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© Foto by Ingo Höhn
"Sonderbarer Reiz der Verfremdung": Szene aus "Barbier von Sevilla"

"Il Barbiere di Siviglia": Der Puppen Liebeskuss

Im Schauspielhaus Basel verwandelt Regisseur Nikolaus Habjan Rossinis Oper in Figurentheater


Von Sigfried Schibli


Die Bühne ist kleiner, das Sängerensemble jünger, das Orchester kammermusikalischer als in der Oper gewohnt. Für Rossinis "Barbiere di Siviglia" hat das Theater Basel radikal umbesetzt, ist von der Grossen Bühne ins Schauspielhaus umgezogen und lässt Studierende der Musikhochschule spielen und junge Talente vom Opernstudio OperAvenir singen. Die Inszenierung aber liegt in den Händen eines jungen Vollprofis, der sich mit dem modernen Figurentheater einen Namen gemacht hat: Nikolaus Habjan, 1987 in Graz geboren, opernerfahren und bereits mehrfach als Theaterzauberer ausgezeichnet.

 

Zwischen Puppenspiel, Masken und Theater gibt es eine alte, intime Verbindung. Die Masken des altgriechischen Theaters fallen einem ein und der grosse Marionetten-Aufsatz von Heinrich von Kleist. Und, ob Zufall oder nicht, schon eine frühere Basler Produktion der Rossini-Buffa spielte mit dem sonderbaren Reiz der Verfremdung.

Damals – in Claus Guths Inszenierung vom Februar 2005 – waren die handelnden Personen als singende Insekten dargestellt. Diesmal, in Nikolaus Habjans neuer Version des "Barbiere di Siviglia", hat jede singende Person ein Double in Form kunstvoller, grotesk überzeichneter Puppen, die das Publikum mit ihren Riesenaugen anglotzen, mit den Armen wirbeln und die Mäuler weit aufsperren.

 

Klar, dass das die jungen Sänger doppelt fordert, denn sie müssen nicht nur die richtigen Töne treffen, sondern auch noch den Puppen – es sind Halbkörper mit Köpfen und Armen, aber ohne Unterleiber – durch passende Bewegungen scheinbares Leben einhauchen. Und dieses Figurentheater mit Gesang harmoniert auf umwerfend komische Weise mit der Musik, so dass man sich beim Gedanken ertappt, dass man eigentlich lieber Puppen zuschaut als Menschen, die sich verzweifelt damit abmühen, in eine ihnen fremde Rolle zu schlüpfen.

 

Die Titelfigur, der Barbier von Sevilla, wirkt mit seinem breiten Klappmaul wie ein naher Verwandter von Kermit aus der "Muppet Show". Kyu Choi gibt der Figur starke baritonale Präsenz und führt sein grossmäuliges Double virtuos. Wenn er seinem Widersacher Doktor Bartolo die Haare striegelt und dabei nicht merkt, dass er nur noch die Perücke in der Hand hält, ist ihm der Lacherfolg sicher.

 

Dieser Bartolo wird vom einzigen Sänger verkörpert, der nicht aus dem vor 15 Jahren gegründeten Opernstudio stammt: Diego Savini singt und spielt den alten Geizkragen und Schwerenöter mit markantem, lupenrein geführtem Bass. Sein Mündel Rosina bekommt er letztlich nicht zur Frau, da kommt ihm der Graf Almaviva alias Lindoro mit jugendlichem Charme und einigen Tricks zuvor. Ronan Caillet singt diese Tenorpartie mit weicher, höhensicherer Stimme und macht sowohl als Graf als auch als falscher Offizier ausgezeichnete Figur.

 

Ein Höhepunkt an Figurenkomik ist erreicht, wenn der Graf oben auf der von Jakob Brossmann gestalteten Drehbühnen-Treppe seine Rosina inniglich küsst und die Beiden fast übers Geländer fallen. Das heisst, eigentlich tun die beiden Puppen das, und dass sie dabei noch ein anspruchsvolles Liebesduett singen, verdanken sie natürlich den tüchtigen Sängern in ihrem Rücken. Das ist im Falle der allseits begehrten Rosina die ukrainische Sopranistin Nataliia Kukhar, die über einen weiten Ambitus von der Altlage bis zum Koloratursopran verfügt und die Partie der nicht unbedingt sympathisch gezeichneten, reichlich zickigen Rosina herrlich zum Leben erweckt.

 

Den Preis für die grauslichste Puppe aber hat sich zweifellos der mit einer zwei Meter langen, schlangenartigen Zunge ausgestattete Musikmeister und Raffke Don Basilio verdient, der wie frisch aus dem Grab entstiegen wirkt. Jasin Rammal-Rykala singt die Basspartie mit hoher Glaubwürdigkeit.

 

Inszenierungen bekannter Repertoirewerke stehen heutzutage fast immer unter dem Druck, etwas Neues, noch nie Gesehenes zu bieten. Und das gelingt diesem musikalischen Figurentheater auf beglückende Weise. Von der instrumentalen Seite einer Oper erwartet man nicht im gleichen Masse Innovation.

Doch kann die Basler Produktion auch in dieser Hinsicht trumpfen: Auf der Bühne sitzt ein junges Ensemble aus 13 Instrumentalisten von der Basler Musikhochschule. Es spielt unter der Leitung von Hélio Vida eine Bearbeitung der Originalpartitur von Alexander Krampe. Und wir bekommen einen transparenten, farbigen, spritzigen Rossini serviert, der in den gut zweieinhalb Stunden nie langweilt. Ein Sonderlob der Solo-Hornistin!

 

Und wenn der Dirigent vielleicht doch gelegentlich ein wenig an Rossini-Überdruss leidet, streut er einfach am Hammerklavier ein paar frische Takte Mozart ein.

9. Mai 2022


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"Mehr als sehens- und hörenswert"

 

Die Inszenierung ist tatsächlich mehr als sehens- und hörenswert! Was das Ensemble da auf die Bühne des Schauspielhauses zaubert, war einfach beeindruckend. Hingehen!


Christine Valentin, Basel



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