© Collage by David Rossel
Versteckte Zwillinge? Das Spalentor und die PauluskircheRund 500 Jahre liegen zwischen zwei der bekanntesten Wahrzeichen Basels. Und trotzdem haben sie viel mehr gemeinsam, als man denkt. Ein Gastbeitrag von David Rossel*. Der Basler Historiker Ernst Alfred Stückelberg (1867–1926) legte in seinem Nachschlagewerk "Basler Kirchen" (1917 bei Helbing & Lichtenhahn erschienen) eine Ableitung von einer dem Heiligen Paulus gewidmeten Kirche im ehemaligen Kloster Gnadental in der Spalenvorstadt nahe.
"Sprachliches Taschenspielerstück"
Die These sorgte für einen regelrechten Gelehrtenstreit. Nur kurze Zeit später meldete Stückelbergs Kollege, Althistoriker Felix Stähelin (1873–1952), entschiedene Einwände an. Stähelin zitiert seinerseits den Historiker Daniel Albert Fechter (1805–1876), der schon 1852 im "Basler Taschenbuch" Paulus als Namensgeber als "burlesken Einfall" und "ein einzig in seiner Art dastehendes sprachliches Taschenspielerstück" bezeichnete.
Spalentor auf Französisch: "Porte St-Paul"
Stähelin hielt es in einer letzten Replik für unmöglich, dass erst zwei Jahrhunderte nach der Reformation auftauchende Heiligenbezeichnungen von einem seit 1346 nicht mehr belegten Patrozinium abgeleitet werden könnten. Die von Fechter propagierte Herleitung des Begriffs "Spalen" vom lateinischen palus ("Pfahl", "Palisade") ist historisch sehr gut dokumentiert und heute breit akzeptiert. Was hingegen das seit 1755 belegte (Wieder-)Auftauchen eines Pauluspatronats rund um die Spalenvorstadt bewirkte (selbst für den Spalenberg fand sich der Name "St. Paulusberg"), kann nur vermutet werden.
"St Pauls Gate": Stahlstich von William Tombleson.
Offen bleibt, ob all diese Tatsachen dem evangelisch-reformierten Kirchenrat bekannt waren, als die Namensgebung der Pauluskirche diskutiert wurde. Der Name "Markuskirche" war auch im Gespräch, und der ursprüngliche Wunschname "Neu St. Leonhard" wurde vom Regierungsrat abgelehnt. Hätte man anders entschieden, wenn man gewusst hätte, dass das heutige Kornhaus früher mal die erste Basler Pauluskirche war?
So oder so französisch geprägt
Folgender Funfact rundet die mutmassliche Verwandtschaft der versteckten Zwillinge ab: Der Bauplatz, wo die Pauluskirche ab 1898 nur wenige Hundert Meter vom Spalentor entfernt errichtet wurde, war zuvor ein Landgut im Besitz der Familie Legrand, die im 16. Jahrhundert als hugenottische Flüchtlinge nach Basel kamen. Deren berühmtestes Mitglied Johann Lukas Legrand (1755–1836) wurde erster Präsident des französischen Vasallenstaates (der "République helvétique") und somit einer nationalen Regierung in der Schweizer Geschichte.
*Text und Recherche: David Rossel, Leiter Kulturkirche Paulus
Am Samstag, 17. August, findet in Basel der "Tag der Stadttore" statt. Zwischen 10 und 17 Uhr sind die drei verbliebenen Stadttore sowie der Pulverturm im Waisenhaus öffentlich zugänglich. 15. August 2024
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