From New York with Love: Tabby
Was verbinden Sie, liebe Leserinnen und Leser dieser Kolumne, mit New York? Den Times Square mit seinen bunt blinkenden, grossflächigen Leuchtreklamen, die jede Nacht zum Tag machen – magischer Anziehungspunkt für Gäste von Basel bis Tokio? Miss Liberty in der Upper Bay vor Manhattan, von Frankreich geschenkte Hoffnungsträgerin für Generationen des Aufbruchs, die der materiellen Not und der geistigen Enge des alten Kontinents endgültig entrinnen wollten? Cheesecake oder New York-Pizza, die stets mit dünnkrustigem Rand kommt und garantiert faltbar ist? Oder den unverwüstlich trällernden Frank Sinatra: "Start spreadin' the news", selbst auf dem Kaufhaus-WC – echt jetzt?
Allright! Zu meinem Bild von "Big Apple" gehört nun auch Tabby: ein zehn Wochen altes, putzmunteres, weibliches Tigerkätzchen mit charakteristischer M-Zeichnung auf der Stirn.
Meine zwei Teens und ich begegneten Tabby nach gut sechs Wochen Aufenthalt in New York ganz unten in Soho. Zuvor hatten wir uns lange durch Chinatowns enge Gassen mit dampfenden Garküchen und karamellisiert gebratenen Enten geschlängelt. Wir hatten in mondäne Kunstgalerien hineingeschaut, wo schon ein halber Bilderrahmen das Budget eines Bundesangestellten bei weitem sprengt.
An bester Lage entdeckten wir ein gemeinnütziges Tierheim: Katzen in hellen, freundlich gestalteten Räumen hinter Glas, fast wie im Zolli. Ausgewachsene Tiere und kleinste Kitten mit mehr oder weniger geistreichen Namen, gefunden auf Strassen und Plätzen in New York, New Jersey oder Connecticut, sprangen, spielten, kletterten, frassen und schliefen dort. Sie beäugten uns Besuchende ebenso neugierig wie wir sie. Eine solche Oase des Tierwohls mitten in der Mega-City hätten wir nicht erwartet.
Eine Yankee-Cat, die in breitem
American English "miaowt"?
Ein Gspänli für Miro, unseren zweijährigen, kräftigen, weissen Kater, fest verwurzelt in seinem Binninger Revier, war ein wiederkehrender Gedanke. Doch eine Yankee-Cat, die in breitem American English "miaowt"? "No way!", sagt der rational abwägende Kopf. "Fügung des Schicksals, sofort zupacken!", meinen mein Bauch und die Kinder. Meine Frau gibt mir am Telefon "plein pouvoir". Will ich das? Nochmals darüber schlafen und am nächsten Tag wieder runter nach Soho. Unverbindlich fragen kann man ja, und Zollvorschriften googeln geht auch.
Nein, sie schicken keine Katzen in die Schweiz, sagen die Heimverantwortlichen. Mehr als verständlich. Doch möchten wir Tabby ja in der Flugzeugkabine mitnehmen. Das sei in Ordnung, heisst es von hinten.
Dann geht es schnell: Unterzeichnung eines vierseitigen "Adoptionsvertrags" mit Rückgaberecht und – ganz USA – Ausschluss jeglicher Haftungsklagen unsererseits gegen das Tierheim, falls unser neues Kätzchen im übermütigen Sprung eine edle Ming-Vase zum Porzellanpuzzle verkleinern oder einen der im Baselbieter Speckgürtel omnipräsenten Lamborghinis zerkratzen sollte.
Wenige Tage vor der gebuchten Rückreise in die Schweiz brachten wir unsere adoptierte, ordnungsgemäss geimpfte und gechipte Tabby in der Katzen-Tragtasche zu unserer New Yorker Wohnung. Hey, we did it! Wir posteten ein herziges Foto in den Familienchat, und prompt meldete sich meine Mutter per WhatsApp: "Ihr seid komplett verrückt!"
"Ihr seid komplett verrückt!" – Und wenn schon: "I did it my way."
Und wenn schon! Wie singt doch Frankie Boy mit unerschütterlichem Selbstvertrauen? "I did it my way." Das enorm anhängliche, verspielte Kitten schien überzeugt zu nicken. Die kulturellen Barrieren schmolzen jedenfalls rasch.
Doch wie bringen wir Tabby über den Atlantik nach Binningen? Damit beschäftigten wir uns nun intensiv. "Operation Tabby" musste gelingen! Die hohen bürokratischen Hürden von Grenzen, Zoll und Flughafen werden noch höher, wenn es eilt.
Der Check einer offiziellen Tierarztpraxis und ein vom US Department of Agriculture abgegebenes "Health Certificate", für das es normalerweise zwei Wochen benötigt, waren zwingend nötig. Wir hatten aber noch drei Tage und brauchten das unterschriebene und gestempelte Originaldokument für das Flugzeug und die Einreise in Zürich-Kloten.
Nach zwei ausgedehnten Fahrten quer durch den bunten Stadtteil Jamaica in Queens, vorbei an zahlreichen Kirchen, die uns offenbar segensreich begleiteten, und mit Hilfe von Fedex, die das ersehnte Formular über Nacht von Tennessee nach New York spedierten, erhielten wir unseren "Katzenpass" just in time.
Tabbys Flug in die Schweiz verlief problemlos. Und nun lebt sich das Kittenbei uns in Binningen ein.
Etwas crazy die Sache, da hat meine Mutter schon recht. Aber das ganze Leben ist verrückt. Und das ist gut so!
10. Juli 2023
"Hat Spass gemacht"
Eine abenteuerliche Geschichte: Es hat Spass gemacht, sie zu lesen.
Marina Fink, Zunzgen
"Es grüssen Pablo und Lola"
Wir finden diese Geschichte von Tabby allerliebst. Es grüssen Pablo und Lola, 2 Katzen aus Malaga, denen es in Binningen sehr gut gefällt (und uns auch).
Monika und Rolf Roth, Binningen