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GLP-Chef Tribelhorn: "Im Vordergrund unseres Angriffs steht die FDP"Die Baselbieter Grünliberalen wollen für die Regierung kandidieren und im Landrat mindestens Fraktionsstärke erreichen Von Peter Knechtli Die Baselbieter Grünliberalen haben als Klein-Partei grosse Ambitionen: Sie wollen ihren nationalen Auftrieb ausnützen und mehr Bedeutung in der kantonalen Politik erlangen: Mindestens Fraktionsstärke und – als stärkstes Mobilisierungs-Werkzeug – eine Kandidatur für die Regierungsratswahlen, wie GLP-Kantonalpräsident Thomas Tribelhorn im OnlineReports-Interview erklärt. OnlineReports: Herr Tribelhorn, in der Ukraine tobt ein Krieg, der den Weltfrieden in Frage stellt. Sie sind CEO eines nachhaltigen Energieversorgers. Was muss unter diesen akuten Bedingungen in der Schweiz stärker geschützt werden: die Klimaerwärmung oder die Sicherung der Energieversorgung?
Thomas Tribelhorn: (überlegt) Eine gute Frage! Beides hängt zusammen. Sicher muss die Sicherung der Energieversorgung mit erneuerbarer Energie – Sonne, Wasser, Wind kombiniert – erfolgen. Im heutigen Schweizer Energiesystem sind wir von Russland abhängig, wie nun offensichtlich ist.
OnlineReports: Was sagen Sie zu einer verlängerten Laufzeit von Atomkraftwerken oder dem Bau von Gaskraftwerken?
Tribelhorn: Diese Technologien sehen wir nicht. Laut einer neuen deutschen Studie behindert die Verlängerung der AKW-Laufzeiten den Ausbau der erneuerbaren Energie.
Tribelhorn: Die GLP stört sich an der Behauptung, die Massnahmen seien extrem. Wir müssen jetzt vorwärts machen mit dem Ersatz fossiler Heizungen und dem Zubau von Photovoltaik. Die in dieser Energieplanung beschriebene Perspektive ist sehr massvoll. Wir begrüssen insbesondere, dass die Regierung in eigener Kompetenz zehn Massnahmen beschloss, die nicht sehr grosse Auswirkungen auf die Bevölkerung haben. Auch die andern neun Massnahmen bedeuten keine riesigen Einschränkungen. Es geht ja nicht um ein Verbot fossiler Heizungen, sondern es sind sehr viele Ausnahmen vorgesehen. "Kantone wie Glarus oder Zürich OnlineReports: Welche Noten geben Sie den Parteien SVP, FDP und der Mitte für ihre zwei Handlungspostulate zum Energieplanungs-Bericht 2022 der Regierung?
Tribelhorn: Klar ungenügend: eine Drei. Baselland befindet sich mit Blick auf die Energiewende im hinteren Drittel der Schweizer Kantone. Mit den jetzt vorgeschlagenen Massnahmen erreichen wir höchstens das Mittelfeld. Kantone wie Glarus oder Zürich sind schon viel weiter als wir.
OnlineReports: Auch die Mitte, mit der die GLP Baselland eine Fraktionsgemeinschaft bildet, unterstützt das Brems-Postulat. Ist das für Sie als GLP-Präsident enttäuschend?
Tribelhorn: Auf jeden Fall! Wir haben uns auch klar von diesen Brems-Versuchen distanziert.
OnlineReports: Gerade energiepolitisch passen die Fraktionspartner Mitte und GLP nicht zusammen: Ihre Partei will Zug in die Energiewende bringen, die Mitte eher nicht.
Tribelhorn: So allgemein stimmt die Analyse nicht. Die Mitte wurde von diesen Postulaten vermutlich etwas überfahren.
OnlineReports: Aber Ihre prägnante Distanzierung zu einer Sistierungs-Politik führt uns zum Gedanken, dass die GLP über die Fraktionsgemeinschaft mit der Mitte nicht glücklich ist. "Wir hatten nach den Gründungsjahren OnlineReports: Aber die GLP ist auf die Mitte, die frühere CVP, angewiesen. Seit 2011 ist Ihre Partei mit gerade mal drei Mitgliedern im Landrat vertreten. Der Wähleranteil stagniert bei 4,5 Prozent. Woran lag das Verharren auf einem Niveau faktischer Bedeutungslosigkeit?
Tribelhorn: Bedeutungslos sind wir sicher nicht. Wir können gelegentlich auch das Zünglein an der Waage sein. Aber es trifft zu, dass wir mit 4,5 Prozent im gesamtschweizerischen Vergleich innerhalb der GLP unter den Kantonen ziemlich am Ende figurieren.
OnlineReports: Das das Zünglein an der Waage spielte die GLP kürzlich, als sie im Landrat mithalf, eine grüne Standesinitiative zum Verbot von Verbrennermotoren zu bodigen.
Tribelhorn: Ich persönlich finde das schade, man hätte ein Zeichen setzen können. Es zeigt aber, dass innerhalb der GLP eine grosse Diversität an Meinungen herrscht. Zudem wurde offensichtlich, dass noch viel Unwissen im Landrat zu erneuerbaren Energien vorhanden ist ...
OnlineReports: … zum Beispiel?
OnlineReports: In Basel-Stadt holte die GLP 7 Prozent und 8 Sitze. Sie verfügt über eine Regierungsrätin und eine Nationalrätin. Wie ist diese Differenz gegenüber dem urbanen Raum zu erklären?
Tribelhorn: Wir hatten nach den Gründungsjahren im Präsidium wenig Konstanz, als wir in zwei Jahren drei unterschiedliche Präsidien hatten. Aber in den letzten zehn Jahren herrschte doch recht Ruhe. Zweitens benachteiligt das Baselbieter Wahlsystem mit der Sitz-Wanderung innerhalb der Wahlregionen die kleinen Parteien wie die GLP.
OnlineReports: Ist die GLP Basel-Stadt mit diesen beiden Ämtern übervertreten?
Tribelhorn: Rein arithmetisch ist diese Vertretung nicht ganz proportional. Aber gemessen am Sorgenbarometer der Bevölkerung, die Klimawandel und Energieversorgung immer noch sehr hoch bewertet, stimmt die Gewichtung. "Die Grünen hatten natürlich Pech OnlineReports: Die GLP ist derzeit landesweit im Hoch. Strebt die Baselbieter Kantonalpartei in den kommenden Wahlen mindestens fünf Sitze an, damit sie eine eigenständige Fraktion bilden könnte?
OnlineReports: Die GLP dürfte in den Wahlen vom 12. Februar 2023 davon profitieren, dass die traditionellen Grünen, die in den letzten Wahlen sechs Sitze zulegten, in der laufenden Amtsperiode eine wenig erfolgreiche Vorstellung geboten haben.
Tribelhorn: Die Grünen hatten natürlich Pech mit der Klimaschutz-Initiative. Aber die Energieplanung von Isaac Reber würde ich schon als Erfolg bezeichnen.
OnlineReports: Welche Partei oder Parteien wollen Sie angreifen?
Tribelhorn: Im Vordergrund steht die FDP, die jetzt schweizweit mit dem neuen Präsidenten Thierry Burkart wieder einen Schwenk in Richtung Konservativismus macht.
Tribelhorn: Ich hatte die Hoffnung, dass die Freisinnigen – insbesondere unter der Führung von Petra Gössi – etwas ökologischer werden. Aber jetzt ist dieser Schwung schon wieder vorbei.
OnlineReports: Welches ist nach Ihrer Meinung der grösste Erfolg der Baselbieter GLP in der laufenden Amtsperiode?
Tribelhorn: Dazu gehört sicherlich, dass wir als kleine Partei mit Regula Steinemann das Landratspräsidium stellen können. Sie ist sehr anerkannt in ihrer Arbeit und zeigt, welch sach- und konsensorientierte Politik die GLP machen möchte. Wir wollen nicht konfrontativ unterwegs sein, sondern nach Lösungen suchen. "Regula Steinemann wäre sicher prädestiniert OnlineReports: Nach unseren Informationen erwägt die GLP auch eine Regierungsrats-Kandidatur.
Tribelhorn: An unserer Mitglieder- und Generalversammlung vom 6. April wurde deutlich, dass sich unsere Basis eine Regierungsrats-Kandidatur wünscht. Eine Findungskommission wird nun mit verschiedenen Personen reden.
OnlineReports: Gehören Sie dieser Findungskommission auch an?
Tribelhorn: Das ist noch offen.
OnlineReports: Als Favoritin wird schon die amtierende Landrats-Präsidentin Regula Steinemann gehandelt. Die Füllinsdörfer Anwältin wirkt in dieser Rolle äusserst souverän. Ist sie auch Ihre Favoritin?
Tribelhorn: Sie wäre sicher prädestiniert als sehr gute Kandidatin und junge Frau in einem eher älteren Kandidatenfeld.
OnlineReports: Falls sich Frau Steinemann gegen eine Kandidatur entscheidet: Sie, Herr Tribelhorn, wurden am 1. April 52-jährig. Könnten Sie selbst sich eine Kandidatur vorstellen?
Tribelhorn: Das wäre sicher prinzipiell vorstellbar. Ich bin daran, mir das zu überlegen. Auch die Mitglieder sehen mich als eine der zweiten Optionen.
OnlineReports: Wie hoch schätzen Sie die Chancen eines möglichen GLP-Überraschungserfolgs ein?
Tribelhorn: Schwierig zu sagen. Ehrlich gesagt braucht es schon sehr viel Glück. Vielleicht können wir ein gutes Ergebnis abliefern und einen zweiten Wahlgang erzwingen.
OnlineReports: Das ist bei Gesamterneuerungswahlen im Baselbiet so gut wie unwahrscheinlich. Aber 2013 verhinderte die Kandidatur von GLP-Kandidat Gerhard Schafroth im ersten Wahlgang SP-Kandidat Eric Nussbaumer als Regierungsrat in einer Ersatzwahl gegen Thomas Weber.
Tribelhorn: Das ist bei Wahlen immer möglich.
Tribelhorn: Ja, sicher. Wir rechnen uns gerade auch im Oberbaselbiet einen Sitzgewinn aus.
OnlineReports: Erst letzten Oktober zogen Sie von Rünenberg nach Läufelfingen und wurden dort nur wenige Monate später in einer Ersatzwahl mit einem Riesenvorsprung vor dem SVP-Kandidaten zum Gemeinderat gewählt. Haben Sie so viel Zuspruch erwartet?
Tribelhorn: Überhaupt nicht. Ich erwartete ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Tribelhorn: Mein Gegenkandidat von der SVP hatte Ecken und Kanten, die in der Bevölkerung vielleicht nicht so gut ankamen. Viele fanden es auch toll, dass sich ein Zuzüger in der Gemeinde engagiert.
OnlineReports: Wenn Sie dem deutschen Kanzler Olaf Scholz einen energiepolitischen Ratschlag geben müssten – welcher wäre es?
Tribelhorn: Er müsste sicherlich dafür sorgen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland wieder mehr Fahrt aufnimmt. Frau Merkel hat die Rahmenbedingungen in den letzten Jahren massiv verschlechtert. 19. April 2022
Der Gesprächspartner
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