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Machterhalt und Eigennutz? Die rechte Ratsseite unterliegt.

Bürgerliche verlieren den Kampf um die Wahlreform im Baselbiet

Trotz Widerstand von SVP und FDP tritt der Landrat auf die Vorlage ein. Die Debatte verläuft engagiert – manchmal sogar emotional.


Von Thomas Gubler


Die Baselbieter Wahlreform wird weiterverfolgt. Zwar hat die von SVP und FDP dominierte Justiz- und Sicherheitskommission (JSK) des Baselbieter Landrats mit sieben zu sechs Stimmen beantragt, nicht auf das Geschäft einzutreten. Kommissionspräsident Dominique Erhart (SVP) argumentiert: "In der Reform ist kein eigentlicher Mehrwert zu erkennen. Und verständlicher als die geltende Lösung ist sie auch nicht."

Die bürgerliche Allianz, der Streben nach Machterhalt und Eigennutz vorgeworfen wird, unterliegt dann im Ratsplenum aber mit 43 zu 28 Stimmen. Das deutliche Ja-Mehr erklärt sich nicht zuletzt damit, dass die Bürgerlichen am Donnerstag wesentlich mehr abwesende Ratsmitglieder zu verzeichnen haben als SP, Grüne und Mitte.

 

Die ärgerlichen Sitzsprünge

 

Ein Ärgernis ist das Baselbieter Wahlrecht schon lange. Zum einen wird kritisiert, dass die Landratswahlen die wahren politischen Kräfteverhältnisse schlecht abbildeten und damit zu wenig demokratisch seien. Zum anderen wirken die sogenannten Sitzsprünge, bei denen der Sitz einer Partei plötzlich in einen anderen Wahlkreis "springt", mitunter bizarr.

Das ist vor allem dann schwer erklärbar, wenn dadurch Personen ins Parlament gewählt werden, die wesentlich weniger Stimmen erzielt haben als diejenigen, die den Sitz auf diese Weise verlieren. Zudem haben sich auch die systembedingten Pannen in der jüngeren Vergangenheit gehäuft.

Nach jahrelangen Bemühungen um eine gerechtere Lösung mit diversen Berichten und Expertisen hat der Regierungsrat dem Landrat als Lösung dann den sogenannten Doppelproporz vorgeschlagen. Mit dieser Methode wird auch der Nationalrat gewählt. Damit wäre der Kanton weiterhin in zwölf Wahlkreise eingeteilt, die vier Wahlregionen aber fielen weg. Sitzsprünge lassen sich zwar nicht ganz ausschliessen, aber immerhin wesentlich vermindern.

 

"Rechtsbürgerliche Machtdemonstration"

 

Die Ratsdebatte verläuft sehr engagiert, zeitweise sogar emotional. "Als Mitglied der JSK schäme ich mich heute; denn die Kommission hat ihre Arbeit verweigert", sagt Andreas Bammatter von der SP. Der Nichteintretensantrag sei zudem "eine rechtsbürgerliche Machtdemonstration". Tatsächlich bevorteilt das geltende Wahlrecht die grossen Parteien. Und von Sitzsprüngen sind vornehmlich Kleinere wie die EVP und die Grünliberalen betroffen.

SVP-Präsident Peter Riebli will nichts von Arbeitsverweigerung wissen. Es sei ja gerade die Aufgabe der Kommission, eine Vorlage auf ihre Tauglichkeit zu prüfen. "In diesem Fall ist der Ertrag den Aufwand nicht wert", sagt Riebli. Und für die FDP besteht schlicht kein Handlungsbedarf. Alain Bai sagt: "Das geltende Wahlsystem bildet die Verhältnisse durchaus ab. Im Übrigen ist kein Wahlsystem perfekt."

Was wiederum Werner Hotz als Sprecher der Kleinpartei EVP auf den Plan ruft. Wer die Chronologie der Wahlpannen verfolge, dem müssten die Argumente "fehlender Handlungsbedarf" und "zu grosser Aufwand" geradezu abstrus vorkommen, sagt Hotz.

 

Detailberatung folgt

 

Am Schluss obsiegt das Bündnis aus SP, Grünen, Mitte, GLP und EVP. Der Rat beschliesst, auf die Vorlage einzutreten, nachdem SVP-Fraktionschef Markus Graf vergeblich appelliert hat, der Landrat möge sich nicht immer nur mit sich selbst beschäftigen.

Die Detailberatung findet in zwei Wochen statt. Eine von der FDP beantragte Rückweisung der Vorlage an die Justiz- und Sicherheitskommission wurde mit 44 zu 27 Stimmen abgelehnt.

Mit der Revisionsvorlage ist eine Änderung der Kantonsverfassung verbunden. Deshalb wird die Stimmbevölkerung abschliessend entscheiden.

12. September 2024

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