Pläne für Gaza
Am 7. Oktober 2023 ermordeten radikal-islamistische Terroristen der Hamas und des Islamischen Jihad über 1200 Menschen in Israel und verschleppten mehr als 200 Geiseln nach Gaza. Im darauffolgenden Krieg Israels gegen die Terroristen starben Zehntausende Menschen, neben zahlreichen Terroristen auch viele Zivilisten. Dutzende israelische Geiseln überlebten die grausame Behandlung durch die Terroristen nicht. Im Januar 2025 wurde eine vorläufige Waffenruhe vereinbart.
Kürzlich verkündete US-Präsident Trump in seiner grossspurigen Art einen "Plan für Gaza". Die USA würden das Gebiet übernehmen. Etwas "Phänomenales" könne in Gaza entstehen, eine wunderbare "Riviera des Nahen Ostens". Diese stünde Leuten aus aller Welt offen. Die palästinensische Bevölkerung werde nach Ägypten und Jordanien umgesiedelt. Ein Rückkehrrecht nach Gaza hätten sie nicht.
Es entstünden neue Brutstätten des Terrors.
Man muss nicht viel dazu sagen. Die Vertreibung von zwei Millionen Menschen wäre ein krasser Völkerrechtsbruch. Die Bevölkerung in Gaza wie auch Ägypten, Jordanien und Saudi-Arabien lehnen Trumps Idee rundweg ab. Frieden brächte sie nicht. Die prowestlichen Führungen Ägyptens und Jordaniens würden destabilisiert. Die gewaltsam umgesiedelten Palästinenser würden wohl in Flüchtlingslagern in der jordanischen Wüste und im vom IS infiltrierten, mausarmen Nordsinai hausen.
Es entstünden neue Brutstätten des Terrors, der sich gegen Israel, den Westen, arabische Staaten und Trumps "Gaza-Riviera" richten würde.
Wie käme man weiter? Israel brach die militärische Macht der Terroristen. Nun hätten die USA Hebel, um etwas zum Guten zu bewegen. Ich sehe sechs Punkte:
- Die Terroristen dürfen in Gaza keine Rolle mehr spielen, weder militärisch noch in der Verwaltung oder in Bildungseinrichtungen. Gaza ist vollständig zu entwaffnen. Mitglieder und Sympathisanten der Terrormilizen müssen das Gebiet verlassen.
- Die USA sollen Druck auf Ägypten, Jordanien und Saudi-Arabien ausüben, damit sie sich in Gaza engagieren. Das ist möglich, da diese Länder namhafte Militär- und Wirtschaftshilfen der USA erhalten und/oder mit den USA intensiv Handel treiben.
- Eine starke Truppe von 40'000 Soldaten, je 10'000 aus Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien und den USA plus Grossbritannien, garantiert die Sicherheit in Gaza vorerst während zehn Jahren. Entlang der Grenzen wird auf dem Gebiet von Gaza eine Pufferzone von 500 Meter Tiefe eingerichtet, die die israelische Armee und an der ägyptischen Grenze Truppen aus den USA und Ägypten kontrollieren.
Spürbare Fortschritte sind am wirksamsten, um den Nahen Osten zu stabilisieren.
- Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien und die USA plus Grossbritannien setzen im Einklang mit der palästinensischen Bevölkerung eine siebenköpfige Administrativbehörde ein, die die zivilen Geschäfte in Gaza führt. Die Behörde setzt sich aus palästinensischen Expertinnen und Experten zusammen, die nie Mitglieder der Terrororganisationen waren und ihnen nicht nahestehen. Die genannten Staaten nehmen beratend an den Sitzungen teil. Sie haben ein Vetorecht in Fragen der Sicherheit und der Raumentwicklung.
- Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, die USA, Grossbritannien, die EU, Japan und weitere Staaten stellen Beiträge oder zinslose Kredite für die Entwicklung von Gaza zur Verfügung.
- Frühestens nach fünf Jahren werden in Gaza Wahlen für eine parlamentarische Versammlung abgehalten. Zugelassen sind nur Kandidierende, die Israels Existenz anerkennen, Gewalt zur Durchsetzung ihrer Ziele ausschliessen und grundlegende Menschenrechte respektieren.
Aus meiner Sicht wäre das ein pragmatischer Ansatz, der eine konstruktive Dynamik in Gang setzen könnte. Spürbare Fortschritte sind am wirksamsten, um den Nahen Osten zu stabilisieren. Die Menschen in Israel, Gaza, der Westbank und den benachbarten arabischen Staaten müssen erfahren, dass positive Entwicklungen möglich sind. Komplexe völkerrechtliche Statusfragen und Grenzziehungen lösen zu wollen, bevor praktische Verbesserungen erreicht worden sind, ist kaum zielführend.
17. Februar 2025
"Warum denn nicht die EU?"
Sehr erfreulich, dieser gut durchdachte Vorschlag. Warum jedoch denkt man wiederkehrend, die USA sollen es richten? Das sind doch tempi passati!
Warum denn nicht die EU respektive eine Staatengemeinschaft mit all den Staaten, die eine dauerhafte Lösung in diesem Gebiet anstreben? Diese haben, zu den bereits erwähnten, ein paar weitere, grundlegende Pflöcke einzuschlagen, die da heissen:
- Eine Lösung für die Bevölkerung des Gazastreifens.
- Keine auf wirtschaftlichen Eigennutzen ausgerichteten Projekte.
- Keine dauerhafte militärische Präsenz.
Ich würde die Initiative von Trump unbedingt aufnehmen, denn die Idee, in Gaza neuen Wind zu bringen, ist doch wunderbar! Die Europäer mit ihren altgewachsenen, humanitären Traditionen sollen richtungsweisend für diesen Präsidenten aus der neuen Welt sein. Er kann den Wiederaufbau mitfinanzieren und soll mit dafür sorgen, dass alle PalästinenserInnen Arbeit finden können. Auch dass der Gazastreifen allen Leuten aus aller Welt offenstehen solle (natürlich auch den Israelis, die das wollen), ist doch genau das, was die ausgegrenzten Menschen dieser Region brauchen. Ein paar Hotels hätten in diesem Konzept auch Platz, doch keine Militärbasis!
PS: Schon klar, ein recht vereinfachtes utopisches Konzept. Doch das Hauptanliegen, dass die europäischen Staaten und alle, die da mitziehen wollen, sich aufmachen, um der menschliche Dimension des Zusammenlebens wieder mehr Raum zu geben, das ist hier das zentrale Anliegen.
Viktor Krummenacher, Bottmingen
"Interessen liegen anders"
Meines Erachtens ein akzeptabler Vorschlag von Herrn Schinzel. Ob allerdings eine Regierung Netanyahu darauf eingehen würde, bezweifle ich. Das wäre die Aufgabe der amerikanischen Regierung, in diesem Sinne Druck auf die derzeitige Regierung in Israel auszuüben. Doch die Interessen liegen anders – hüben und drüben, leider.
Andres Bruetsch, Zug