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© Fotos by Parlamentsdienste / Rob Lewis
Das Fundament des Staates Schweiz: Die Bundesverfassung.

Die schweizerische Bundesverfassung: Lebensversicherung unserer Willensnation

Obwohl oft unbewusst und ungelesen, ist das 175 Jahre alte Regelwerk in den Köpfen zu recht präsent. Ein Leitartikel zum Jubiläum.


Von Thomas Gubler


In irgendeiner Form hat sie jede Schweizer Bürgerin und jeder Schweizer bei sich zu Hause: die schweizerische Bundesverfassung. Ganz gelesen haben sie wohl die wenigsten. Zu anspruchsvoll, zu trocken ist die Materie für die meisten.

Das macht aber nichts; denn die Bundesverfassung ist nicht ein Dokument primär zum Lesen, sondern für den Gebrauch. Sie ist das Fundament des Bundesstaates Schweiz und das Instrument für die Gestaltung dieses Staates.

Wie wichtig eine Verfassung sein kann, zeigt sich vor allem im Vergleich zu Ländern, die keine haben – wie etwa Israel, das wegen einer fragwürdigen Justizreform in eine eigentliche Staatskrise geraten ist.

Die Verfassung ist ein Werkzeug, das immer wieder gebraucht wird

Mit anderen Worten: Die schweizerische Bundesverfassung, quasi die Gründungsakte des schweizerischen Bundesstaats von 1848, ist trotz der 175 Jahre auf dem Buckel kein Museumsstück, das es hinter Glas zu betrachten gilt. Sie ist vielmehr ein Werkzeug, das immer wieder gebraucht wird.

Dieses Werkzeug mag mitunter etwas abgegriffen wirken und die eine oder andere schadhafte Stelle aufweisen, auch wenn es Ende des 20. Jahrhunderts durch die sogenannte Nachführung einen neuen Anstrich erhielt.

Die schweizerische Bundesverfassung ist so etwas wie die Lebensversicherung des Staates Schweiz, der eben gerade kein Nationalstaat im klassischen Sinne ist, sondern eine Willensnation ohne natürlichen Zusammenhalt, die auf den Säulen des Konsens ruht.

Im Laufe der Zeit wurde die Verfassung zu einem Instrument der direkten Demokratie ausgebaut.

So garantiert die Verfassung ein föderalistisches System mit autonomen Kantonen, die viele ihrer Bedürfnisse und Anliegen auf ihre eigene Art regeln können. Ein Zweikammer-Parlament (mit National- und Ständerat) nach amerikanischem Vorbild gibt jedem Vollkanton im Ständerat ein gleich grosses Gewicht, unabhängig von seiner Einwohnerzahl. Ohne diesen hocheffizienten Minderheitenschutz hätte sich die Schweiz wohl schwer im Herzen Europas behaupten können und wäre kaum von drei europäischen Kriegen verschont geblieben.

Im Weiteren legt die Verfassung die Kompetenzen in den Kantonen und dem Bund einerseits und in den Gewalten des Bundes (Parlament, Regierung und Justiz) andererseits fest, und sie garantiert in der Tradition der französischen Revolution die Grund- und Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger. Im Laufe der Zeit wurde sie zudem durch die Einführung des Gesetzesreferendums (bei der Totalrevision 1874) und der Volksinitiative (1891) zu einem Instrument der direkten Demokratie ausgebaut. Die Volksinitiative sorgt zudem dafür, dass die Verfassung relativ leicht teilrevidiert werden kann und deshalb nicht erstarrt.

Lange Zeit tat sich die Schweiz schwer mit dem Jahr 1848. Lieber feierte man den schönen Mythos des Rütlischwurs als die Realität eines Bürgerkriegs.

Die Verfassung von 1848 hat denn auch einen würdigen Festakt zum 175-jährigen Bestehen, wie er heute Dienstag im Nationalratssaal stattfinden soll, mehr als verdient. Dadurch wird sie den Schweizerinnen und Schweizern wieder einmal ins Bewusstsein gerufen. Und vielleicht bleibt der Bevölkerung das Gründungsdatum durch das aktuelle Bundesratsbild, das die Landesregierung vor einer Uhr abbildet, deren Zeiger auf 18.48 stehen, auch noch einige Zeit in Erinnerung.

Lange Zeit, so schien es zumindest, tat sich die Schweiz schwer mit diesem Datum. Lieber feierte man den Bundesbrief von Schwyz und den Rütlischwur von 1291 als die historischen Tatsachen von 1848 – lieber einen schönen Mythos als die Realität eines Bürgerkriegs.

Denn letztlich ist die Bundesverfassung aus dem Schlachtfeld des Sonderbundskrieges vom November 1847 hervorgegangen; einem Bürgerkrieg, nicht unähnlich dem amerikanischen. Einfach mit viel weniger Toten (93) und mit Guillaume Henri Dufour als einem General, der es nicht primär auf die militärische Niederwerfung der katholischen Sonderbundskantone abgesehen hatte, sondern auf einen schonenden Umgang mit dem Kriegsgegner.

Dass es nicht einmal ein Jahr später zu einer Befriedung des Landes und zu einem tragfähigen Konsens in Form dieser Verfassung gekommen ist, muss als staatspolitische Meisterleistung aller beteiligten Verantwortlichen gewertet werden, die mindestens so viel Aufmerksamkeit verdient wie der 1. August. Einen zusätzlichen Nationalfeiertag mit endlosen privaten Feuerwerken braucht es dafür nicht. Eine würdige Gedenkfeier alle paar Jahre wird dem Anlass auch gerecht.

 

 

Wie sehr das geltende Verfassungsrecht – auch ungelesen – in den Köpfen der Schweizerinnen und Schweizer präsent ist, zeigt sich immer dann, wenn sich der Bundesrat auf sogenanntes Notrecht abstützt. Etwa bei den Anti-Covid-Massnahmen oder der Bankenfusion UBS-Credit Suisse. Hier regt sich sofort Widerstand in der Bevölkerung, auch wenn die Verfassung den Erlass von Notrecht unter den entsprechenden Bedingungen durchaus vorsieht, und sich die "Freunde der Verfassung" dann auch als falsche Freunde erweisen können.

Dass sich die Bundesverfassung zudem als Stabilitätsfaktor erwiesen hat, zeigt die Tatsache, dass Gebietsveränderungen nur sehr selten vorkommen. Mit der Gründung des Kantons Jura und dem Kantonswechsel des Laufentals hat es sich auch fast schon.

Die Verfassung sorgt dafür, dass nicht jeder politische Modetrend einer x-beliebigen politischen Gruppierung gleich in Stein gemeisselt wird.

Trotz grosser Mobilität der Schweizerinnen und Schweizer spielt die Kantonszugehörigkeit immer noch eine grosse Rolle. Von der Bildung grösserer Verbände als der bestehenden Kantone, etwa von einem Kanton Nordwestschweiz, wird zwar immer wieder gesprochen – ernsthaft zur Diskussion stehen solche Projekte jedoch nicht.

Und nur schon die Aufwertung der ehemaligen Halbkantone zu Kantonen mit ganzer Standesstimme und zwei Ständeräten gelingt nicht. Man mag diese Bremswirkung der Verfassung bedauern, aber wirkliche Anliegen – und nur solche haben Chancen – benötigen hierzulande nun mal sehr viel Zeit.

Die gute alte Bundesverfassung verhindert hier Schnellschüsse jeglicher Art und sorgt dafür, dass nicht jeder politische Modetrend einer x-beliebigen politischen Gruppierung gleich in Stein gemeisselt wird. Denn dass die wesentlichen Inhalte der Bundesverfassung von 1848 inzwischen 175 Jahre überdauert haben, spricht vor allem für eines: dass dieses Regelwerk so schlecht nicht sein kann.

12. September 2023


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