Nicht mehr ganz so frisch pubertiert
Seit viereinhalb Jahren schreibe ich hier Kolumnen in der Serie "frisch pubertiert". Der Titel der Reihe ist dem Umstand geschuldet, dass ich damals – gerade erst siebzehn geworden – tatsächlich noch einiges jugendlicher war als heute.
Man sieht es vielleicht auch auf dem Foto oben. Wegen diesem Bild lachen mich befreundete Personen immer wieder als "Bubi" aus. Inzwischen sehe ich älter aus und habe einen Schnauz. (Mal sehen für wie lange.) Den Namen der Serie zu ändern, war für mich bisher aber trotzdem nie wirklich eine Priorität: Im Vergleich mit den anderen Schreibenden hier bin ich – vom Alter her, inhaltlich hoffentlich nicht – tatsächlich noch pubertär.
In den letzten Wochen und Monaten gab es dennoch einige Momente, in denen ich merkte, definitiv nicht mehr "frisch pubertiert", ja nicht einmal mehr frisch erwachsen geworden zu sein. Aus dieser Zeit bleibt nur noch mein Akne-Medikament.
"Inzwischen auferlegen wir uns einen
zweiwöchigen Detox von Alkohol und Nikotin."
Teilweise fühle ich mich wie im Song "21, 22, 23" der deutschen Band "Annenmaykantereit". Hier antwortet der Sänger auf die Frage, was er werden wolle, mit: "Hauptsache nicht Mitte dreissig".
Auch wenn das ziemlich rebellisch klingt, ist "Annenmaykantereit" lustigerweise eine Band, die damals schon und heute noch stärker ein geordnetes, fast kleinbürgerliches Leben in bescheidenen, doch gemütlichen Altbauwohnungen besingt. Damit erreicht sie ein Zielpublikum, das entweder erst sechzehn oder bereits Ü30 ist – etwa so wie "Lo & Leduc" in der Schweiz.
Ich selbst bin gerade eher in einem Alter, in dem man vom einen Tag auf den anderen zwischen zu alt und zu jung hin und her pendelt. Einerseits sind wir so erwachsen, dass wir uns als Gruppe von befreundeten Personen in der stressigsten Phase des Semesters – freiwillig! – einen zweiwöchigen Detox von Alkohol und Nikotin auferlegen.
Andererseits ist dieses Alter auch der Punkt, an dem man beginnt, das, was man sich für Anfang zwanzig vorgenommen hat, nach hinten zu verschieben. Aus dem Vorsatz, das Rauchen ab dem zweiundzwanzigsten Geburtstag selbst im Ausgang sein zu lassen, wird schnell der fünfundzwanzigste Geburtstag.
Zu alt und brav möchte man dann doch nicht sein. Kritisch genug, dass ich kürzlich dank dem Uni-Sport für einen Indoor Cycling-Kurs das erste Mal ein Fitnesscenter von innen gesehen habe, weil ich mir – mit 21! – Gedanken über meinen Kreislauf zu machen beginne.
Brav werden auch die zukünftigen Kolumnen nicht. Auch als nicht mehr frisch Pubertierter kann es nicht schaden, den "Alten" ein wenig entgegenzuhalten. Die Welt der "Jungen" näher zu bringen. Einen neuen Titel für die Kolumnen-Serie – und vor allem ein neues Foto – braucht es wohl trotzdem bald. Seid gespannt.
21. November 2022
"Nur weiter so!"
Ich liebe diese Artikel von Max Kaufmann. Meist regen sie meinen Widerspruchsgeist an, diesmal nicht. Auch wenn sich die Zeiten, jedermanns Hintergrund und die Probleme massiv verändert haben – man kann bei diesem Artikel zum Schluss kommen, dass sich grundsätzlich nichts (oder nicht viel) verändert hat.
Es ist durchaus erfreulich, wenn Junge den Alten ein wenig entgegenhalten. Solange es halt eben auf einem zivilisierten Niveau und im konstruktiven Dialog geschieht, auch in einem Umfeld, das gelegentlich wenig zivilisiert erscheinen mag. Denn – was sich nicht (vermutlich nie) geändert hat, ist der Wandel vom Kind zum jungen Erwachsenen zum Erwachsenen zum Alten. Ein jeder baut auf seinen Erfahrungen und Erkenntnissen auf und versucht, sein Umfeld entsprechend zu gestalten. So wird es vermutlich nie ganz gelingen, gleicher Meinung zu sein, aber es ist möglich, sich zu verstehen.
In diesem Sinne – nur weiter so!
Peter Waldner, Basel