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Ein schnittiges Rennrad – das war früher.

Ein Velo ist ein Velo – oder doch nicht?

Was heute durch die Gegend rast, hat mit dem guten alten Drahtesel nur noch wenig zu tun. Eine Glosse.


Von Thomas Gubler


"Ein Tisch ist ein Tisch", heisst eine von Peter Bichsels Kindergeschichten aus dem Jahre 1969. Und sie geht so: Ein alter Mann will unbedingt, dass sich etwas ändert. Und so beginnt er, dem Tisch Teppich, dem Bett Bild und dem Stuhl Wecker zu sagen. Natürlich ändert sich deswegen an der Realität nichts. Der Alte versteht mit der Zeit die Leute nicht mehr – und umgekehrt.

55 Jahre später haben sich die Zeiten wirklich geändert. Bei der Behauptung "Ein Velo ist ein Velo" sind ernsthafte Zweifel angebracht. Würden wir dem Fahrrad Töff sagen, kämen wir der Wahrheit teilweise doch sehr nahe. Was da nämlich alles unter der Bezeichnung Velo durch die Gegend flitzt – um nicht zu sagen rast –, hat mit dem guten alten Drahtesel nur noch wenig zu tun. Batterien in jeder Grösse sorgen dafür, dass der Fahrer auch bergauf fast nichts mehr tun muss ausser bremsen.

Man bezahlte mit Schweissperlen und Muskelkater.

Ich bin mit dem 12-Gang-Bogenlenker-Velo gross geworden, dem schnittigen Rennrad mit und ohne Schutzblech, auf dem man so richtig herumkurven, tüchtig klettern und tierisch abfahren konnte. Das Vergnügen hatte allerdings seinen Preis. Man bezahlte mit Schweisstropfen und Muskelkater.

Heute fahre ich zwar etwas Massiveres, aber immer noch ohne E. Mit der Folge, dass mir die allermeisten "Velofahrer" um die Ohren sausen – so schnell, dass ich nicht einmal diejenigen zu erkennen vermag, die mir eigentlich bekannt wären. Dafür kennen sich mittlerweile all jene Rad-Dinosaurier persönlich, die noch mit herkömmlichen Rädern unterwegs sind – und sich inzwischen wie Töff-Fahrer grüssen.

Man könnte die Mutation der Fahrradwelt mit dem Wandel der Zeit erklären und zur Tagesordnung übergehen. Wenn die Infrastruktur sich dem Wandel der Zeit ebenfalls angepasst hätte. Aber das hat sie nicht.

Bei einem Velo-Traktor bleibt dir nichts anderes übrig, als ins Gras auszuweichen.

So sind die Velowege immer noch gleich breit wie früher. Wenn dir so ein richtiger Velo-Traktor mit Reifen wie Feuerwehrschläuche und einem Lenker von der Spannweite eines grösseren Raubvogels entgegenkommt, bleibt dir nichts anderes übrig, als ins Gras auszuweichen. Normales Kreuzen ist nicht mehr möglich. Und ja – der Schwächere gibt im eigenen Interesse nach.

Und noch etwas hält mit der Entwicklung nicht mit: der Veloständer. In einem Rechen für zehn normale Velos finden noch gerade mal drei Spezial-E-Mountainbikes Platz.

Und auch da muss der Schwächere weichen, will er nicht unter die mächtigen Räder kommen. Nur: Ein schnittiges Rennrad lässt sich zur Not noch mit in die Wohnung nehmen.
 

17. September 2024


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"Gemächlichere Gangart geniessen"

Lieber Herr Gubler,

dem kann ich als "Leidensgenosse" auf dem ausschliesslich muskelbetriebenen Rad nur beipflichten, besonders nach mehreren unliebsamen Begegnungen mit den zahllosen rasanten Gefährten, die sich auf den Velowegen breitmachen, und dabei knapp vermiedenen Stürzen.

Vielleicht winken wir uns das nächste Mal bei einem Zweiradtreffen und geniessen die etwas gemächlichere Gangart auf unseren "altmodischen" Drahteseln.


Leonhard "Loni" Burckhardt, Basel




"Alle haben aufgerüstet"

Wie wahr hat da Thomas Gubler gesprochen in Bezug auf die Velo-Traktore!

Übrigens hat auch der Sprachgebrauch nicht mitgehalten. Bei nonchalantem Partygespräch und hingeworfenem "Mir sind mit em Velo cho" lohnt es sich in der Regel, leicht maliziös nachzufragen: "Mit was für einem?"

Und last noch least kenne ich bis heute niemanden, der oder die das Auto aufgegeben hätte zugunsten eines E-Bikes, was ja in der Tat löblich wäre. Es haben einfach alle aufgerüstet, "plus ein E-Bike".


Esther Maag, Liestal, Feldis/Veulden



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