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© Foto by Thomas Aurin
"Nicht überall ist auch Oper drin": Szene aus "Vergeigt", Performerin Kopatchinskaja

Eine geballte Ladung Nonsense mit "Vergeigt"

So heisst der jüngste Opernabend am Theater Basel, der diesen Titel zu Recht trägt


Von Sigfried Schibli


Was ist eigentlich eine Oper? Die kürzeste Definition lautet: "ein Theaterstück, in dem gesungen wird". Es gibt auch gründlichere Begriffsbestimmungen, die auf eine hybride Gattung hinauslaufen. Auf ein "Gesamtkunstwerk" aus unterschiedlichen Kunstarten, wie Richard Wagner sagte. Oder eine "unmögliche" Gattung, wie der Dichter und Librettist Hugo von Hofmannsthal meinte. Er musste es ja wissen.

 

Wagner steht auch auf dem Spielplan des Theaters Basel in der nächsten Saison: Mit dem "Rheingold" hat am 9. September der erste Teil der Tetralogie "Der Ring des Nibelungen" Premiere, eine Woche danach gefolgt von der "Walküre". Dazu gibt es neben etlichen Wiederaufnahmen neue Produktionen von Bizets "Carmen", der "Dreigroschenoper", der Oper "Mignon" sowie der frühbarocken "Incoronazione di Poppea" mit der Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter und dem Regisseur Christoph Marthaler. Lauter Opern, die zum Kernbestand dieser Gattung gehören.

 

Doch nicht überall, wo "Oper" draufsteht, ist auch Oper drin. Unter dem Spartentitel Oper figurieren am Theater Basel auch Stücke, die man etwas willkürlich und in Ermangelung eines passenderen Oberbegriffs unter das Spartendach Oper zwingt: ein "Chorritual", ein "Yopougon-Ring", ein familientaugliches Maskenspiel, das szenische Mozart-Requiem. Irgendwie will so ein Spielplan ja gefüllt sein.

 

Der Reigen der opernhaften Nicht-Opern wurde am Freitag eröffnet mit einem Abend rund um die aus Moldau stammende, aber schon lange in der Schweiz lebende Geigerin Patricia Kopatchinskaja. Die 46-Jährige ist eine Ausnahme-Erscheinung unter den Violinkünstlern der Gegenwart. Eine Performerin im Vollsinn dieses Wortes. Sie spielt perfekt die grössten und anspruchsvollsten Meisterwerke von Bach bis Ligeti, blickt aber immer wieder über den Tellerrand der "klassischen" Musikkultur hinaus.

 

So hat sie Volksmusik ihrer osteuropäischen Heimat interpretiert, ist in Schönbergs "Pierrot lunaire" als Sängerin aufgetreten und hat, etwa in einem Werk von Helena Winkelman, die Gefilde der experimentellen Neuen Musik betreten. Dies meist barfuss und unter ganzem Körpereinsatz, was ihr Image als eigenwillig-eigenständige Aussenseiterin befestigt.

 

Vor einigen Jahren wurde "Patkop", wie sie in der Szene genannt wird, ein Kinofilm gewidmet; jetzt auch ein Theaterprojekt von Herbert Fritsch mit dem ironischen Titel "Vergeigt", das gestern Freitag auf der Grossen Bühne des Basler Stadttheaters uraufgeführt wurde. Star des Abends ist Patricia Kopatchinskaja, die kein Orchester und kein Gesangsensemble braucht, um sich in Szene zu setzen, theatralisch wie eh und je.

Neben und nach ihr der Klarinettist Reto Bieri, der tatsächlich einmal mit Kopatchinskaja ein volkstümliches Duett spielt. Sonst ist in den 90 Spielminuten enttäuschend wenig Musik zu hören. Die Beiden gehen im Lauf des Stücks in einem Kollektiv von acht kaum unterscheidbaren Mimen auf, die auch mal durch ihre originellen Kostüme (designt von Jannis Varelas) auffallen.

 

Der Abend beginnt mit einem wild improvisierten Derwischtanz der geigenden Hauptperson. Der Klarinettist gibt ein paar Töne von sich, wie man sie von Avantgardestücken her kennt, also viel Mundstück-Spielereien und Klappengeräusche. Einmal rafft sich das achtköpfige Ensemble zu einem leidlich gut gesungenen Beatles-Song auf, einmal entfährt ihm der Ausruf "Schön!". Es ist fast das einzige verständliche Wort in diesem rätselhaften Bilderbogen voller Schattenspiele und Slapstick-Aktionen. Würde Patricia Kopatchinskaja nicht einmal, wie ein Zirkuselefant auf einer drehbaren Scheibe rotierend, die "Chaconne" von Bach anspielen, könnte man glatt vergessen, dass sie eine Meistergeigerin ist.

 

Der Regisseur Herbert Fritsch ist ein Virtuose im Choreografieren von Schritten und Körperbewegungen, aber wenn er völlig freie Hand hat und kein Stück als Grundlage, wirken seine Einfälle erschreckend dürftig. So auch an diesem pausenlosen und doch zu langen Abend, der einen zwischen schönen Schattenbildern und belanglosen Körperskulpturen hin- und herreisst und nie sein Thema findet. Daran ändern auch die acht Glatzköpfe mit ihren Gummimasken nichts, die den verhaltenen Premierenapplaus mühsam vom gänzlichen Versiegen abhalten.

 

Acht Aufführungen sind geplant, davon einige während der "Art Basel". Kann gut sein, dass die Kunstfreunde dieser geballten Ladung an hoch subventioniertem Nonsense etwas abgewinnen können.

27. Mai 2023


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