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"Reflexion beim Brombeerschneiden": Wiederkandidierender Regierungsrat Weber
Sein erster Gedanke am Tag gilt den Schafen, dann den Schäflein
Der Baselbieter SVP-Regierungsrat Thomas Weber schaut mit Zuversicht auf seine ersten Gesamterneuerungs-Wahlen
Von Peter Knechtli
Der neue Gesundheits- und Volkswirtschaftsdirektor Thomas Weber zählt mit Anton Lauber zu den Novizen in der Baselbieter Regierung. Doch der Buusner SVP-Politiker ist ohne grossen Lärm, aber mit Bedacht ins Exekutiv-Amt eingezogen. Seine Wiederwahl scheint gesichert.
Schon seine Vorgänger Erich Straumann (SVP) und danach der im Amt verstorbene Peter Zwick (CVP) haben ihre Gäste an diesem stattlichen runden Holztisch empfangen, der mehr als einem halben Dutzend Besuchern Platz bietet. Hier, einen Steinwurf vom Bahnhof Liestal entfernt, ist das Domizil der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion, in dem sich einst der Liestaler Sitz der UBS befand. An eine Bank erinnert in diesem Umbau kaum mehr etwas, aber gehandelt wird dennoch – vor allem um Argumente und nicht selten auch Geld.
Langfristig und grundsätzlich
Seit Juli 2013 ist hier Thomas Weber der Hausherr. Der einstige SVP-Kantonalpräsident setzte sich im zweiten Ersatzwahlgang gegen den sozialdemokratischen Nationalrat Eric Nussbaumer durch. Nötig wurde die Kür aufgrund des überraschenden Rücktritts von FDP-Finanzdirektor Adrian Ballmer im Dezember 2012. Noch im laufenden Wahlkampf um die Ballmer-Nachfolge, an der sich neben Weber auch SP-Nationalrat Eric Nussbaumer und GLP-Landrat Gerhard Schafroth beteiligte, verstarb Peter Zwick im Februar 2013. Der tragische Todesfall machte einen zweiten Wahlkampf nötig. Hier obsiegte der Allschwiler CVP-Gemeindepräsdient Anton Lauber gegen EVP-Kandidat Thomi Jourdan. Die Regierung teilte Weber die Ressorts Gesundheit und Wirtschaft zu, Lauber die Finanzen.
Thomas Weber macht keinen Hehl daraus, dass er das erste halbe Jahr als "happig" empfand. Der Vorgänger, der ihn mit Daten und Fakten, Tipps und Tricks, News und Netzwerken auf Augenhöhe hätte versorgen können, war tot. "Niemand hat mich eingeführt, ich musste ins kalte Wasser springen", schildert er die Zeit seines Amtsantritts. Und seine Sparte Gesundheit und Wirtschaft zählt nun nicht zu den Leichtgewichten im politischen Geschäft. Darum nennt er sie "die Direktion für das Langfristige und Grundsätzliche", in der es "den kurzfristigen Erfolg nicht geben kann". Weber orientiert sich gern am Beruf des Försters, dessen Entscheide oft erst Generationen spater wirksam werden.
Schon bald Spital-Krisenmanager
Immerhin organisierte er sein Departement neu, schuf neue Ämter oder transferierte sie in andere Direktionen, bestellte mit Jürg Sommer einen Leiter des neuen Amts für Gesundheit und verkürzte die Distanz zu seinen wichtigsten Kadern. Kaum im Amt, musste er Krisen bewältigen, als Frauenspital-Chefarzt David Hänggi die Kündigung einreichte und nur einen Monat später Heinz Schneider als erster CEO des ausgelagerten Kantonsspitals Baselland fristlos freigestellt und anschliessend ein neuer Verwaltungsrat eingesetzt wurde.
Weber selbst gehörte anfänglich auch mehreren Verwaltungsräten staatlicher Kliniken an. Dort hat es ihm laut eigenem Bekunden "gut gefallen", doch er erkannte als Herr mit zwei Hüten – Kanton als Eigentümer und Besteller einerseits und die Spitäler als Leistungserbringer anderseits – einen "latenten Interessenskonflikt", so dass er Mitte 2014 aus dem Verwaltungsrat des Kantonsspitals und zu Jahresbeginn aus der Aufsicht über das Universitäts-Kinderspital beider Basel ausschied. Ende März wird auch der Rückzug aus dem Psychiartrie Baselland-Gremium folgen. Einige Stimmen kritisieren, Weber hätte diese Mandate schon gar nicht antreten dürfen.
"Un projet des trois Bâles"
Am Nein der Gemeindeversammlung von Muttenz zur "Kooperations-Vereinbarung" gescheitert ist die "einvernehmliche Sanierung" der Chemie-Deponie "Feldreben". Damit fällt die Verantwortung für die Sanierung des belasteten Grundstücks an das Hochbauamt der Umweltdirektion von Sabine Pegoraro zurück.
Als Pluspunkt kann Weber sein Engagement zugunsten des Allschwiler Innovationsparks verbuchen: Als Vereinspräsident vertrat er das Projekt der Kantone Baselland, Basel-Stadt und Jura ("un projet des trois Bâles", wie es Weber ironisch deklarierte) in der Schweizerischen Volkswirtschaftsdirektoren-Konferenz und sorgte so dafür, dass Bundesmittel flossen.
Früh geht der Wecker los
In Thomas Webers Schlafzimmer rasselt der Wecker jeden Wochentag um 5.15 Uhr. Dann führt er bedingungslos weiter, was schon vor seiner Wahl in die Regierung den Tagesauftakt bestimmte: Noch bevor es unter die Dusche und zu Müesli und Kaffee an den Frühstückstisch geht, schaut der Vater dreier erwachsener Söhne drüben auf der Wiese bei seinen Schafen nach. Die fünf Walliser Schwarznasen, die zweimal jährlich geschoren werden und pro Tier jeweils vier bis fünf Kilo Wolle pro Schur abwerfen, werden mit Heu, Wasser und Salz versorgt. Die Tierpflege, Misten inbegriffen, kann bis dreiviertel Stunden dauern.
Zwischen 8 und 8.30 Uhr trifft Thomas Weber im Anzug in seinem Büro ein. Dann ist der Tag weitgehend durch Termine vorbestimmt. Nur etwa eine Stunde bleiben ihm täglich, um allein in Akten oder Gedanken zu versinken. Erst einmal kam es bisher vor, dass er zur Erholung das im Büro eingelagerte Faltbett beanspruchen musste. Gelegenheit zur Reflexion findet er beim stundenlangen Brombeerschneiden oder "beim Autofahren", wie er sagt. Zur Pflege seiner Fitness setzte der gelernte Statiker und Brückenbauer gern mehr Zeit ein, wenn sie zur Verfügung stünde. Manchmal joggt er über Mittag oder an Firmen- oder Stadtläufen. Zwei- bis dreimal flitzte er bisher per Velo von Buus an seinen Arbeitsplatz in der Residenz, wo er sich den 280'000 zweibeinigen Schäfchen des Baselbiets widmet.
Es warten schwere Dossiers
Dort warten schwere Dossiers wie die ungewisse Zukunft des Bruderholz-Spitals auf ihre Bearbeitung. Weber begrüsst, dass im Verwaltungsrat die "Gedankenbarrieren gefallen" sind: "Einen andern Standort zu diskutieren, war zuvor ein Tabu." Den Vorschlag des SP-Regierungsrats-Kandidaten Daniel Münger allerdings, das neue Spital in der Rhein-Ebene bei Pratteln zu bauen, hält er für "nicht ideal". Der Standort müsse "wohnungsnah und bedarfsgerecht" im Birs- oder Leimental liegen, wo mit 150'000 Einwohnern mehr als die Hälfte der Baselbieter Bevölkerung wohnt und – wichtig für die geriatrische Versorgung – der Bezirk Arlesheim die älteste Population aufweist.
Unter Druck gesetzt sieht sich der Gesundheitsdirektor aktuell durch fünf Bürgerinnen und Bürger um FDP-Landrat Rolf Richterich aus Laufen, die sich gegen die Schliessung der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe an ihrem Spitalstandort wehren und von der Regierung eine beschwerdefähige Verfügung verlangen. Sie berufen sich auf den im Laufentalvertrag verankerten dauerhaften Besitzstand. Weber lässt sich dadurch nicht ins Bockhorn jagen: "Dauernd kann nicht ewig heissen." Der Vertrag müsse "zukunftsgerichtet" ausgelegt werden, sagt Weber und wird ungewohnt deutlich: "Jene, die jetzt die Geburtenabteilung ohne Wenn und Aber erhalten wollen, könnten später die Totengräber des Spitals sein."
"Nur nicht Platz sechs!"
Trotz der – noch vagen – Spital-Diskussionen im Baselbiet geht Thomas Weber "optimistisch" in den kurzen Wahlkampf. "Wenn's noch Platz fünf ist, bin ich zufrieden. Nur nicht Platz sechs!", sagt er laut lachend. Sein kurzes Fazit: "Was ich in meiner Zeit machen konnte, habe ich gemacht." Zu Optimismus hat er Grund. Platz sechs wird er nicht befürchten müssen.
7. Januar 2015
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