© Fotos by Jan Amsler, OnlineReports.ch
"Solche Gedankenspiele kann man durchaus machen": Interview mit dem Präsidium der Basler MitteSara Murray und Franz-Xaver Leonhardt lassen es offen, ob ihre Partei künftig an der bürgerlichen Allianz festhält. Und finden eine engere Zusammenarbeit mit der GLP im Parlament "sinnvoll". Von Alessandra Paone und Jan Amsler Franz-Xaver Leonhardt, Sara Murray, gibt es die bürgerliche Allianz noch?
Nach dem ersten Wahlgang wartete man vergeblich auf eine gemeinsame Stellungnahme der bürgerlichen Parteien über das weitere Vorgehen. Gab es überhaupt eine Absprache? Murray: Natürlich sind wir am Wahlsonntag für eine erste Lagebeurteilung zusammengesessen. Alles andere wäre naiv gewesen.
Von aussen war zumindest keine Strategie erkennbar … Murray: Wir von der Mitte haben unsere Strategie klar kommuniziert: Tritt Eva Biland im zweiten Wahlgang an, werden wir sie unterstützen. Ansonsten schauen wir parteiintern weiter. Murray: "Von Wortbruch kann nicht Eben. Leonhardt: Die Verhandlungen über die bürgerliche Allianz hat unsere Vorgängerschaft geführt. Aber wir werden diesen Punkt beim Debriefing einbringen.
Und wie ticken sie? Leonhardt: Ich werde sicher nicht über OnlineReports andere Parteien beurteilen. Genauso masse ich mir nicht an, öffentlich die Kandidatenwahl einer Bündnispartnerin zu kritisieren. Das kann man an einer Sitzung tun. Solche Fauxpas passieren in der Regel in Stress-Situationen. Das meine ich damit, wenn ich sage, man sieht, wie andere Parteien ticken.
Ihre Bündnispartner haben indes den öffentlichen Weg gewählt und Ihre Partei für den Entscheid, Esther Keller zur Wiederwahl zu empfehlen, in den Medien scharf kritisiert. Murray: Es gab keine Abmachung für den Fall, dass die bürgerlichen Kandidaturen zurückgezogen werden, und demnach auch keine Abmachung gegen eine Empfehlung für Esther Keller. Wir haben die Parteiversammlung der FDP abgewartet und dann unseren Entscheid gefällt. Von Wortbruch kann nicht die Rede sein. Insofern enttäuschen mich die Reaktionen unserer Bündnispartner sehr.
Nach dem Verzicht von SVP und FDP, im zweiten Wahlgang anzutreten, wäre eine gemeinsame Empfehlung für Esther Keller die logische Konsequenz gewesen. Murray: Vor allem, weil man sie öffentlich bereits als "das kleinere Übel" bezeichnet hat.
Nun könnte die linke Mehrheit mit Anina Ineichen tatsächlich Realität werden. Bei Rot-Grün herrscht grosse Euphorie. Leonhardt: Die linke Euphorie hat wenig mit der Realität zu tun. Ich bin Unternehmer und führe mit Zahlen. Meine Rechnung, die ich aufgrund der Stimmenverhältnisse gemacht habe, zeigt, dass Esther Keller gewinnen wird.
… die wohl besonders links mobilisieren. Murray: Das glaube ich nicht. Es sind Themen, die auch uns stark mobilisieren. Und gerade der Rheintunnel ist den Bürgerlichen enorm wichtig. Unsere Leute werden also genauso an die Urne gehen wie die linken Stimmbürgerinnen und Stimmbürger – und dann wohl eher Esther Keller wählen. Leonhardt: "Eigentlich lautet die aktuelle Formel eher 2-2-3." Sie haben bei Ihrer Wahl ins Parteipräsidium gesagt, dass Sie in erster Linie die politische Mitte stärken wollen. Insofern dürfte Ihnen Esther Keller ohnehin lieber sein als die Freisinnige Eva Biland, die klar rechts von der Mitte steht. Leonhardt: Von ihren Positionen her würde Eva Biland als Regierungsrätin wohl tatsächlich nicht unbedingt die politische Mitte stärken …
Aber es stand auch eine Allianz zwischen der Mitte und der GLP zur Debatte. Murray: Es haben keine konkreten Gespräche stattgefunden.
Ihre Fraktionschefin Andrea Strahm hat in einem Podcast von bz und Radio Basilisk betont, dass sich die Mitte als Partei in der politischen und nicht in der bürgerlichen Mitte positioniere. Wo genau steht nun die Mitte? Murray: In der politischen Mitte.
Gemäss der aktuellen Regierungsformel 3-1-3 ist die Mitte mit ihrem Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger aber Teil des bürgerlichen Trios. Leonhardt: Eigentlich lautet die aktuelle Formel eher 2-2-3.
Also zusammen mit der GLP in der Mitte. Murray: Das heisst aber nicht, dass wir nur noch mit der GLP und nicht mehr mit den bürgerlichen Parteien zusammenarbeiten.
Hotelier, Vater, Grossrat: Franz-Xaver Leonhardt.
Oder anders gesagt: Geht es darum, den Sitz von Lukas Engelberger zu sichern, verbünden Sie sich mit den Bürgerlichen. Ist dieser gesichert, sind Sie offen für andere Allianzen. Murray: Den Entscheiden ging jeweils eine angeregte Diskussion der Basis voraus, bei der die Ausgangslage beurteilt wurde. Das ist die Stärke unserer Partei.
Auf eidgenössischer Ebene gab es Annäherungsversuche der Mitte zur GLP. Murray: Die Medien haben das kolportiert, es stimmt aber nicht. Eine interne Umfrage zur Zukunft der Partei beinhaltete die Frage, ob eine Fusion mit der GLP eine Option wäre. Mehr ist da nicht.
Wäre eine Fusion für Sie eine Option? Murray: Ich will es so formulieren: Wenn der Abwärtstrend der GLP anhält und sie es nicht schafft, ihre Stärke zu halten, dann nehmen wir die Leute, die zu uns kommen wollen, gerne auf. Murray: "Es wäre kein Problem, Grünliberale abzuholen." Sind die Unterschiede – konservative Mitte und gesellschaftsliberale GLP – dafür nicht zu gross? Leonhardt: Unsere Partei hat eine 100 Jahre lange Tradition und ist darin geübt, verschiedene Meinungen zuzulassen. Wir sind eine breite Mitte. Das sieht man zum Beispiel daran, dass sowohl Helen Schai, die links steht, als auch Daniel Albietz mit eher rechten Positionen in der Partei akzeptiert sind.
In Basel-Stadt sind die Grünliberalen in etwa gleich stark wie die Mitte: je sieben Mandate im Grossen Rat und ein Regierungssitz. Leonhardt: Das stimmt. Wenn sie jedoch am 24. November ihren Regierungssitz und in drei Jahren ihren Nationalratssitz verlieren würden, sieht es nicht mehr gut aus. Aber Esther Keller schafft es. Ich glaube daran.
Ist eine gemeinsame Grossrats-Fraktion Mitte-GLP denkbar? Leonhardt: Solche Gedankenspiele kann man durchaus machen. Leonhardt: "Für jemanden wie mich, der gerne gestaltet, wäre das eine tolle Aufgabe." Ein Blick in die Zukunft: Wie wollen Sie den Mitte-Regierungssitz verteidigen, wenn Lukas Engelberger nicht mehr antritt? Leonhardt: Mit Fleiss, Qualität und einer guten Strategie.
Haben Sie bereits mit den Vorbereitungen begonnen? Leonhardt: Ja, klar. Wir müssen für alle Fälle vorbereitet sein. Leonhardt: Unser Ziel ist es, immer einen Regierungsrat oder eine Regierungsrätin zu stellen. Und wie erreicht das eine kleine Partei? Mit guten Kandidatinnen und Kandidaten. Regierungswahlen sind Personenwahlen.
Würde Sie das Amt reizen? Leonhardt: Klar. Für jemanden wie mich, der gerne gestaltet, wäre das eine tolle Aufgabe. Auf die Frage, ob ich kandidieren würde, erhalten Sie aber keine Antwort. Wir haben eine ganze Reihe geeigneter Kandidatinnen und Kandidaten.
Vor den kantonalen Gesamterneuerungswahlen steht aber die Ständeratswahl an. Sollen die Bürgerlichen mit Lukas Engelberger den linken Sitz angreifen?
Was bei Lukas Engelberger der Fall ist. Während Corona war er als Präsident der Schweizerischen Gesundheitsdirektorenkonferenz omnipräsent. Wir stellen aber fest: Er ist für sie nicht gesetzt. Murray: Auch diese Frage werden wir an einer unserer Strategie-Sitzungen besprechen. Sicher ist, dass eine Kandidatur aus der Mitte gute Chancen hätte, den Sitz zu gewinnen.
Von Franz-Xaver Leonhardt wissen wir nun, dass er aufs Regierungsamt schielt. Sara Murray, was sind Ihre politischen Ambitionen? 5. November 2024
Mitte-Duo: "Mutig und unabhängig"
Sara Murray und Franz-Xaver Leonhardt leiten seit März 2024 die Mitte Basel-Stadt. |
www.onlinereports.ch - Das unabhängige News-Portal der Nordwestschweiz
© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.
Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigene Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.
Auf dieser Website gibt es Links zu Websites Dritter. Sobald Sie diese anklicken, verlassen Sie unseren Einflussbereich. Für fremde Websites, zu welchen von dieser Website aus ein Link besteht, übernimmt OnlineReports keine inhaltliche oder rechtliche Verantwortung. Dasselbe gilt für Websites Dritter, die auf OnlineReports verlinken.