© Denkmalpflege Baselland
"Gesamtkunstwerk von grosser Ausstrahlung": Gartenbad St. Jakob, Eingangs-Architektur 1955
Gartenbad St. Jakob: Unruhe über Veränderungen an der Gartenanlage
Angst unbegründet: Der Umbau der 1955 erbauten steht unter Aufsicht der Baselbieter Denkmalpflege
Von Christof Wamister
Das bikantonal genutzte Gartenbad St. Jakob wird in Etappen saniert. Baubeginn ist noch in diesem September. Die Arbeiten an der neuerdings denkmalgeschützten Anlage – sie zählt zu den schönsten modernen Gartenbädern der Schweiz – lösten Bedenken aus, doch sie stehen unter der Aufsicht der Baselbieter Denkmalpflege. Vorgesehene Korrekturen an den Gartenanlagen sorgen bereits für Aufregung und Gerüchte.
Nach einem heissen Sommer schliessen im September auch die Basler Gartenbäder. Das Bachgraben ist noch bis zum 25. September geöffnet, ebenso das auf Baselbieter Boden gelegene Sportbad im St. Jakob, während im dortigen, immer etwas kühleren Familienbad der letzte "Schwumm" am 11. September möglich war.
Dieser Termin war auf keinen Fall zu verschieben, denn seit Montag dem 12. September stehen die Absperrgitter für die Sanierungsarbeiten am ziemlich ramponierten Garderoben- und Technikgebäude, auch "Kästli-Gebäude" genannt, weil man in den dortigen Garderobenkästen die Badeutensilien versorgen kann. Überholt werden auch die Duschen und Toiletten.
Gerücht um schöne Gartenanlage
Diese Renovationsarbeiten stehen unter einem besonderen Vorzeichen, denn seit dem letzten Jahr steht das Gartenbad St. Jakob unter Denkmalschutz, und zwar unter demjenigen des
Kantons Baselland, denn bekanntlich stehen die Basler Sportanlagen in der Brüglinger Ebene auf dem Gemeindeboden von Münchenstein.
Und dieser Denkmalschutz sorgte noch vor Beginn der Erneuerungsarbeiten für Aufregung. Denn es ging das Gerücht um, die schöne Gartenanlage (Bild links) zwischen Kästli-Gebäude und dem Café-Restaurant beim Eingang werde aufgehoben und durch eine Asphaltfläche ersetzt. Und dies bei immer heisseren Sommertemperaturen.
Sowohl Mediensprecherin Sarah Mesmer vom Basler Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) namens der Bauherrschaft als auch die Baselbieter Denkmalpflegerin Brigitte Frei-Heitz dementieren Hinweise, die im Bad zirkulieren.
Anlage wird wiederhergestellt
Die Pflanzenanlage wird durch die Renovationsarbeiten zwar tangiert, danach aber wiederhergestellt. Denn sämtliche Gartenanlagen des Bades gehören zum Schutzumfang, wie er von der Denkmalpflege Baselland definiert wurde. Die Pläne und Bepflanzungskonzepte stammen vom legendären Basler Stadtgärtner Richard Arioli.
Gartendenkmalpflege ist ein Spezialgebiet von Brigitte Frei-Heitz und sie möchte die Gartenanlagen des "Joggeli" wieder mehr dem Originalzustand annähern, was nicht heisst, dass es so asketisch aussehen muss wie auf der historischen Fotografie von 1955 (siehe Bild oben). Musteranlagen, wie es in Zukunft aussehen könnte, wurden bereits entlang des Lehrschwimmbeckens angelegt. Nicht den Intentionen der Denkmalpflege entsprechen auch mehrstöckige Stein-Einfassungen, wie sie in der schönen Atriumsanlage direkt nach dem Eingang zu sehen sind.
Prominente Gartenbad-Gestalter
Um den Zeitgeist zu begreifen, unter dem Gartenbad entstand, muss man in die früheren fünziger Jahre zurückblicken. 1953 wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, der vom Architekturbüro Rasser & Vadi gewonnen wurde. Der Jury gehörten neben anderen Hermann Baur und Max Frisch an, der in seiner frühen Tätigkeit als Architekt selber ein Sportbad entworfen hatte: das heute noch bestehende Letzigraben in Zürich.
Die Denkmalpflege kommt zu folgender Würdigung: "Die klare Geometrie der Kuben und Flächen, der Einsatz von wenigen Materialien und Farben, eingebettet in das fliessende Grün der Aussenanlage, machen das Gartenbad St. Jakob zu einem Gesamtkunstwerk von grosser Ausstrahlung."
Es gehöre unter den Gartenbädern zu den Spitzenwerken der Schweizer Nachkriegs-Architektur. Integriert in die Gestaltung sind auch vier Kunstwerke am Bau, die sich erhalten haben, sowie die Beschriftung mit Lettern des Grafiker Armin Hofmann (vgl. das historische Bild), welchen die Denkmalpflegerin wieder mehr Wirkung verschaffen will.
Veränderte Gewohnheiten
Die Kehrseite der Ästhetik ist, dass sich die Gewohnheiten der "lieben Badegäste" (wie sie in den Lautsprecher-Durchsagen jeweils genannt werden) geändert haben. Das obere Stockwerk des Kästli-Gebäudes steht seit Jahren leer, weil die Garderoben weniger frequentiert werden.
Die Stammgäste mieten lieber Saisonkabinen, die ebenfalls zum Originalbestand der Bauten gehören. Auch die Restaurant-Terrasse mit Buffet und Küche im oberen Stock des später erstellten Gebäudes ist seit zwei Jahren geschlossen. Statt Menu und Tellerservice bevorzugt das Publikum Fast Food.
Renovation trotz eingeschränkter Nutzung
Das hat zur Folge, dass am Beispiel des Kästli-Gebäudes Räume und Stockwerke sorgfältig renoviert werden, die nicht mehr für die früheren Zwecke benötigt werden. Da sie für den Sommerbetrieb konzipiert wurden, wäre eine Isolation für andere Zwecke ausserhalb der Saison sehr aufwändig und offenbar auch nicht sinnvoll.
Denn laut Auskunft des BVD verhindern die Zonenordnung von Münchenstein eine andere Nutzung als für Sportanlagen. Dies gilt natürlich auch für das Restaurantgebäude, dessen Sanierung nach der Erneuerung der Familien- und Rutschbahnbecken in Angriff genommen wird.
Auch das gestalterisch sparsame Raumprogramm der früheren Gartenbäder-Architekten erweist sich heute als zu aufwändig. Gartenbäder sind für den Aufenthalt in Licht, Luft und Wasser gedacht. Bei trübem Wetter bricht der Umsatz sofort ein. Rentabel können sie nicht sein, betonen die Verantwortlichen, aber sie sind eine unverzichtbare öffentliche Dienstleistung. Und nicht nur die Stammgäste lieben ihr "Joggeli" und seine klassisch moderne Gestaltung.
15. September 2022