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"Wichtige Funktion der Presse": Eingang zum Basler Strafgericht

Kosovo-Familie: Die strafbare Abtreibung war nicht zu beweisen

Freispruch für Schwiegermutter und Ehemann in den Hauptanklagepunkten / Widersprüchliches Opfer


Von Peter Knechtli


Urteil im Fall einer strafbaren Abtreibung: Eine unglaubwürdig aussagende Kosovarin und gravierende Ermittlungs-Mängel der Kriminalpolizei führten heute Mittwochabend zu Freisprüchen in den Hauptanklagepunkten. Das Basler Strafgericht verurteilte den Ehemann der Klägerin nur wegen häuslicher Gewalt.


Es ist die Aufgabe eines Strafgerichts, Fakten zu erkennen, Widersprüche zu orten und falsche Spuren zu entlarven, bevor es das Urteil fällt. Im aussergewöhnlichen Fall, in den es um den Tatbestand eines strafbaren Schwangerschafts-Abbruchs innerhalb einer kosovarischen Familie ging, hatte das Basler Strafgericht unter dem Vorsitz von René Ernst Mühe, unbestreitbare Fakten zu erkennen.

Ein leiser Anflug von Verzweiflung

Umso grösser waren die Widersprüche, die die Klägerin auch durch ihren Auftritt vor den Schranken gestern Dienstag nicht nur nicht aufzulösen vermochte, sondern sie – konfrontiert mit den Aussagen in früheren Einvernahmen – noch verstärkte.

"Wir wissen es nicht. Wir können es nicht wissen", erklärte Gerichtspräsident René Ernst mit einem leisen Anflug von Verzweiflung zur Tatsache, dass die von der Strafverfolgung gelieferten Ergebnisse für eine Verurteilung nicht ausreichen. Zu den Aussagen der jungen Klägerin, die zugleich Opfer war, seien "grosse Fragezeichen" zu machen.

Staatsanwältin lief ins Leere

Der Hauptvorwurf der jungen Kosovarin bestand darin, ihr Ehemann (26) und ihre Schwiegermutter (48), die beide angeklagt waren, hätten an ihr ohne ihr Wissen im Novenber 2014 eine Abtreibung vornehmen lassen, weil sie das Kind nicht wollten. Ausserdem sei sie während der kurzen Zeit im gemeinsamen Basler Haushalt eingesperrt und geschlagen worden.

Das Gericht folgte den Anträgen der Staatsanwältin und der Opferanwältin in keiner Weise. Die Anklägerin hatte bedingte Freiheitsstrafen von 22 und 20 Monaten gefordert. Der 26-jährige Ehemann wurde heute Mittwochabend vom Vorwurf des strafbaren Schwangerschaftsabbruchs, der Freiheitsberaubung und der Nötigung freigesprochen.

In wichtigen Tatbeständen Freispruch

Einzig für drei Fälle häuslicher Gewalt in Form von Schlägen ins Gesicht erhielt er eine bedingte Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Für ein geringes Betäubungsmitteldelikt sprach das Gericht eine bedingte Geldstrafe von zehn Tagessätzen zu 30 Franken aus.

Der Ehemann muss seiner damaligen Partnerin, mit der er formell immer noch verheiratet ist, für die Schläge ins Gesicht eine Genugtuung von 1'000 Franken zahlen. Die Schadenersatz-Ansprüche wies das Gericht ab. Vielmehr erhält er eine Parteientschädigung von 6'250 Franken, mit denen er seinen Verteidiger bezahlen kann. Seine Mutter wurde von sämtlichen Vorwürfen freigesprochen.

Den Schwerpunkt seiner Urteilsbegründung legte der Vorsitzende auf die Rolle der klagenden Ehefrau, die nach der Heirat in die Schweiz kam und kein Wort Deutsch sprach. Alle Vorwürfe an Familie, in die sie hereingeheiratet wurde, stützen sich ausnahmslos auf ihre Aussagen ab.

Schwache Rolle der Klägerin

Richter Ernst führte mehr als ein halbes Dutzend widersprüchliche oder kaum glaubhafte Aussagen auf, die für das Gericht letztlich klar zu schwach waren, um eine Verurteilung der Angeklagten zu begründen.

Beispiele: Die Zahl, wie oft die junge Ehefrau die Wohnung verlassen durfte, die Häufigkeit, mit der sie geschlagen wurde ("dauernd" – "in fünf Fällen"), die angeblich erzwungene Einnahme einer Abtreibungstablette, das rasche Schlagen von Schwangerschafts-Alarm, nur weil die Periode einen Tag nach dem regulären Termin nicht eingetreten war, die Angaben zur Schwangerschafts-Untersuchung ("ich habe die Ultraschall-Bilder nicht gesehen"), die Verweigerung einer Erklärung, weshalb es über vier Jahre nach den Vorfällen noch nicht zur Scheidung gekommen ist. "Da bissen wir auf Granit", schilderte Ernst die Stimmung im Gericht.

Der Richter hielt es für möglich, dass die Ehefrau zwar in die Abtreibung eingewilligt habe, "diesen Schritt später aber bereut hat". Auch attestierte er der Klägerin, dass das Klima in der Wohnung der Familie ihres Ehemannes in einem grossen Basler Quartier "alles andere als harmonisch und förderlich war". Wörtlich: "Die junge Frau war auf Gedeih' und Verderb' auf diese Familie angewiesen."

Klartext an Ermittler und Verteidiger

Eine veritable richterliche Rüge setzte es daneben an die ermittelnde Kriminalpolizei ab. Sie habe zwei Jahre verstreichen lassen, bevor sie erste Einvernahmen durchführte. Mehr noch: Diese Einnahmen seien "nicht verwertbar". Auch hätten die Ermittler "Details zur Wohnung" erheben und weitere Personen im familiären Umfeld befragen müssen.

Eine kurze Lektion erteilte der Richter auch den Verteidigern der Angeklagten, die aus Prozess-Vorschauen mehrerer Medien schon eine "Vorverurteilung" herauslasen, die geeignet sei, das Gericht zu beeinflussen. Der Gerichtspräsident machte den Anwälten klar, dass für Gerichtsverhandlungen das Öffentlichkeits-Prinzip gelte und die unabhängigen Medien dabei eine wichtige Funktion spielten. René Ernst sprach Klartext: "Wir sind Profis genug, dass wir uns von Medienberichten nicht beeinflussen lassen."

Ob die Opferanwältin gegen das Urteil appellieren wird, will sie erst mit ihrer Mandantin besprechen.

6. Februar 2019

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"Hat kaum Konsequenzen"

Danke für diese Artikel. Leider ist es ein Klassiker in unserem Rechtssystem. Wenn sich Menschen am Geldv ergehen und keine Person körperlich zu Schaden kommt, gibt es mehrjährige Freiheitsstrafen. Ausser es handelt sich um Milliardenbeträge. Da kommen auch alle frei.

Wenn aber Menschen verletzt oder zerstört werden, hat das kaum Konsequenzen. Wir werden die Früchte einer solchen Ethik noch ernten.


Fredi Jaberg, Bubendorf




"Unkorrekter Titel"

Mit dem Titel "Die strafbare Abtreibung war nicht zu beweisen" wird der falsche Eindruck erweckt, dass es tatsächlich eine "strafbare Abtreibung" gegeben habe, aber einfach die Täterschaft nicht bewiesen werden konnte. Korrekterweise müsste der Titel wenn schon wie folgt lauten "Eine strafbare Abtreibung war nicht zu beweisen". Vor vielen Jahren berichtete die Basler Zeitung über einen Raubüberfall mit dem Titel: "Räuber freigesprochen". Genauso unkorrekt ist der von OnlineReports in diesem Fall des Vorwurf einer strafbaren Abtreibung verwendete Titel.


Christoph Dumartheray, Verteidiger des beschuldigten Ehemannes, Basel



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