Werbung

© Fotos by Christof Wamister, OnlineReports.ch
In grüner Umgebung, aber in die Jahre gekommen: Wohngenossenschaft Thierstein.

Neuer Klimakonflikt im Basler Gundeli: Fernwärme kontra Bäume?

Die Wohngenossenschaft Thierstein opfert geschützte Bäume für einen Fernwärmeanschluss. Auch ein Sanierungsprojekt sorgt für Streit.


Von Christof Wamister


Die Wohngenossenschaft Thierstein an der Gundeldingerstrasse in Basel gilt in Genossenschafts- und Architekturkreisen als Problemfall. Die in sechs Zeilen quer zur Strasse gestellten Wohnblöcke zwischen Zwinglihaus und Brunnmattschulhaus sind im Jahr 1943 entstanden, in Zeiten der Wohnungsnot.

Die Wohnqualität in grüner Umgebung am Rande zum Bruderholz ist hoch, aber die bescheidenen Bauten sind in die Jahre gekommen und haben aus heutiger Sicht diverse Mängel: Sie sind nicht barrierefrei, haben Drei-Zimmer-Grundrisse und Schlackenwände. Zudem sind sie akustisch schlecht isoliert, haben pro Stockwerk durchgehende Böden, Asbestplatten im Estrich und keine individuelle Heizkostenabrechnung.

Es bestehen keine staatlichen Auflagen zur Schutzwürdigkeit. Das Bundesinventar ISOS lobt jedoch die städtebauliche Situation und beurteilt die Bauten als unbedingt erhaltenswert.

Die Studie eines Architekten und Immobilienökonomen kam 2016 zum Schluss, dass eine sanfte Sanierung ohne temporären Auszug der Bewohnerinnen und Bewohner möglich sei. Auch das Baubüro in situ, bekannt für Bauen im Bestand, befasste sich mit der Siedlung. Es waren dies Gegenthesen zu Vorschlägen des Vorstandes von 2011, der die Genossenschafter mit vier Varianten für eine komplett neue Bebauung des Areals überraschte.

 

Fernwärme bringt neuen Konflikt

 

Seit zwölf Jahren lösen sich die Studien und Baubüros zum Fall ab, ohne dass ein Entscheid gefallen wäre. Die Wohngemeinschaft Thierstein steckt in der "Mieterfalle", wie dies ein langjähriger Genossenschafts-Experte ausdrückt. Die Gemeinschaft kann sich nicht für eine Lösung entscheiden, die mittel- bis langfristig notwendig, aber mit mehr Kosten und Unannehmlichkeiten verbunden wäre.

2018 entschied die Genossenschaft, das Angebot der Industriellen Werke Basel (IWB), sie an die Fernwärme anzuschliessen, anzunehmen. Daraus entwickelten sich aber neue Konflikte. Denn wo sollte die Fernwärmeleitung durchführen, und in welchem Zusammenhang stand sie zu möglichen Sanierungsprojekten? Diese sind allerdings durch Beschlüsse der Generalversammlung in allen Varianten blockiert.

Der Vorstand einigte sich in einem Dienstbarkeitsvertrag mit den IWB auf eine Linienführung der Leitung, die mittlerweile auch im offiziellen Kartenwerk mapBS eingetragen ist. Die Leitung soll am oberen Parzellenrand der Siedlung gelegt werden. Das bedeutet jedoch, dass zwölf geschützte Bäume gefällt und vermutlich ein grüner Korridor zerstört werden müssen. Dies provozierte den Widerstand einer kleinen Oppositionsgruppe in der Genossenschaft.

 

Grüne Oase

 

Betroffen ist ein Gebiet unterhalb des Gundeldingerrains, das vermutlich vielen Quartierbewohnern nicht bekannt ist: Oberhalb des Genossenschafts-Areals befinden sich zwei Wohnblöcke, die durch Stichstrassen erschlossen sind. Es besteht nicht einmal eine Fussgängerverbindung zwischen den beiden Wohnbereichen, sodass hier trotz Parkplätzen so etwas wie eine grüne Oase entstehen konnte. Überdies beginnt bergaufwärts eine Zone des strengen Baumschutzes, im Zonenplan grün schraffiert.

 

Trotz Parkplätzen grün: Blick vom Ingelsteinweg.

 

Die Baumschutzkommission der Stadtgärtnerei war somit beim ersten Durchgang gar nicht begeistert über das Ansinnen und lehnte das Fällgesuch 2022 ab. Nur drei Monate später revidierte die Stadtgärtnerei ihren Entscheid, nachdem die IWB und der Vorstand der Wohngenossenschaft insistiert und erklärt hatten, es gäbe keine echten Alternativen. Solche gab es allerdings schon: mitten durch die Siedlung. Das würde aber die Ausbaupläne der Genossenschaft infrage stellen.

Oder dort, wo sonst überall die Fernwärmeleitungen gebaut werden; in diesem Fall in der Gundeldingerstrasse. Aber das hätte zur Folge gehabt, dass 16 Alleebäume (Linden) gefällt werden müssen – ein quartier- und stadtpolitisch heikles Unterfangen. Im Untergrund der Strasse hat es laut IWB keinen Platz für eine Fernwärmeleitung, da dieser schon für eine zentrale Achse aller andern Arten von Leitungen belegt sei. Mit der Linienführung durch das Genossenschaftsareal möchten die IWB auch das benachbarte Brunnmattschulhaus an die Fernwärme anschliessen.

 

Stadtgärtnerei pro Fernwärme

 

In der Fällbewilligung, die OnlineReports vorliegt, formuliert die Stadtgärtnerei die Linienführung an der Parzellengrenze wie folgt: "Sie ist in enger Zusammenarbeit mit dem beauftragten Baumpfleger und sehr akribisch erarbeitet worden. Die Möglichkeiten für eine Leitungsführung in diesem Bereich sind aufgrund des freizuhaltenden Baubereichs, der Hanglage, den entsprechenden Hangsicherungen und den statischen Anforderungen an die Fernwärme stark eingeschränkt." Die zu fällenden zwölf geschützten und fünf ungeschützten Bäume sollen ersetzt werden.

Bei der Interessenabwägung durch die Stadtgärtnerei überwiegt somit die Bedeutung des übergeordneten Projekts Fernwärmeversorgung gegenüber der Bäume und der Natursubstanz, die sie umgibt. Aus weiteren Formulierungen und Anforderungen ist zu schliessen, dass die Baumschutzkommission über das Vorhaben alles andere als begeistert ist.

Die Oppositionsgruppe, im Wesentlichen zwei Genossenschafterinnen, zog den Entscheid an das Bau- und Verkehrsdepartement und nach einer Ablehnung an das Appellationsgericht weiter. Sie traten ohne juristische Vertretung auf und blieben im Herbst 2024 chancenlos.

 

Widerstand im Gundeli

 

Der Vorstand der Wohngenossenschaft Thierstein bedauert in einem Bericht auf seiner Homepage "ausserordentlich (…), dass der Fernwärmeanschluss mit der Fällung von Bäumen einhergeht". Auch er würde "eine Leitungsführung begrüssen, welche mit keinen Baumfällungen verbunden ist. Bei der gewählten Leitungsführung handelt es sich daher gewissermassen um einen Kompromiss: Es müssen leider einige Bäume weichen, um langfristig eine ökologisch nachhaltige Wärmeerzeugung für die WGT zu ermöglichen".

Mittlerweile ist man auch im Gundeli auf die vorgesehenen Baumfällungen aufmerksam geworden. In der Gundeldinger Zeitung ist im Titel eines kritischen Beitrags zu lesen: "Klimaziel provoziert unhaltbare Kollateralschäden". Der Verfasser ruft zu Einsprachen auf, was allerdings schwierig sein dürfte, da es sich um Privatareal handelt.

An der Generalversammlung im kommenden Jahr will die Wohngenossenschaft Thierstein ihre Baublockade durchbrechen und ein grosses Erneuerungsprojekt beschliessen. Auf einem Modellbild sind zwischen die Häuserzeilen gesetzte Verbindungsbauten zu sehen, die Rede ist auch von einer Tiefgarage. Wann die umstrittenen Bäume am oberen Parzellenrand gefällt werden, ist noch offen.

 

Dieser Beitrag wurde ermöglicht dank des OnlineReports-Recherchierfonds.

 

22. Oktober 2024

Weiterführende Links:


 Ihre Meinung zu diesem Artikel
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)

Weitere aktuelle News

www.onlinereports.ch - Das unabhängige News-Portal der Nordwestschweiz

© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigene Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

Auf dieser Website gibt es Links zu Websites Dritter. Sobald Sie diese anklicken, verlassen Sie unseren Einflussbereich. Für fremde Websites, zu welchen von dieser Website aus ein Link besteht, übernimmt OnlineReports keine inhaltliche oder rechtliche Verantwortung. Dasselbe gilt für Websites Dritter, die auf OnlineReports verlinken.

Melanie Nussbaumer

Es geht um Macht
Reaktionen Reaktionen
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Mienenfeld"

bz
vom 4. Dezember 2024
in einer Grafik
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Gute Miene zum bösen Spiel?

RückSpiegel

 

Die BaZ zitiert in einer grossen Hintergrund-Geschichte zur Basler GLP aus einem Artikel von OnlineReports.

bz, BaZ und Volksstimme beziehen sich in ihren Artikeln zum Jakobushaus in Thürnen auf die Recherche von OnlineReports.

Die BaZ nimmt in einem Artikel über die Wirtschaftskammer Bezug auf ein Porträt aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Volksstimme zitiert die OnlineReports-Recherche zum neuen Konzessionsvertrag der Elektra Baselland.

Bajour bezieht sich im Wochenkommentar auf die OnlineReports-Analyse zu den Basler Grünen.

Die bz zitiert die OnlineReports-Recherche zu den geplanten Beschwerden gegen die Salz-Sondierbohrungen im Röserental.

Die BaZ bezieht sich in einer Meldung über den neuen Geschäftsführer der Aids-Hilfe beider Basel auf eine Recherche von OnlineReports.

BaZ, bz, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die Recherche von OnlineReports über den Abgang des Finanzchefs Tim Kretschmer beim Kunstmuseum Basel auf.

Die BaZ bezieht sich in einem Artikel zur Abstimmung über das Baselbieter Gesundheitsgesetz auf eine Recherche von OnlineReports zum Mangel an Kinderärzten im Oberbaselbiet.

Die BaZ zitiert die OnlineReports-Meldung über die Nachfolgelösung beim BackwarenOutlet.

Telebasel bezieht sich in einem Beitrag über Ticket-Betrüger beim Källerstraich auf ein Bild von OnlineReports.

persoenlich.com nimmt die Meldung von OnlineReports über den Wechsel des BaZ-Journalisten Sebastian Briellmann zur NZZ auf.

persoenlich.com bezieht sich auf die OnlineReports-Meldung über den Stellenantritt von Martin Regenass bei Prime News.

Die bz zitiert OnlineReports bei einer Meldung zur Wahl des neuen SVP-Fraktionschefs im Baselbieter Landrat.

20 Minuten, Baseljetzt und Happy Radio nehmen Bezug auf die OnlineReports-Recherche zur tanzenden Wagenführerin der BVB.

Das SRF-Regionaljournal Basel, die BaZ, die bz, Happy Radio und Baseljetzt zitieren die Recherche von OnlineReports zum Interimschef der Kantonspolizei Basel-Stadt.

Das SRF-Regionaljournal Basel verweist auf die OnlineReports-Recherche zu den finanziellen Problemen bei der Aids-Hilfe beider Basel.

20 Minuten und zentralplus zitieren die OnlineReports-Recherche über die Baselbieter Obstbauern, die ihre Kirschen nicht verkaufen können.

Die BaZ und 20 Minuten beziehen sich in einem Artikel über den tödlichen Unfall im St. Johann auf einen Bericht aus dem OnlineReports-Archiv.

Die bz nimmt die OnlineReports-Recherche über den Kunst-Coup der Stiftung Im Obersteg auf.
 

Weitere RückSpiegel







In einem Satz


Die Baselbieter Regierung hat den Verein "Repair Café Binningen-Bottmingen" mit dem mit 8000 Franken dotierten Freiwilligenpreis 2024 ausgezeichnet.

Der Basler Stern 2024 geht
an den "Floss"-Kapitän
Tino Krattiger für seine Pionierarbeit im Bereich Kultur und Stadtleben sowie für sein Engagement für die Aufwertung der Rheingasse. 

Das Drum'n'Bass-Produzentenduo QZB gewinnt den Basler Pop-Preis 2024 und erhält die mit
20'000 Franken dotierte Förderung und Auszeichnung des Musikbüro Basel.

Basel-Stadt
braucht einen neuen IT-Chef: Der jetzige Dienststellen-Leiter Mario Magnanelli verlässt den Posten per Ende Mai 2025.

Die Jungen Grünliberalen beider Basel haben Timon Bischofberger neben Eileen Fischer ins Co-Präsidium gewählt.

Die Architektin und Stadtentwicklerin Barbara Buser erhält den Basler Kulturpreis 2024.

SRF-Literaturredaktor und Drummeli-Regisseur Michael Luisier ist neu Mitglied des Schnitzelbank-Comités.

Der frühere Diplomat Paul Seger übernimmt das Präsidium der Winterhilfe Basel-Stadt von Marianne Eggenberger.

Grünen-Politikerin Natalie Oberholzer aus Liestal rückt für Erika Eichenberger in den Landrat nach.

Beatrice Stirnimann, CEO der Baloise Session, wird zur "Ehrespalebärglemere 2024" ernannt.

Eventmanager Beat Läuchli wird Projektleiter des Eurovision Song Contest (ESC) 2025 in Basel.

Michael N. Hall vom Biozentrum der Universität Basel erhält den Balzan-Preis 2024 für seine Forschung zu den biologischen Mechanismen des Alterns.

Der 27-jährige Journalist Maximilian Fankhauser übernimmt im Oktober die Leitung von Baseljetzt, der Online-Newsplattform von Telebasel; die jetzige Stelleninhaberin Lea Meister wechselt zu Prime News.

Manuela Witzig, bisherige Leiterin der deutschsprachigen Unternehmenskommunikation, übernimmt per 9. September 2024 von Direktor Matthias Suhr die Leitung der Kommunikation und Public Affairs beim EuroAirport.

Evelyn Borer,
Synodenpräsidentin der Evangelischen Kirche Schweiz, ist neue Präsidentin des Vorstands von Mission 21.

Markus Habegger übernimmt am 2. August die Leitung des Tageshauses für Obdachlose in Basel als Nachfolger von
Paul Rubin.

Der Basler Rechtsanwalt und Baurechtsexperte Daniel Gebhardt wird neuer Verwaltungsratspräsident der Rhystadt AG, der grössten Eigentümerin auf dem Klybeck-Areal. 

Die Baselbieter Grünen-Landrätin Erika Eichenberger tritt im September zurück, Natalie Oberholzer rückt nach.

Ass. Prof. Dr. Prisca Liberali wird für ihre Forschung auf dem Gebiet der Gewebebildung mit dem Wissenschaftspreis der Stadt Basel ausgezeichnet.

Sarah Mehler folgt am
1. Oktober als neue Geschäftsführerin der Kaserne Basel auf Eva Heller.

Markus Jordi,
langjähriges Mitglied der SBB-Konzernleitung, übernimmt am 1. Januar 2025 den Vorsitz des Fachhochschulrats der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Karoline Sutter und Urs Berger treten nach über zehn Jahren per 31. März 2025 aus dem Bankrat der Basler Kantonalbank zurück, die Vakanzen werden demnächst ausgeschrieben.

Jacqueline Herrmann und Alexander Bieger lösen Brigitte Jäggi ab, die als Rektorin des Gymnasiums Muttenz in Pension geht.

Bettina Zeugin folgt als Präsidentin von insieme Baselland auf Röbi Ziegler.

Der frühere Baselbieter SP-Regierungsrat Peter Schmid gibt das Präsidium des Freundevereins Zoo Basel an seine Parteikollegin und Landrätin Miriam Locher ab.

Eine Findungskommission sucht eine Nachfolge für Anna Schmid, Direktorin des Museums der Kulturen Basel, die 2025 in Pension geht.

Grünen-Politikerin Flavia Müller aus Allschwil rückt für Biljana Grasarevic in den Baselbieter Landrat nach.

Doppel-Pensionierung am Euro-Airport: Direktor Matthias Suhr geht Ende März 2025, sein Stellvertreter Marc Steuer Ende Dezember 2025 in den Ruhestand.