Stimmrecht ab 16: Diese sturen Alten
Schon als ich noch sechzehn Jahre jung war, fragten mich Erwachsene immer wieder, was ich davon hielte, wenn minderjährige Jugendliche wie ich abstimmen könnten.
Heute, fünf Jahre später, wird immer noch darüber diskutiert und ehrlich gesagt: Inzwischen nervt mich die Sturheit der älteren Gegner echt.
Mit dem Beschluss vorletzte Woche sind wir der Einführung des Stimmrechts ab sechzehn zwar ein Schrittchen näher. Ich habe es per SRF-Push-Nachricht eigentlich nur am Rande mitbekommen, es gibt gerade präsentere Themen. Aber wenn ich zum tausendsten Mal höre und lese, wie die Gegnerinnen und Gegner mit dem Argument auffahren, dass Jugendliche noch nie eine Steuererklärung ausgefüllt hätten und deshalb nicht dazu berechtigt seien, abzustimmen, fragte ich mich wirklich, was die letzten Jahre falsch gelaufen ist.
Nur schon, dass es bis zur Zustimmung des Nationalrats so lange gedauert hat, und es bis zur tatsächlichen Einführung noch viel länger dauern wird, zeigt doch, wie die heute von – sorry – alten Leuten getroffenen Entscheidungen dann für "uns" Junge bedeutend sein werden.
"Vor klimastreikenden Jugendlichen scheinen
sich alle zu fürchten. Das gefällt mir."
An der Uni behandeln wir unter anderem gerade das Wahlverhalten und die politische Partizipation junger Menschen. Dass junge Erwachsene weniger oft konventionell aktiv werden – abstimmen und wählen beispielsweise – erstaunt mich nicht mehr, wenn ich sehe, wie in der Debatte zum Stimmrechtsalter über junge Menschen gesprochen wird.
Als seien Sechzehnjährige unterentwickelte Wesen, deren Horizont nicht über Schule und "Abmachen" hinaus reicht. Ich glaube, da geht vergessen, wie engagiert Jugendliche sind: sei das in der Pfadi, im Fussballverein oder im Klimastreik.
Vor den klimastreikenden Jugendlichen, die plötzlich wählen dürften, scheinen sich eh alle zu fürchten. Das gefällt mir.
Mich betrifft es nicht mehr direkt. Trotzdem: Zwei Tage nach meinem 21. Geburtstag wurde in "Telebasel" über dieses Thema diskutiert. Ziemlich genau fünf Jahre, nachdem ich mein Stimmrecht bekommen hätte, wird immer noch diskutiert wie damals. Die Argumente waren dieselben wie in den Kommentarspalten unter Artikeln zum Thema.
Aufgefallen ist mir aber, dass es statt um politische Partizipation über weite Strecken nur um Links-Rechts-Fragen ging. Eine Anwältin und ein Unternehmer, beide eher alt, durften ihre Meinung zum Thema beitragen. Und Überraschung: Jugendliche waren keine da.
Kein Wunder, trauen sich dann einige Jugendliche diese politische Beteiligung gar nicht zu.
28. März 2022
"16-Jährigen fehlt die Reife"
Stimmrechtsalter 16 ist vollkommen daneben. Das wollen nur gewisse Leute (meist Sozis), weil sie meinen, damit mehr Stimmen zu erhalten! Ein 16-Jähriger hat noch nicht die Reife, die es braucht. Dann nämlich sollten sie auch schon in die RS einrücken, die immer noch auf 20 limitiert ist. Wollen wir einmal schauen, was diese "Kinder" dazu sagen wollen.
Rolf Thaler, Dornach
"Es erträgt beide"
Die unter 18-Jährigen mögen teilweise noch nicht ganz auf der Höhe, die über 70-Jährigen (ich bin 71) teilweise nicht mehr ganz auf der Höhe sein. Beide erträgt es bei der gesellschaftlich-politischen aktiven Meinungsbildung. Deshalb ohne wenn und aber: Ja zum Stimmrecht 16!
Steffi Luethi-Brüderlin, Basel
"Die Alten erlebten doch das Gleiche"
Ja lieber Max, da bist du und wirst noch einigen "sturen Alten" mit deinen Zeilen richtig auf die Füsse treten. Leider haben diese "Alten" offensichtlich vergessen, dass sie früher in irgend einer Form das Gleiche erlebt haben, indem sie mit ihren Eltern, diese wiederum ihren Eltern usw. wahrscheinlich die gleiche Diskussionen über die Zukunft der Jungen führten.
Wenn diese "Alten" ein bisschen nachdenken würden, könnte ihnen das wieder einfallen. Solche Diskussionen wiederholen sich doch von Generation zu Generation, wahrscheinlich dem Zeitgeschehen angepasst. Also liebe Leute älteren Jahrgangs, bleiben sie cool. Das schreibt ihnen ein 81-Jähriger.
Bruno Heuberger, Oberwil
"Wie denkt der junge Max in dreissig Jahren?"
Ich werds kaum mehr erleben – aber es würde mich wirklich interessieren, wie der junge Max die ganze Sache in dreissig Jahren beurteilt. Die "sturen Alten" werden halt schon die eine oder andere Begründung für ihre Meinung haben, die man als junger Mensch noch nicht sieht.
Daniel Thiriet, Riehen
"Nur Rechte, keine Pflichten?"
Die "sturen Alten" sind vermutlich nicht alleine der Steuererklärung wegen gegen das Wahl- und Stimmrecht ab 16 (die man frühestens ab 18 überhaupt ausfüllen muss, aber auch, wenn selbst 21-jährige oft nicht fähig sind, eine Steuererklärung auszufüllen).
Viel mehr zu denken geben muss doch, dass Jugendliche zwar handlungs- und urteilsfähig, aber (nach Schweizer Definition noch) unmündig sind. Setzen Wahlen und Abstimmungen nicht auch Mündigkeit voraus? Oder andersrum gefragt: Warum wäre Mündigkeit nicht auch schon ab 16 angesagt, wenn man den 16-jährigen doch zutraute, politische Entscheidungen zu fällen? Oder sind politische Entscheidungen weniger wichtig?
Die "sturen Alten" haben immerhin noch die Zeit erlebt, wo die Erwachsenenpflichten bereits zwei Jahre vor der Mündigkeit begonnen hatten: Einrücken musste man mit 18, mündig wurde man mit 20. (Wenige Jahre vor der Geburt der heute "sturen Alten" mussten ihre Väter bereits im noch unmündigen Zustand in den Aktivdienst einrücken.)
Worüber ich mir bei der Frage Gedanken mache: Wie kann jemand über die Gesetzgebung und auch der damit verbundenen Finanzierung mitentscheiden, der noch sein Leben im "all-inclusive"-Zustand führen darf? Nur Rechte, keine Pflichten? Geht doch irgendwie auch nicht auf.
Peter Waldner, Basel