden sich darunter aber auch zahlreiche unproblematische Standaktionen oder bewilligte Manifestationen.
Morgen Mittwoch werden die beiden von der SVP lancierten unformulierten Initiativen im Amtsblatt veröffentlicht, die Unterschriftensammlung beginnt. Die Partei betont, dass die Versammlungsfreiheit ein "wichtiges Grundrecht für jede Demokratie" sei. Nicht geschützt sei dieses Recht aber, wenn dabei "Gewaltakte verübt oder gegen die Rechtsordnung verstossen" werde.
Krawallanten zur Kasse
Die "Anti-Chaoten-Initiative", die sich an einem Begehren der Jungen SVP Zürich anlehnt, verlangt von der Regierung ein Konzept, das die "hohe Anzahl nicht bewilligter Demonstrationen und Kundgebungen" reduziert. Eine Maximalzahl wird im Initiativtext nicht genannt. Bei solchen Demos sollen "Störer" für Polizeikosten und Schäden haften, statt dass die Steuerzahlenden "dafür aufkommen müssen" (so JSVP-Präsidentin Demi Hablützel).
In die Pflicht genommen werden sollen auch Störer, die während bewilligten Demonstrationen Gewalt gegen Personen oder Sachen ausüben oder andere Demonstrationen "widerrechtlich stören". Um eine solche Störung dürfte es sich beim Anlass "SVP bi de Lüt" am 21. Mai letzten Jahres auf dem Meret-Oppenheim-Platz gehandelt haben. "Basel nazifrei"-Aktivisten hatten dazu aufgerufen, der SVP den Kaffee-Apéro zu "vermiesen", was die Polizei mit Gummischrot verhinderte.
Milde möchten die Initianten bei sogenannten "Spontankundgebungen" walten lassen, die auch ohne Bewilligung weiterhin möglich sein sollen. Messerli nannte ein Beispiel: "Wenn morgen Russland Finnland angreift." Beim "Bedürfnis, sich mitzuteilen", sollen die Behörden "einen Spielraum haben".
Gewerbe-Schutz durch Platz-Demos
Demgegenüber will die "Freiheits-Initiative" das Gewerbe vor Einschränkungen durch eine übermässige Anzahl Manifestationen schützen. So sollen das Gewerbe und der öffentliche Verkehr "so wenig wie möglich eingeschränkt und der öffentliche Raum für anderweitige Nutzungen nicht unverhältnismässig tangiert werden". Anstelle von Zügen durch die Innenstadt soll der Kanton insbesondere an Samstagen vermehrt auf Platz-Demos setzen.
Ausserdem sollen Kundgebungen auf eine Art bewilligt werden – beispielsweise durch die Auflage einer Routenänderung –, dass Grossveranstaltungen in der Innenstadt wie Herbstmesse, Fasnacht und Vogel Gryff nicht beeinträchtigt werden. Im Fall des "March against Syngenta" habe das Appellationsgericht eine staatlich verordnete Route über die Wettsteinbrücke geschützt.
"Vermummt durch die Stadt"
Gewalttätige Demos und Saubannerzüge durch die Innenstadt waren den Grossräten Joël Thüring und Roger Stalder schon lange ein besonderer Dorn im Auge. Doch mit ihren parlamentarischen Vorstössen blitzten sie immer ab. Thüring übte deshalb Kritik an den "linken Mehrheiten" in Parlament und Regierung, die die Bevölkerung "in diesem Bereich im Stich lassen". Die Linke lege den Fokus lieber auf die Schwächung der Polizei. Ihr sei anlässlich der Frauenstreik-Demo sexuelle Belästigung vorgeworfen worden, eine Strafanzeige sei aber nie erfolgt.
Thüring attestierte der LDP-Sicherheitsdirektorin Stefanie Eymann, sie habe die Einsatzdoktrin gegenüber ihrem Vorgänger Baschi Dürr (FDP) zwar "etwas verschärft". Das ändere aber nichts daran, dass in Basel "illegale Chaoten vermummt durch die Stadt laufen".
FCB-Chaoten kein Thema
Kein Thema in den beiden Initiativen sind Randale, die FCB-Chaoten rund um den St. Jakobs-Park oder auswärts – wie neuerdings in Luzern, wo ein Zug zerstört worden war – regelmässig veranstalten. Hier gilt offenbar Sondermilde.
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7. März 2023
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