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Die Kernfrage zum Biozentrum: Hat die Haute Volée Stil?Die Basler Regierung sieht wegen ihres Verhaltens gegenüber der PUK schwerer Kritik ausgesetzt Von Peter Knechtli Der Bericht der Parlamentarischen Untersuchungs-Kommission (PUK), die massivste Zeit- und Kostenexplosionen beim Bau des Basler Biozentrums untersucht hat, ist, beidseitig bedruckt, 16 Millimeter dick. Auf geschlagenen 317 Seiten schildert der Bericht die Chronik einer Projekt-Überforderung, die in einer Überschreitung der budgetierten Kosten von 338 Millionen um über 100 Millionen Franken gipfelt.
Für die Herkulesarbeit verdient jedes der 13 Miliz-Mitglieder der grossrätlichen Kommission, allesamt mit dem Bau eines 70 Meter hohen Forschungslabors fachlich nicht vertraut, uneingeschränktes Lob. Dieser Bericht ist ein Musterbeispiel eines grundseriösen parlamentarischen Untersuchungs-Gremiums, das seine Rolle als Aufsichtsorgan über die Regierung ernst nimmt, und somit als Vorbild für ähnliche Gremien in anderen Kantonen dient.
Dieser Bericht will und kann nicht den Anspruch erheben, die alleinige Wahrheit bei der Suche nach Ursachen und Verantwortlichkeiten zu kennen. Vielmehr wird er – was selbst die Kommission nicht bestreitet – da und dort auch Fehler oder Fehleinschätzungen enthalten.
Dass sie im Bericht weitgehend unwidersprochen stehen geblieben sind, ist aber nicht die Schuld der grossrätlichen Prüfenden, sondern jene von aktuellen und ehemaligen Mitgliedern der Regierung, die darauf verzichtet haben, zu den PUK-Wahrnehmungen Stellung zu beziehen.
Ihr Kalkül geht – wie die im Bericht faksimilierten Reaktionen von Hans-Peter Wessels (ehemals Baudirektor) und Christoph Eymann (ehemals Erziehungsdirektor) zeigen – davon aus, sich nicht individuell, sondern zu einem späteren günstigen Zeitpunkt vor der Behandlung des Berichts im Grossen Rat mit Kollektiv-Kaliber zu äussern: um sich dadurch vor einem persönlichen Schuldeingeständnis schadlos zu halten.
Einzig vom früheren Baudirektor liegt ein Bekenntnis aus dem Jahr 2019 vor: "Die Hauptverantwortung liegt (…) beim Baudepartement und somit bei mir." Damit kann es nicht sein Bewenden haben. Mit ihm sassen aber noch weitere Regierungsräte aus beiden Basel und das Präsidium des Universitätsrates im Lenkungsausschuss, dem zentralen Steuerungsgremium. "Es darf nicht sein, dass sich die Elite Man darf sich die Frage erlauben, ob dies die Art und Weise ist, wie sich die Haute Volée aus Regierung und Hochschule in mehrfach hochproblematischen Doppelfunktionen vor der Verantwortung drückt, wenn ausgerechnet beim Bau eines "Leuchtturms der Wissenschaft" ziemlich alles aus dem Ruder lief, was aus dem Ruder laufen konnte.
Der PUK-Bericht hat es richtigerweise nicht darauf abgesehen, "Köpfe" zu fordern, zumal die damaligen für Bau und Bildung zuständigen Regierungs-Akteure seit geraumer Zeit gar nicht mehr im Amt sind. Im Regierungskollegium ist bekanntlich jedes Mitglied gehalten, über den eigenen Gartenhag zu schauen und sich auch um Nachbars-Departemente zu kümmern.
Dennoch hat die Steuern zahlende Öffentlichkeit ein Recht darauf zu erfahren, wer ihr durch Verletzung der Kontroll- und Aufsichtspflicht diese Biozentrums-Suppe eingebrockt hat. Das gehört zu einer sauberen Aufarbeitung.
Darum sollte sich die Regierung nun hüten, den PUK-Wälzer nun in der Luft zu zerreissen, nachdem sich der Pulverdampf seiner Präsentation gelegt hat. Am Tenor ihrer in Aussicht stehenden Stellungnahme wird abzulesen sein, für welches Image-Konzept sie sich entscheidet: Kritik parieren und Angriff auf die PUK – oder differenziertes Argumentarium, das auch Fehlverhalten und Schuld miteinschliesst. Reines "Bedauern" wie bisher genügt nicht mehr in der abschliessenden Beurteilung einer Angelegenheit, in der die PUK "mögliche widerrechtliche Handlungen nicht ausschliessen" kann. Von einer Regierung, die sich eine offene Fehler- und Kritik-Kultur auf die Fahnen schreibt, muss die zweite Variante erwartet werden. Denn es darf nicht sein, dass sich die Elite aus Politik und Bildung kollektiv der Verantwortung entzieht. Vielmehr wird sie deklarieren müssen, wo aus ihrer Sicht die groben Fehler zu suchen sind, die zu diesem Finanz- und Image-Desaster geführt haben. "Der schärfste Vorwurf ist jener, In der bevorstehenden Grossratsdebatte um den PUK-Bericht wird es zentral um die Frage gehen, wer die 100 Millionen Mehrkosten zahlt. Es geht aber auch um Fundamentaleres. Scheint der alltägliche Umgang zwischen Grossem Rat und Regierung noch durch die üblichen Interessengegensätze gekennzeichnet zu sein, offenbart der PUK-Bericht und die dazugehörende Medienverlautbarung ein Stimmungs-Malaise von noch nie dagewesener Schärfe. Darin wirft die Kommission der Regierung vor, sie sei "nicht an der Wahrheitsfindung interessiert" und habe "auf eine Stellungnahme zum Bericht verzichtet".
Doch daraus zu schliessen, die Regierung wolle Busse tun und es beim Niederprasseln des PUK-Gewitters bewenden lassen, wäre naiv. Alle Zeichen deuten darauf hin, dass der Gegenschlag der Regierung nicht auf sich warten lässt. Schon vor einem halben Jahr hatte der Lenkungsausschuss dem regierungsrätlichen Vorschlag einer "möglichen Reaktion" zugestimmt. Die Regierung will das letzte Wort.
Aus der Kommission waren die Wahrnehmungen über das Verhalten der Regierung quer durch alle Parteien hinweg einhellig, wie OnlineReports erfuhr. Es sei "frech und arrogant, das rechtliche Gehör zu verweigern", "dicke Post von Demokratie-Verständnis", meinen die einen, von "Anmassung" sprechen die anderen.
Die schärfste Kritik betrifft aber den Vorwurf eines bürgerlichen Parlamentsmitglieds, die Regierung betreibe "Suprematie" – beanspruche also so etwas wie die Oberhoheit über die Parlamentarische Untersuchungs-Kommission. Dies bedeutete nichts anderes als die Pervertierung der rechtlich verbrieften Oberaufsicht der dieser Kommission über die Regierung – und nicht umgekehrt.
Suprematie-Tendenzen aus dem Regierungskreis, wenn es sie über einen möglichen Einzelfall hinaus gehen sollte, wären für den Grossen Rat gefährlich. Das Parlament müsste ihnen einen unmissverständlichen Riegel schieben.
Es wird zudem spannend sein zu beobachten, ob die Regierung in einer PR-gesteuerten Stellungnahme weiterhin die Hände in Unschuld zu waschen versucht – ober ob sie Entscheidendes zur Klärung der Verantwortlichkeit beizutragen bereit ist. Imagepflege kann Stil nie ersetzen. 23. September 2022
"Auch Baselbiet im Lenkungsausschuss vertreten" Auch in diesem – ansonsten sehr guten Kommentar – wird die Tatsache völlig ausgeblendet, dass der verantwortliche Leitungsausschuss für das Biozentrum aus Vertretern beider Basel zusammen gesetzt ist. Warum beschäftigt das Desaster nur den Stadtkanton? Roland Stark, Steuerzahler, Basel |
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