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"Die Auswahl wurde kleiner": Baselbieter Polizeiführung*

Im Baselbiet bilden Ausländer die Mehrheit der Tatverdächtigen

Cyberkriminalität ist einer der Hauptgründe für höheren Personalbedarf der Baselbieter Polizei


Von Peter Knechtli


Es scheint paradox: Das Baselbiet ist der sicherste unter den fünf Nordwestschweizer Kantonen – obschon die Zahl der Delikte innerhalb von fünf Jahren um satte 24 Prozent angestiegen ist. Im Bereich der Verkehrsunfälle stechen Zwischenfälle mit E-Bikes und E-Scootern ins Auge.


Wenn ich immer wieder eine Medienkonferenz besuche, an der die Sicherheitsbehörden das vergangene Jahr aus der Sicht des kriminellen Geschehens im Kanton Revue passieren lassen, dann überlege ich mir jedes Mal: Welches könnten die Interessen der Informierenden sein.

Den Kanton in ein günstiges Licht im Vergleich zu Nachbarkantonen zu setzen? Die politischen Entscheidungsträger unter Verweis auf die zusätzlich auftretenden Tätigkeitsfelder auf einen wachsenden Personalbedarf einzustimmen? Die Bevölkerung in bestimmten Bereichen zu beruhigen, in andern zu sensibilisieren? Die eigene Leistung in ein günstiges Licht zu stellen?

Ein statistisches Zahlenmeer

Es ist wohl immer eine Mischung verschiedenster Faktoren. So auch heute Freitagmorgen im Baselbiet, als Regierungspräsidentin und Sicherheitsdirektorin Kathrin Schweizer, Polizeikommandant Mark Burkhard, Fabienne Holland, die neue Chefin der Kriminalpolizei, und Verkehrspolizei-Chef Christian Egeler ein statistisches Zahlenmeer zu Kriminalität und Verkehrsunfällen präsentierten.

Die Aufgabe von uns Medienschaffenden ist es, den Zahlenberg in der knappen vorgegebenen Zeit so zu analysieren, dass sich die Bevölkerung ein möglichst authentisches Bild über die Sicherheitslage bilden kann.

Baselbiet ist sicher – aber nur verhältnismässig

Was lässt sich dazu aus Baselbieter Sicht sagen: Wenn sich in einem Jahr wie 2022 fast 13'500 Delikte ereignen und davon die Zahl der Straftaten zum fünften Mal in Folge auf rund 12'500 steigt, kann fraglos nicht von einem "sicheren Kanton" gesprochen werden. Anderseits ist auch Tatsache, dass auf diesem Stand das Baselbiet mit 42 Straftaten pro 1'000 Einwohner die tiefste Rate in der Nordwestschweiz ausweist, gefolgt vom Aargau (46), Bern (47), Solothurn (67) und Basel-Stadt (129), das mit seiner geografischen Grenz-Exposition und Anfälligkeit obenaus schwingt.

Es kann auch festgehalten werden, dass das Baselbiet im Straftaten-Vergleich auch unter dem schweizerischen Durchschnitt (52) liegt. Doch: Der Straftaten-Trend zeigt nach oben.

Unter den Tatverdächtigen ist die schweizerische Nationalität mit 46 Prozent (Tendenz sinkend) am stärksten vertreten. Die Mehrheit betrifft ausländische Nationalitäten: ausländische Wohnbevölkerung (30 Prozent), Asylsuchende (sechs Prozent) und Kriminaltouristen häufig aus Algerien, Rumänien und Georgien (18 Prozent).

Jeder fünfte Einbruchdiebstahl aufgeklärt

Fast drei Viertel aller Straffälle sind Vermögensdelikte. Sie nahmen gegenüber dem Vorjahr um sechs Prozent zu, hauptsächlich wegen steigender Diebstähle und Cyberdelikte.

Die Gesamtzahl der Diebstähle – vom Taschen- bis zum Einschleichdiebstahl – stieg um fast neun Prozent, wobei sich die Einbrüche um 13 Prozent reduzierten. Die Aufklärungsrate bei Einbruchdiebstählen, die sich auf einen "historischen Tiefpunkt" entwickelt haben, liegt im Baselbiet bei 21 Prozent (schweizerischer Durchschnitt 18 Prozent).

Wenig verwunderlich hat sich die Zahl der Cyberdelikte innerhalb von zwei Jahren auf 1'117 verdoppelt – der Hauptgrund, weshalb Sicherheitsdirektorin Schweizer letztes Jahr auch eine Reihe von Präventionsanlässen organisierte. Klar steigende Tendenz zeigen Betrug und Erpressung via Internet. Die Häusliche Gewalt bleibt mit einer Zunahme von 14 Prozent anhaltend hoch: Sie macht 52 Prozent der registrierten Tätlichkeiten aus.

Die Jugendkriminalität nahm um 35 Prozent zu, vor allem im Bereich der Vermögensdelikte.

Veränderung bei Schulweg-Verkehrsunfällen

Durchzogen ist die Bilanz der Verkehrsunfälle: Zwar sank die reine Anzahl, gleichzeitig stieg die Zahl der Getöteten von vier auf fünf und jene der Schwerverletzten von 69 auf 82. Auffällig: Auf Ausserorts-Strassen stieg die Zahl der Unfälle (von 113 auf 122). Und: Nach der Delle von 2020 (Homeschooling) erreichte die verunfallte Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen innerhalb der letzten zehn Jahre einen neuen Höchststand. Es sticht heraus, dass sich Schulweg-Unfälle neuerdings vor allem zur Mittagszeit ereignen, weniger aber am Morgen.

Unter den Unfällen mit Zweirädern sticht hervor, dass die Unfälle mit E-Bikes, E-Trottinetts und E-Rollern deutlich zunehmen – jene mit gewöhnlichen Velos aber abnehmen. Das könnte damit zusammenhängen, dass unter Zweirad-Benutzenden eine Verschiebung von Muskel- zum Motorantrieb im Gange ist.

Die Altersgruppe von 45 bis 64 Jahren verursacht mit Abstand am meisten E-Bike-Unfälle. Verkehrspolizei-Chef Christian Egeler verwies auf Schwierigkeiten bei Kontrollen von E-Fahrzeugen, weil deren elektronische Leistungssteuerung Schlaumeiern vielfältige Manipulations-Möglichkeiten bietet.

Generell registrierte die Polizei eine vermehrte Unfallzunahme, die mit dem "Zustand der Person" – Alkohol, Übermüdung – zusammenhängt. Letztes Jahr wurden rund 10'000 Bussen weniger ausgestellt, doch resultierte daraus ein höherer Ertrag zuhanden der Staatskasse.

Attraktiver mit neuen Arbeitszeit-Modellen

Kommandant Mark Burkhard sprach die Herausforderungen an, vor die sich die Polizeiführung gestellt sieht. Ihr Hauptproblem: genügend neues, gut ausgebildetes Personal zu finden, um die Lücken durch die in Pension gehenden Baby-Boomer zu ersetzen. Die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber sei "konstant am Sinken". Der Bedarf könne zwar mit guten Leuten gedeckt werden, "doch die Auswahl wurde sicher kleiner". Gleichzeitig sei die Grösse des 630 Personen starken Korps "generell am Steigen". Neue Arbeitszeit-Modelle sollen die Arbeit bei der Polizei attraktiver machen.

Kathrin Schweizer, eine begeisterte Velofahrerin, verwies in ihrem Eingangs-Votum auf das zehnköpfige Jugenddienst-Team, das vor 350 Schulklassen und Elternabenden flächendeckend Präventionsarbeit leistet. Und der Werbespruch in eigener Sache durfte nicht fehlen: "Ich bin stolz auf das, was die Polizei Basel-Landschaft im vergangenen Jahr geleistet hat."

* Bild von links: Christian Egeler, Fabienne Holland, Kathrin Schweizer, Mark Burkhard

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31. März 2023

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"Das Gebiet Rütschete ist tatsächlich ein bekannter Rutsch- oder Kriechhang."

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