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"Nicht das Geringste": Kampfschrift gegen getrennte Kinder
Scharfer Angriff auf Baselbieter Justizdirektor und Sozialbehörden
Die Kontroverse um die drei Kinder des Eritreers Michael Ghebremeskel spitzt sich zu
Von Peter Knechtli
Der Kampf des eritreischen Vaters Michael Ghebremeskel aus Reigoldswil um seine drei Buben verschärft sich dramatisch: Ein Komitee-Flugblatt greift Sicherheitsdirektor Isaac Reber, eine Sisscher Pflegefamilie und die Betreuungsbehörden scharf an.
Personen in Sissach und Lausen machten grosse Augen, als sie Ende vergangener Woche die Post aus ihrem Briefkasten holten. Sie enthielt ein Flugblatt, das äuserst massive Anschuldigungen an den Baselbieter Sicherheitsdirektor und amtierenden Regierungspräsidenten Isaac Reber, ein Sissacher Kinderbetreuungs-Paar und die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde enthält.
Regierungsrat "toleriert Räuberhöhle"
"Justizdirektor Isaac Reber toleriert Räuberhöhle als Kinderheim", heisst es da reisserisch fettgedruckt. Oder: "Skandalkinderheim in Sissach: Fr. 12'000.- Steuergelder pro Monat fliessen in ein Einfamilienhaus." Dem unvoreingenommenen Leser wird nicht sofort klar, um welchen Konflikt es sich hier handelt: Der Streit wird nicht dokumentiert. Deutlich wird nur, dass es um eine auseinander gerissene Familie geht.
Absender ist das "Komitee Zufan, Ernst Madörin, Ascona". Mit dem Namen Ernst Madörin wird deutlicher, worum es geht. Der 71-Jährige ist Seltisberger Unternehmer und unter anderem im Kuverthandel ("Rivoli") aktiv. Der mit einer Eritreerin liierte Ernst Madörin setzt sich mit aller Kraft und allen Kraftausdrücken für einen Eritreer ein, dessen tragische Geschichte schon viele Zeitungsspalten gefüllt hat.
Mutter-Suizid in der Klinik
Es geht um das Schicksal des in Reigoldswil wohnenden Michael Ghebremeskel, der als Flüchtling mit Frau und drei Kindern gestaffelt in die Schweiz kam. Seine an Depression leidende verzweifelte Frau Zufan (33), die damals in Liesberg wohnte, nahm sich, nachdem ihr Asylgesuch abgelehnt worden war, am 17. November 2012 in der Psychiatrischen Klinik in Liestal das Leben. Sie hatte sich an einem Ledergürtel erhängt. Der Vater und die Buben erhielten Asyl.
Zurück blieben ihr Mann und drei kleine Söhne im Alter von vier, sechs und acht Jahren, die nach der Flucht aus der Diktatur und der Ankunft in Lampedusa in Europa geboren wurden. Die Vormundschaftsbehörde Laufental platzierte die drei Kinder erst getrennt bei Pflegefamilien in Hölstein, Sissach und Rheinfelden. Inzwischen leben zwei der Söhne in einer Sissacher Pflegefamilie.
Madörins erbitterter Kampf
Nun führt Madörin einen erbitterten Kampf gegen die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb), gegen die Pflegefamilie und nicht zuletzt gegen Justizdirektor Isaac Reber, weil sich die Behörden weigern, die Kinder mit ihrem durch einen DNA-Test verbrieften Vater zusammen zu führen. Bundesordner von Akten hätten sich inzwischen bei ihm angehäuft, sagte Madörin zu OnlineReports und verglich die Situation mit Zuständen, wie sie früher Verdingkinder ausgesetzt waren.
Offenbar will die Laufentaler Behörde die Kinder unter Vormundschaft stellen, wogegen sich Michael Ghebremeskel und Madörin vor Kantonsgericht wehren. Madörin zu OnlineReports: "Gegen den Vater liegt nicht das Geringste vor. Er kann und will für die Kinder sorgen." Er, Madörin, habe vom Kinderheim "Auf Berg" in Seltisberg (siehe Link unten) die Zusage erhalten, alle drei Kinder aufzunehmen.
Attacke per Flugblatt
Letzte Woche hatte Madörin genug: Er suchte mit einem in Sissach und Lausen verteilten Flugblatt die Öffentlichkeit – mit starkem Tabak und teils möglicherweise persönlichkeitsverletzenden Äusserungen. Die Pflegefamilie in Sissach, die für die Kinderbetreuung monatlich 12'000 Franken Steuergelder beziehe, und ihr Eigenheim bezeichnet er als "Gefängnis". Zu der fünfköpfigen Pflegefamilie kämen fünf "hilflose" Pflegekinder und fünf Hunde. Der Präsident der Laufentaler Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, der die Zusammenführung der drei Buben verweigere, wird als "Lügner" bezeichnet.
Auch der grüne Sicherheitsdirektor Isaac Reber bekommt sein Fett ab. Obschon er den Regierungsrat immer wieder kontaktiert habe, habe er sich nie zurückgemeldet. Im Flugblatt wird Reber als "Jekami-Regierungsrat" bezeichnet und gefragt, ob er nicht "überlastet" und "überfordert" sei.
Fall diese Woche vor Kantonsgericht
Der Sicherheitsdirektor war für OnlineReports heute Montag für Auskünfte nicht erreichbar. Statt dessen verschickte die Landeskanzlei am Nachmittag per Medienmitteilung eine "Stellungsnahme", die inhaltlich nicht auf die Vorwürfe eingeht, sondern vor allem die Zuständigkeiten festhält.
So sei für die Frage der elterlichen Sorge beziehungsweise für die Obhutszuteilung die Kesb Laufental zuständig, die für die Kinder eine Vormundin verfügt hat. Aufgrund einer Beschwerde gegen diesen Entscheid liege es nun in der Zuständigkeit des Kantonsgerichts, die Frage des elterlichen Sorgerechts zu klären. Für die Beurteilung der Betreungs-Qualität in der Sissacher Betreuungsfamilie sei die Baselbieter Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion zuständig.
Sowohl die Sicherheitsdirektion wie die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion halten fest, "dass die verschiedenen im Flugblatt aufgeworfenen Fragen bereits im Rahmen von ordentlichen Verfahren geprüft werden". Da es sich um "laufende Verfahren" handle, könnten "keine detaillierteren Auskünfte erteilt werden".
Dramatisch und verzwickt zugleich
Die Verhandlung vor Kantonsgericht findet übermorgen Mittwoch statt. Franziska Preiswerk, die Präsidentin der Abteilung Verwaltungs- und Verfassungsrecht, gab OnlineReports zum Fall keine Informationen, da sowohl Datum wie Forderung und Inhalt der Verhandlung geheim seien.
Der Fall ist dramatisch und verzwickt zugleich. So verschwieg die verstorbene Mutter bei der Einreise vermutlich aus asyltaktischen Gründen, dass es einen Vater gibt. Offenbar soll sie angegeben haben, ihr Partner sei gestorben. Fraglich ist auch, ob die Heirat belegt und ob Michael Ghebremeskel jemals an irgendeiner Stelle die Vaterschaft für seine Buben formell anerkannt hat, wie es für ein rechtsstaatliches Verfahren in der Schweiz erforderlich wäre.
Kommentar
21. Juli 2014
Weiterführende Links:
"Bedenkliches Verhalten von Isaac Reber"
Mit diesem Fall ist die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, KESB, die schon mit "normalen" Fällen grösste Mühe hat und mit ihren realitätsfremden Entscheiden meistens nur Kopfschütteln auslöst, vollends überfordert. Deshalb macht sie mit einem ziemlich recht- und schutzlosen Flüchtling und seinen drei Buben, was sie am Liebsten tut und am besten kann: Sie spielt ihr willkürliches Machtgehabe gegenüber Schwachen aus.
Zum Glück hat sich diesem Skandal ein hartnäckiger Gerechtigkeitsfanatiker wie Ernst Madörin angenommen.
Das Verhalten von Sicherheits- und Justizdirektor Isaac Reber ist bedenklich. Er flüchtet sich hinter Floskeln wie "laufendes Verfahren", hinter Daten- und Persönlichkeitsschutz anstatt die Problembehörde KESB einmal (mit adäquater Aus- und Weiterbildung) an die Kadarre zu nehmen. Auch er tut das, was er am liebsten und oft am erfolgreichsten tut: den Fall auszusitzen.
Ein Blick in den Amtsbericht des Kantonsgerichts genügt um zur Überzeugung zu kommen, dass "der Stall des Augias", die KESB, ausgemistet gehört.
Albert Wirth, Liestal