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"Unterlagen unvollständig": Selbstdeklaration von Planänderungen (Ausriss)
Bauinspektorat nimmt Mass am Eigenheim des Kantonsingenieurs
Bewilligungsbehörde moniert Verletzung von Abstands-, Nutzungs- und Zonenvorschriften beim Bau des Einfamilienhauses von Oliver Jacobi
Von Peter Knechtli
Die Zweifel darüber wachsen, dass der Baselbieter Kantonsingenieur Oliver Jacobi beim Bau seines Eigenheims in Seltisberg baurechtlich korrekt vorgegangen ist: Das Bauinspektorat stellt in einem Prüfbericht gravierende Mängel fest – während das Haus bereits gebaut und bewohnt ist.
Oliver Jacobi und seine Ehefrau Vanessa Duss Jacobi haben sich in ihrem neuen Haus in Seltisberg bereits wohnlich eingerichtet – aber das rechtliche Verfahren ist nach nicht weniger als drei Baugesuchen noch nicht abgeschlossen. Nachbarin Vera Hasenböhler, die Jacobi das Bauland verkaufte, hatte mit einer Einsprache beim Bauinspektorat interveniert – als die Liegenschaft schon gebaut und bezogen war.
Grund: Bei der Überprüfung der Pläne habe sie festgestellt, "dass die tatsächliche Ausführung sich massgeblich von der Plandarstellung unterscheidet". Es sei ihr, so Hasenböhler weiter, "unerklärlich, dass ein hoher Angestellter des Kantons Baselland sich erlauben konnte, Pläne abzuändern und Fakten zu schaffen, ohne die Nachbarschaft zu informieren oder mit ihr zu kommunizieren".
Als OnlineReports vor wenigen Wochen die Recherchen zum Streit um das neue Eigenheim mit Swimming-Pool des Baselbieter Kantonsingenieurs aufnahm, zeigte sich Oliver Jacobi ahnungslos: "Wir haben in Lage und Höhe so gebaut, wie es vom Bauinspektorat bewilligt wurde. Wir sind uns keiner Unkorrektheit bewusst." Als die "Basellandschaftliche Zeitung" einen Tag später nachzog, räumte Jacobi ein, sie hätten "einzig auf die Aufschüttung des Raums unter der Veranda verzichtet".
"Bei Veranda grösseres Betonfundament"
Jetzt belegen neue Dokumente, in die OnlineReports Einsicht hatte, dass der Kadermann aus der Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion bei der Bauausführung kreativ vorgegangen war. Aufgrund einer Einsprache der Nachbarin Vera Hasenböhler
musste Jacobi dem kantonalen Bauinspektorat Unterlagen einreichen, auf denen Planänderungen deklariert werden mussten.
Die Liste liest sich so, als könne die amtliche Baubewilligung als eine Art Rahmenbewilligung aufgefasst werden, die allerhand Spielraum für neue Ideen zulasse: "Pool 20cm breiter, 52cm länger", "zusätzlicher Rollladenkasten", "Aussentreppe zu Veranda geändert", "Betonbrüstung anstelle Geländer", "Terrain angepasst", "bei Veranda grösseres Betonfundament", "Schöpfli/Aussentreppe betoniert" (Kubus rechts im kleinen Bild), "Stützmauer vermasst". So steht es auf dem Formular "Deklaration Planänderungen" (Ausriss ganz oben), das Jacobi im Oktober einreichte, nachdem seine Nachbarin im August ein Gesuch zur Neubeurteilung des Baugesuchs eingereicht hatte.
Bauinspektorat: Nutzung überschritten
Der seit Mitte Dezember vorliegende Prüfbericht des Bauinspektorats, in den OnlineReports Einsicht nehmen konnte, zeichnet nicht das Bild eines Bauherrn, der als oberster Strassenbauer des Kantons und ausgebildeter ETH-Bauingenieur mit der Verbindlichkeit staatlicher Bewilligungen vertraut ist. So entstand durch die Verbindung von Veranda und Beton-"Schöpfli" (ursprünglich als frei stehender Bau geplant) eine Baute von mehr als 12 Metern Länge, die einen Grenzabstand von "mindestens drei Metern" erfordert, der nach Meinung der Einsprecherin nicht eingehalten ist. Deshalb, so das Bauinspektorat weiter, sei ein "entsprechendes Näherbaurecht" erforderlich.
Gravierend auch ein weiterer amtlicher Einwand: Die Veranda respektive der darunter liegende Abstellraum müsse zur bebauten Fläche gezählt werden. "Die maximal zulässige bebaubare Fläche wird dadurch überschritten."
Grosszügig legte Jacobi auch die kommunale Zonenbestimmung zu nutzungsfreien Bauteilen aus: Laut Reglement müssen diese mit einem Sattel-, Pult- oder Walmdach mit einer Neigung von mindestens 18 Grad ausgestattet sein. Die Gemeinde kann aber bei Grundflächen bis 12 Quadratmetern ausnahmsweise Flachdächer bewilligen, wie es Jacobi über seinem "Schöpfli" gebaut hat. Dessen Grundfläche betrage aber 15,3 Quadratmeter. Deshalb könne dem Ausnahmeantrag nicht zugestimmt werden.
Der Filz von Seltisberg
Pikant: Der Gemeinderat, der von der kommunalen Baukommission beraten wird, war vom Bauinspektorat auf die Pflicht zur Einsprache hingewiesen worden, "wenn Bau- und Planungsvorschriften verletzt sind". Der Gemeinderat erhob aber keine Einsprache, sondern bekräftigte vielmehr, das Baugesuch entspreche den Zonenvorschriften.
Zudem besteht eine sensible personelle Seilschaft, von der besonders selbstkritisches Vorgehen hätte erwartet werden müssen: Oliver Jacobi ist Mitglied der Baukommission, deren Präsident Ruben Rosa als "ausführender Architekt" des Jacobi-Baus beauftragt wurde. Jacobis Ehefrau Vanessa Duss Jacobi gehört dem Gemeinderat an. In eigener Sache, betonen sie, seien sie in den Ausstand getreten.
Das Bauinspektorat monierte im übrigen, die von Jacobi eingereichten Planunterlagen seien "unvollständig": Der offene Abstellraum unterhalb der Veranda fehle im Erdgeschoss-Grundriss.
Kommentar vom 9. Februar 2016: "Ein Staats-Kadermann wird zur Belastung"
Kommentar vom 25. Februar 2016: "Fall Jacobi: Die Trennung war unumgänglich"
Kommentar vom 28. März 2016: "Seltisberg: Apropos juristisches Fachwissen"
Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.
3. Februar 2016
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