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Marc Schinzel: "Schinzel Pommes"

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Tschau – häbs besser

Bern ist schön. Die mittelalterliche Altstadt mit ihren pittoresken Sandsteinhäusern, lauschigen Lauben und reich verzierten Brunnen. Das Bundeshaus mit seiner einladenden Terrasse hoch über der Aare, von der man an sonnigen Tagen einen umwerfenden Blick auf die Alpen geniesst, auf das schneebedeckte "Dreigestirn" Eiger, Mönch und Jungfrau. Mehr Schweiz geht kaum. Näher am sinnstiftenden Grund der freien, demokratischen und friedlichen Eidgenossenschaft, die sich – auf die schöpferische Kraft ihrer Bevölkerung vertrauend – 1848 zum Bundesstaat zusammenschloss, kann man nicht sein.

Wer mit der Bahn nach Bern fährt, kommt allerdings kaum ins Schwärmen. Der Bahnhof ist dunkel und grau – eine abweisende Betonkonstruktion aus den 1970er-Jahren, bei der man sich fragt, wer das je schön finden konnte. Die Unterführung ist zweckmässig. Viel Food, Billigklamotten, Kiosk, Last-Minute-Buchhandlung, elektronische Fahrpläne und rötlich beleuchtete Mauerreste aus der Zähringerzeit, die etwas verloren dastehen. Leute kommen und gehen hastig geradeaus, wie von einem Navigationsgerät gesteuert, den Blick streng nach vorn, die Kopfhörer auf. Es ist unangenehm eng in den Stosszeiten.

Dann geht da plötzlich einer vor dir durch, quer zum Strom, elend langsam auch noch. Er sucht zögernd Blickkontakt. Eine flache Wollmütze hat er tief in die Stirn gezogen. Der Mann trägt eine schwarze, stark abgenutzte Lederjacke, schmutzige Jeans, hat ein ungepflegtes Bärtchen und einen stoppeligen Schnauz. Seine Gesichtszüge und seine raue Haut sind gezeichnet von harten Tagen und noch härteren, wohl auch kalten Nächten. Mir fallen die tiefen Augenhöhlen und die dunklen Augenringe des Mannes auf, dessen Alter ich auf etwas über vierzig Jahre schätze. Obdachlos, vermutlich in den Alkohol und/oder die Drogen geraten, so der rasche Eindruck.

Nie hört man ihn klagen oder schimpfen. 

So ausgezehrt er wirkt: Sein Blick ist warmherzig, sanft, fast entschuldigend, wenn er in der Hoffnung, etwas Geld zu erhalten, ungelenk auf die Passanten zugeht, die ihm ausweichen. Nie hört man ihn klagen oder schimpfen. 

Ich begegne ihm immer wieder auf meinem Arbeitsweg in die Bundesstadt oder zurück nach Basel. Seine Präsenz ist vertraut. Er gehört zur Unterführung, zum Berner Alltag jenseits von Büro, Parlamentssessionen und Touristengruppen aus aller Welt. Auch ich weiche ihm immer wieder aus. 

Er spiegelt meine Stimmungen: Jetzt bitte nicht, ich bin geistig grad voll absorbiert. Schön, dass Du auch wieder da bist, wir packen das Leben! Ich möchte Dir helfen, aber das tut die Stadt sicher schon professionell. Wenn Du mein Geld für Alkohol oder Drogen ausgibst, schade ich Dir nur. Eher selten gebe ich etwas. 

Im vergangenen Dezember, nach einem erfolgreichen Tag beschwingt auf dem Weg nach Hause an ihm vorbeieilend, kehre ich um und drücke ihm ein paar Franken in die Hand. Es fühlt sich richtig an. 

Einer, der uns in die Quere kam, unseren Weg kreuzte, wenn wir forsch geradeaus eilten.

Es ist das letzte Mal. Am 7. Februar sehe ich dort, wo er jeweils stand, verschiedene Fotos von ihm. Er blickt uns an, lächelnd, mit grossen, lebendigen Augen, seine Wollmütze in der Stirn. Daneben Blumen, handgeschriebene Karten und Kerzen, angelehnt an die metallenen Abfall- und Recyclingbehälter der SBB. Ein letzter Gruss. 

Ich sprach nie mit ihm, leider. Nun erhält er für mich einen Namen. Ich lese eine eng beschriebene, bewegende Abschiedskarte einer Schulfreundin. Sie habe ihn gern gemocht in der Schule. Er sei lustig und feinfühlig gewesen. Die Wege hätten sich getrennt. Im Bahnhof sei sie ihm wieder begegnet. Es tue ihr leid, dass er es nicht mehr geschafft habe, aus seiner Situation herauszukommen. Er bleibe ihr als warmherziger, liebenswerter Mensch in Erinnerung. 

Abschied von einem Menschen, der vermisst wird, im Bahnhof der schönen Stadt Bern, wo die Zeit meistens drängt. Einer, der uns in die Quere kam, unseren Weg kreuzte, wenn wir forsch geradeaus eilten. Wo wollten wir hin? 

Auf einem Foto, eingerahmt von liebevoll gezeichneten blauen Blumen, steht: Tschau – häbs besser.

19. Februar 2024
 Ihre Meinung zu dieser Kolumne
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Marc Schinzel, geboren 1963, studierte und doktorierte an der juristischen Fakultät Basel und absolvierte ein Postdoc-Studium in Völkerrecht und internationalen Beziehungen an der Columbia University, New York. Er arbeitet beim Bundesamt für Justiz mit Schwerpunkten im Staats- und Religionsrecht. Mit seiner Familie wohnt er in Binningen, wo er aufgewachsen ist. Seit 2015 vertritt er die FDP im Baselbieter Landrat, seit Juli 2024 ist er Gemeinderat in Binningen. Schinzel gehört der Geschäftsleitung der FDP BL an. Seine Interessen sind Geschichte, Musik sowie nahe und ferne Kulturen. © Foto Landeskanzlei BL

marc.schinzel@gmail.com

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"Bewegende Worte über einen fremden Menschen"

Die Kolumne lässt mich nicht mehr los. Bewegende Worte über einen fremden, unbekannten Menschen. Ich bin überzeugt, dass er es nun besser hat. Es sei ihm gegönnt.

Danke dem Verfasser und danke OnlineReports.


Christof Amsler, Tenniken


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Melanie Nussbaumer

Mein Lieblingswort
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"Es gibt noch jemanden, den Trump mehr auf dem Kicker hat als die Europäer – und das ist China."

bz
am 23. Januar 2025
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Seit wann interessiert sich Trump für Fussball?

RückSpiegel

 

BaZ, bz und Happy Radio zitieren die OnlineReports-Recherche über den krankheitsbedingten Ausfall des Baselbieter Mitte-Präsidenten.

Die bz zieht die OnlineReports-Recherche über die finanziellen Probleme der Mitte Baselland nach.

Das SRF-Regionaljournal Basel und die bz greifen die OnlineReports-Recherche zum Helene-Bossert-Buch auf.

BaZ, bz und Baseljetzt nehmen den OnlineReports-Artikel über den Rückzug von Pick-e-Bike aus dem Laufental auf.

Die BaZ zitiert in einer grossen Hintergrund-Geschichte zur Basler GLP aus einem Artikel von OnlineReports.

bz, BaZ und Volksstimme beziehen sich in ihren Artikeln zum Jakobushaus in Thürnen auf die Recherche von OnlineReports.

Die BaZ nimmt in einem Artikel über die Wirtschaftskammer Bezug auf ein Porträt aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Volksstimme zitiert die OnlineReports-Recherche zum neuen Konzessionsvertrag der Elektra Baselland.

Bajour bezieht sich im Wochenkommentar auf die OnlineReports-Analyse zu den Basler Grünen.

Die bz zitiert die OnlineReports-Recherche zu den geplanten Beschwerden gegen die Salz-Sondierbohrungen im Röserental.

Die BaZ bezieht sich in einer Meldung über den neuen Geschäftsführer der Aids-Hilfe beider Basel auf eine Recherche von OnlineReports.

BaZ, bz, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die Recherche von OnlineReports über den Abgang des Finanzchefs Tim Kretschmer beim Kunstmuseum Basel auf.

Die BaZ bezieht sich in einem Artikel zur Abstimmung über das Baselbieter Gesundheitsgesetz auf eine Recherche von OnlineReports zum Mangel an Kinderärzten im Oberbaselbiet.

Die BaZ zitiert die OnlineReports-Meldung über die Nachfolgelösung beim BackwarenOutlet.

Telebasel bezieht sich in einem Beitrag über Ticket-Betrüger beim Källerstraich auf ein Bild von OnlineReports.

persoenlich.com nimmt die Meldung von OnlineReports über den Wechsel des BaZ-Journalisten Sebastian Briellmann zur NZZ auf.

persoenlich.com bezieht sich auf die OnlineReports-Meldung über den Stellenantritt von Martin Regenass bei Prime News.

Die bz zitiert OnlineReports bei einer Meldung zur Wahl des neuen SVP-Fraktionschefs im Baselbieter Landrat.

20 Minuten, Baseljetzt und Happy Radio nehmen Bezug auf die OnlineReports-Recherche zur tanzenden Wagenführerin der BVB.

Das SRF-Regionaljournal Basel, die BaZ, die bz, Happy Radio und Baseljetzt zitieren die Recherche von OnlineReports zum Interimschef der Kantonspolizei Basel-Stadt.

Das SRF-Regionaljournal Basel verweist auf die OnlineReports-Recherche zu den finanziellen Problemen bei der Aids-Hilfe beider Basel.

20 Minuten und zentralplus zitieren die OnlineReports-Recherche über die Baselbieter Obstbauern, die ihre Kirschen nicht verkaufen können.

Die BaZ und 20 Minuten beziehen sich in einem Artikel über den tödlichen Unfall im St. Johann auf einen Bericht aus dem OnlineReports-Archiv.

Die bz nimmt die OnlineReports-Recherche über den Kunst-Coup der Stiftung Im Obersteg auf.
 

Weitere RückSpiegel






In einem Satz


Der 27-jährige Lukas Loss, ausgebildeter Pianist und Gründer des Interfinity-Musikfestivals in Basel, gewinnt den Jugendpreis des Sperber-Kollegiums 2025.

Das Comité gibt die Plakette und das Motto der Basler Fasnacht 2025 bekannt: "Syg wie de wottsch".

Das "Amt für Wald beider Basel" heisst neu "Amt für Wald und Wild beider Basel".

Die Baselbieter Regierung hat den Verein "Repair Café Binningen-Bottmingen" mit dem mit 8000 Franken dotierten Freiwilligenpreis 2024 ausgezeichnet.

Der Basler Stern 2024 geht
an den "Floss"-Kapitän
Tino Krattiger für seine Pionierarbeit im Bereich Kultur und Stadtleben sowie für sein Engagement für die Aufwertung der Rheingasse. 

Das Drum'n'Bass-Produzentenduo QZB gewinnt den Basler Pop-Preis 2024 und erhält die mit
20'000 Franken dotierte Förderung und Auszeichnung des Musikbüro Basel.

Basel-Stadt
braucht einen neuen IT-Chef: Der jetzige Dienststellen-Leiter Mario Magnanelli verlässt den Posten per Ende Mai 2025.

Die Jungen Grünliberalen beider Basel haben Timon Bischofberger neben Eileen Fischer ins Co-Präsidium gewählt.

Die Architektin und Stadtentwicklerin Barbara Buser erhält den Basler Kulturpreis 2024.

SRF-Literaturredaktor und Drummeli-Regisseur Michael Luisier ist neu Mitglied des Schnitzelbank-Comités.

Der frühere Diplomat Paul Seger übernimmt das Präsidium der Winterhilfe Basel-Stadt von Marianne Eggenberger.

Grünen-Politikerin Natalie Oberholzer aus Liestal rückt für Erika Eichenberger in den Landrat nach.

Beatrice Stirnimann, CEO der Baloise Session, wird zur "Ehrespalebärglemere 2024" ernannt.

Eventmanager Beat Läuchli wird Projektleiter des Eurovision Song Contest (ESC) 2025 in Basel.

Michael N. Hall vom Biozentrum der Universität Basel erhält den Balzan-Preis 2024 für seine Forschung zu den biologischen Mechanismen des Alterns.

Der 27-jährige Journalist Maximilian Fankhauser übernimmt im Oktober die Leitung von Baseljetzt, der Online-Newsplattform von Telebasel; die jetzige Stelleninhaberin Lea Meister wechselt zu Prime News.

Manuela Witzig, bisherige Leiterin der deutschsprachigen Unternehmenskommunikation, übernimmt per 9. September 2024 von Direktor Matthias Suhr die Leitung der Kommunikation und Public Affairs beim EuroAirport.

Evelyn Borer,
Synodenpräsidentin der Evangelischen Kirche Schweiz, ist neue Präsidentin des Vorstands von Mission 21.

Markus Habegger übernimmt am 2. August die Leitung des Tageshauses für Obdachlose in Basel als Nachfolger von
Paul Rubin.

Der Basler Rechtsanwalt und Baurechtsexperte Daniel Gebhardt wird neuer Verwaltungsratspräsident der Rhystadt AG, der grössten Eigentümerin auf dem Klybeck-Areal. 

Die Baselbieter Grünen-Landrätin Erika Eichenberger tritt im September zurück, Natalie Oberholzer rückt nach.

Ass. Prof. Dr. Prisca Liberali wird für ihre Forschung auf dem Gebiet der Gewebebildung mit dem Wissenschaftspreis der Stadt Basel ausgezeichnet.

Sarah Mehler folgt am
1. Oktober als neue Geschäftsführerin der Kaserne Basel auf Eva Heller.

Markus Jordi,
langjähriges Mitglied der SBB-Konzernleitung, übernimmt am 1. Januar 2025 den Vorsitz des Fachhochschulrats der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Karoline Sutter und Urs Berger treten nach über zehn Jahren per 31. März 2025 aus dem Bankrat der Basler Kantonalbank zurück, die Vakanzen werden demnächst ausgeschrieben.

Jacqueline Herrmann und Alexander Bieger lösen Brigitte Jäggi ab, die als Rektorin des Gymnasiums Muttenz in Pension geht.

Bettina Zeugin folgt als Präsidentin von insieme Baselland auf Röbi Ziegler.

Der frühere Baselbieter SP-Regierungsrat Peter Schmid gibt das Präsidium des Freundevereins Zoo Basel an seine Parteikollegin und Landrätin Miriam Locher ab.