![]() Klima-Krise im Hamsterrad der PolitikDie letzten zwei Wochen bin ich komplett abgetaucht. Während andere verdiente Semesterferien im Süden verbrachten – ich habe, in der Unibibliothek sitzend, sehr viele Instagram-Beiträge von Sandstränden in Mexiko gesehen – vergrub ich mich in meiner ersten grösseren Seminararbeit.
Bis jetzt habe ich über zweihundert Seiten Wahlprogramm der Grünen in Deutschland von 1990 bis 2021 analysiert. Schön brav habe ich Sätzchen für Sätzchen in Kategorien eingeordnet: Die sind auch in der Wissenschaft sehr beliebt.
Neben den hoffentlich aufschlussreichen inhaltlichen Erkenntnissen – die Auswertung der Analyse steht noch aus – habe ich jetzt bereits ein Fazit, das ich so aber nicht in den Schlussteil meiner Arbeit schreiben kann. Wissenschaftliche Arbeiten sollen frei von Werturteilen sein.
Aber hier darf ich es sagen. Beim mehrmaligen Lesen der Wahlprogramme habe ich gemerkt, was zu erwarten war: Wir sind am Arsch. "Klimastreiks hätten gar nie Schon im ersten dreissig Jahre alten Programm, das ich lesen musste, sind die Beschreibungen der Klimakrise so drastisch und furchteinflössend, dass man eigentlich die Erwartung haben könnte, inzwischen sei etwas dagegen unternommen worden. Und zwar mehr als Pick-e-Bikes und Polizei-Teslas.
Mich macht es wütend, dass 30 Jahre danach – so viel kann ich schon verraten – die Themen immer noch dieselben, die damals beschriebenen Kipppunkte überschritten sind und die Klimaziele verfehlt wurden. Zudem müssen heute die Klimaschutzanliegen in wirtschaftsfreundliche Slogans wie «Wirtschaft und Klima ohne Krise» verpackt sein, dass sie überhaupt eine Chance haben. Das macht wenig Hoffnung.
Dabei geht es mir nicht darum, welche Partei wann am besten gewählt worden wäre. Die Grünen habe ich vor allem aus Forschungsinteresse ausgewählt. Wenn jetzt aber Leute, vorwiegend mittleren Alters, argumentieren, dass ja die jungen Erwachsenen in den Semesterferien nach Mexiko fliegen, dann verweise ich nur auf die letzten dreissig Jahre, die als Zahlen- und Buchstabenkombinationen in meiner Excel-Tabelle liegen.
Dasselbe gilt, wenn Diskussionen darüber geführt werden, weshalb Kids sich inzwischen wieder in die Clubs getrauen, es für Klimademos dann aber trotzdem nicht mehr reicht: Klimastreiks hätten gar nie nötig werden sollen. Das ist mir als Nebeneffekt der Seminararbeit nochmal klarer geworden.
Das einzige Erfreuliche daran ist, abgesehen von der bisweilen doch auch spannenden Arbeit, dass die alten Wahlprogramme zugleich auch Zeitdokumente sind, die aus heutiger Sicht auch schräge Forderungen beinhalten. Ein Müsterchen: Nur zu Beginn der Zweitausenderjahre kann es einer Partei in den Sinn kommen, über einen halben Abschnitt hinweg eigene Rechte für Inline-Skater zu fordern. 14. Februar 2022
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