![]() Die Kontroverse am WeihnachtstischZum Beginn des Jahres möchte ich euch gratulieren: Glückwunsch, ihr habt die Festtage überstanden.
Die Konstellationen von anwesenden Personen wechseln zwar von Abend zu Abend, das Muster bleibt aber gleich: Menschen, die weit im letzten Jahrhundert geboren worden sind, machen Aussagen, die meiner Meinung nach im letzten Jahrhundert hätten bleiben können.
Eine Haltung, die ich über diese Feiertage miterlebt habe, war zum Beispiel, dass angesichts stark geschminkter, teils gar schönheitsoperierter und auf Social Media posierender Frauen die Emanzipation – zugespitzt ausgedrückt – eh im Arsch sei. Ich war überzeugt, unsere heutige Vorstellung von Emanzipation sei breiter als das, könne allerlei Ausdrucksformen haben und argumentierte dagegen." "Trotz allem war es spannend, wieder einmal "Zugleich merkte ich aber auch, dass es sicher nicht an mir ist, zu urteilen, wer emanzipiert ist und wer nicht. Und schon gar nicht zwischen Vorspeise und Hauptgang mit einem Glas Wein in der Hand.
Am Tag zuvor in einer anderen Konstellation ging es darum, dass sich Studierende und Dozierende an der Universität teilweise mit den Pronomen vorstellen, mit denen sie gerne angesprochen werden. Was denn der Nutzen davon sei, wurde ich gefragt.
Bis geklärt war, dass man Personen nicht einfach ansieht, welches Geschlecht sie haben, brauchte es eine Weile. Und für jene, die das nicht verstehen wollen: Das erinnert mich sehr an das Unverständnis dafür, dass "Leser*innen" und "Leserinnen und Leser" nicht dasselbe sind. (Die zweite Formulierung erfasst nur weibliche und männliche Personen.)
Die Tischgespräche haben manchmal auch amüsante Seiten: Wie wir in die schräge Situation kamen, dass ich meiner Grossmutter zu erklären versuchte, wie "Germany’s Next Topmodel" funktioniert, weiss ich nicht mehr. Wahrscheinlich ging es auch um Schönheitsideale. Schönerweise vertrat aber niemand eine Position, die Kontroversen auslöste. Sogar während der Feiertage ist man irgendwann diskussionsmüde.
Trotz allem war es spannend, wieder einmal aus meiner Blase hinauszukommen und zu sehen, wie in der "Grossfamilie" gewisse Haltungen weniger selbstverständlich sind und manche Konzepte unbekannt.
Dass das Ganze lehrreich war, lässt sich aber auch nur aus einer gewissen Position leicht sagen. Als weisser, heterosexueller cis-Mann* haben mich Aussagen am Tisch genervt und aufgeregt, doch bin ich nicht direkt und persönlich von ihnen betroffen wie andere junge Erwachsene.
Abgesehen davon bleibt: Meine Grossmutter weiss jetzt, wie "Germany’s Next Topmodel" funktioniert. Das nächste Mal erklärt sie mir wahrscheinlich, was sie daran problematisch und was sie empowering findet. Wenn auch generationen-bedingt vermutlich mit einem anderen Vokabular.
3. Januar 2022
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